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Zerbrochene Traeume

Zerbrochene Traeume

Titel: Zerbrochene Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bina Sparks
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1.
     
     
    „Möchtest du noch etwas Bohnen?“
    Mutter wollte gerade nach meinem
Teller greifen und ihn zum dritten Mal voll schaufeln, doch es genügte mir
schon lange und ich befürchtete, irgendwann als dicker Kloß zu enden, auch wenn
mir immer wieder beteuert wurde, wie schlank ich sei: „Nein, danke, Mama, ich
bin wirklich satt! Voll bis oben hin.“
    Kopfschüttelnd machte sich meine
Mutter daran, den Rest meiner Familie zu bedienen. Meine kleine Schwester
Natascha stopfte die Bohnen und das Fleisch so hastig in sich hinein, dass es
als halb zerkauter Batzen widerlich aus dem Mund blitzte und drohte,
hinauszufallen.
    „Was glotzt du denn so?“
    Sie starrte mich mit ihren großen,
braunen Augen durchdringlich an, während sie nach ihrem Glas Wasser griff.
    Ich wich ihrem Blick aus und traf
den meines Vaters. Mit ernster Miene betrachtete er mich, und da wusste ich,
welch gefürchtete Frage nun auf mich zukommen würde: „Und, Jennifer, hast du
nun schon die Noten deiner Arbeiten?“
    Er steckte sich die letzten drei
kleinen Bohnen, die auf seinem Teller lagen, in den Mund und legte das Besteck
sorgfältig auf den kaum beschmutzten Teller. Erwartungsvoll sah er mich an,
doch ich konnte die Antwort nur zögernd herausrücken: „Ja. In Mathematik ist es
nicht so gut geworden. Aber in Englisch habe ich eine Zwei und in Deutsch eine
Drei.“
    Nun hatte auch meine Mutter ihr
Interesse am Essen verloren, beendete ihr Mittagessen und schenkte mir ihre
ganze Aufmerksamkeit, worüber ich in diesem Moment nicht sehr glücklich war:
„Nun, was hast du in Mathematik? Komm schon, Jennifer, wir wollen es wissen! Du
musst es uns so oder so irgendwann beichten. Ansonsten wird das deine Lehrerin
für dich tun!“
    Beschämt blickte ich auf die weiße
Tischdecke: „Eine Fünf.“
    Vater schien mich nicht verstanden
zu haben: „Was sagtest du?“
    „Ich sagte, es ist eine Fünf!“
    „Herrgott, noch einmal!“ Wütend
haute er mit seiner Faust auf den Tisch.
    „Wie um alles in der Welt kommt
es, dass du eine Fünf geschrieben hast? Nicht gelernt? Es kann nur daran
liegen! Jennifer, du machst dieses Schuljahr bereits zum zweiten Mal! Willst du
wieder sitzen bleiben? Ob du das willst, habe ich dich gefragt!“
    „Nein, ich will es nicht! Ich habe
gelernt, ehrlich! Aber ich verstehe es nicht, ich weiß nicht, wie man es
rechnet! Ich kapiere die angebliche Logik nicht!“
    Vorsichtig sah ich auf. Mein Vater
blickte zu meiner Mutter: „Was sagst du dazu, Eva?“
    „Ich finde, wir sollten sie zur
Nachhilfe schicken!“
    „Kennst du jemanden, der das
billig macht? Ich will nicht unnötig mein Geld zum Fenster hinaus werfen!“
    „Bekannte von unseren Nachbarn
kennen jemanden. Ich werde mich mal erkundigen.“
    Plötzlich unterbrach meine
Schwester die Diskussion, und im ersten Moment war ich glücklich darüber.
    „Ich habe auch Mathematik und
Deutsch heraus bekommen!“
    Mutter begann, den Tisch
abzuräumen: „Was hast du? Ich hoffe, etwas Besseres als deine Schwester!“
    „Zwei Einser!“
    Natascha sprang auf und lief
hinauf in ihr Zimmer, um kurz darauf mit einem Rucksack wiederzukommen: „Ich
gehe mit Miriam ein bisschen weg, Bummeln und so!“
    Vater stand auf und zog sich seine
Jacke über. Auch er musste gehen, denn seine Mittagspause war vorüber: „In
Ordnung, Schatz. Sei bis um neun wieder hier!“
    Ich konnte es kaum glauben: „Bis
um neun? Sie darf bis um neun Uhr fort bleiben? Ich bin siebzehn und darf nicht
länger als bis um zehn oder elf weg bleiben!“
    „Natascha hat ja auch bessere
Noten als du!“
    „Sie ist gerade dreizehn Jahre
alt, wer weiß, wo die sich abends herumtreibt! Berlin ist eine Großstadt, du
kannst sie doch nicht ...“
    „Halt deinen Mund jetzt! Ich will
nichts mehr hören! Geh hinauf ihn dein Zimmer und lern, das würde dir gut tun!“
    Ich konnte diese Anordnungen nicht
mehr ertragen! Es war immer dasselbe - ich hatte keine Lust mehr, mich wie ein
kleines Kind herunter putzen zu lassen, und überhaupt ging mir alles langsam
aber sicher auf die Nerven: „Du bist ungerecht! Nur weil sie besser ist als
ich, heißt das nicht, dass sie toller ist, oder gar mehr lernt! Die schreibt
doch eh immer alles nur ab, und du belohnst sie auch noch dafür! Ihr liebt
Natascha viel mehr als mich, das war schon immer so! Und von deinen blöden
Bemerkungen habe ich langsam auch die Schnauze voll!“
    In der Stimme meines Vaters lag
ein Beben, das er allerdings zu unterdrücken versuchte:

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