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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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eng werden …«
    »Ja«, hauchte Penelope, »ja – ja …« Ihre Verwirrung war deutlich, doch zum Glück stellte sie keine Fragen. Deshalb verschwieg Mary ihr den Rest der Geschichte. Es war schon schwer genug, überhaupt davon anzufangen. Stephen! Sie hatte so unglaublich lange auf Nachricht von ihm gewartet. Und ihre Tochter trug den Namen der Wartenden – Penelope, die Frau des griechischen Sagenhelden, die zehn Jahre auf seine Rückkehr gewartet hat. Stephen war nicht zurückgekehrt. Sie hatte von seinem Tod erfahren, als ihr Kind zwei Jahre alt gewesen war. Am Typhus war er gestorben, in einem Gefangenenlager in Sydney, hatte man seine Familie wissen lassen. Den Schmerz darüber spürte sie immer noch. Mary schüttelte ihn von sich. Er half hier niemandem.
    »Penny, du warst mutig genug, Regeln zu brechen – du wirst stark genug sein, alles zu ertragen.« Mary stand auf und ging. Sie fühlte sich erleichtert – nach all den Jahren des Schweigens.
     
    Die Männer schlossen ihre Ketten irgendwann wieder auf, und ihr Leben auf dem Kahn ging weiter … Penelope hatte keine Idee, wie lange sie unter Deck gefesselt gewesen war, und es spielte auch keine Rolle. Seit die Mutter sie nach ihrem nächtlichen Besuch verlassen hatte, war sie von einem Traum in den nächsten gefallen, war umringt gewesen von Gesichtern, die miteinander verschmolzen, Liam – ihr Vater – Liam –
    Am Ende verblasste die Zeit in den Fesseln. Nur die Narben,die die Handschellen an ihren Handgelenken hinterlassen hatten, erinnerten an eine Erschütterung in ihrem Leben, die in Stille geendet war und an die zu denken sie irgendwann zu vermeiden versuchte. Das Wissen um ihren Vater jedoch bewahrte sie wie einen kostbaren Schatz in einem Winkel ihres Gedächtnisses auf. Sie hatte ja immer gewusst, dass es ihn gab. Nun trug er einen Namen, und das hatte etwas verändert. Den Iren sah sie nicht wieder. Vielleicht hatten sie ihn totgeschlagen.
    Die Frauen sprachen nicht über ihn. Sie behandelten Penelope wie sonst auch – sie wurde bisweilen gehänselt, aber nicht gequält, weil Mary stumm über sie wachte. Nur die alte Kotsammlerin trug einen mitleidigen Ausdruck im Gesicht, wenn sie Penelope anschaute.
    »Der Kerl war nicht der Richtige«, sagte sie. »Der hatte so einen wilden Blick, Mädchen.«
    Penelope nickte stumm.
    Jenny strich ihr über die schmale Schulter und sprach weiter. »Du bist noch jung – du wirst sehen, dass es Kerle gibt, die zahm sind und, wenn es drauf ankommt, trotzdem wild sein können. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich verstehe, was du meinst.« Penelope lächelte. »Wild klingt aber gut, Jenny. Soll man etwa einen zahmen Kerl wollen?«
    »Solange er im Bett nicht zahm ist?« Die Alte zwinkerte, und ein Schimmer von Jugend glitt auch über ihre Züge. »Den Richtigen wirst du eines Tages in einem feinen Kleid empfangen, Mädchen. Mit einem Spitzenrand am Kragen und einer feinen Haube. Den Richtigen wirst du erkennen, Mädchen.«
    »Woran?«, flüsterte Penelope. Durch die bleierne Müdigkeit dieses Tages stahl sich Hoffnung. Einen – den Richtigenfür sie …? Das klang zu schön, um wahr zu sein. Sie schüttelte den Kopf. Sie saßen hier auf dem Kahn der Hoffnungslosigkeit – noch ehe der Richtige kommen konnte, würde sich ihr Gesicht in hässliche Hungerfalten gelegt haben. Und wer würde sie dann noch anschauen? Jenny überlegte einen Moment. Dann breitete sich ein Lächeln über ihre verhärmten Züge.
    »Du wirst ihn daran erkennen, dass er dir eine Tür aufhalten wird«, sagte sie versonnen. »Vielleicht wird er dich auch ans Licht tragen. Halte die Augen offen, du wirst ihn schon finden.«
    Vor Penelopes innerem Auge entstand eine Tür. Sie war fest verschlossen, doch eines Tages würde sie wie von selber aufschwingen, und die Lichtstrahlen, die man auf dem Schiff nur durch Ritzen erahnte, würden Penelope blenden. Und jemand würde sich schützend vor sie stellen …
     
    Als die Ruderboote kamen und man sie mit Stöcken und Tritten hineintrieb, gab es keine Tränen, kein Winken, keine letzten Grüße. Manche von ihnen blieben an Deck zurück, ohne den Grund zu kennen. Man verwehrte den Verurteilten das Recht, zu erfahren, wie es mit ihnen weiterging. Die Insassen dieser Kähne waren vom Gesetz hingerichtet worden, ohne jemals am Galgen zu hängen – ihr Abtransport war lediglich eine Frage der Zeit. Einige warteten seit Jahren auf das Boot und sehnten es herbei. Sie alle wussten, dass mit den

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