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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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überlegte, wie so eine Suche wohl aussehen könnte. Wen fragen, wo nachschauen. Das Quietschen und Rattern der Räder lullten sie ein. Doch dann hörte sich das Geräusch auf einmal anders an, und das lag nicht an der Dunkelheit. Ganz langsam deckte sich Anspannung über die Kutsche. Penelope umklammerte das Sitzbrett und richtete sich auf. War es aus Furcht, was Heynes sagen würde, weil sie so spät kamen? Oder wegen der Tatsache, dass sie neben Ann auf dem Kutschbock saß? Nein, morgen war Sonntag, und sie musste nicht in die Fabrik. Außerdem war Joshua für zwei Tage im Busch unterwegs, und sie fürchtete sich im Schäferzelt ohne ihn. Es war gut, in Gesellschaft einer Frau zu sein. Pläne zu schmieden. Wie sie zusammen nach Sydney gehen und sich auf die Suche machen würden. Penelope lächelte ins Dunkel hinein. Ja, Anns Gesellschaft war das Beste überhaupt. Sie sank an die Schulter ihrer Freundin zurück und ignorierte, was sie vorhin gespürt zu haben glaubte.
    Das Pferd schnaubte. Der heimische Wald war erreicht. Weiß leuchtete ihnen das Tor zu Heynes’ Farm entgegen. Penelope verstand nichts von Pferden, doch dieses Schnauben klang warnend. Ann plapperte fröhlich weiter, über Rosemary und ihre Blagen, über den Schnapshausbesitzer, über diesen und jenen aus Parramatta, doch richtete ihre Stimme nichts gegen die wachsende Unruhe aus.
    »Halt an!« Penelope berührte Anns Arm. Ein merkwürdiges flaues Gefühl hatte sich ihrer bemächtigt, sie konnte kaum noch atmen. So bedrohlich hatte sie die Dunkelheit im Busch noch niemals empfunden.
    Und sie narrte ihren Blick. Es waren keine Hunde, die imHof knurrend an etwas herumzerrten – sie kniff die Augen zusammen. Das zwischen den Bäumen hindurchschimmernde Mondlicht half ihr, Dingos zu erkennen, die das Fleisch der toten Hofhunde fraßen. Der Lärm der Kutsche schlug sie in die Flucht. Stumm und mit eingeklemmten Schwänzen verschwanden sie in Richtung Fluss, vermutlich nur bis hinter die nächsten Büsche, um dort danach zu warten, dass sie ihr Mahl fortsetzen konnten.
    Der Hof glich einem Schlachtfeld. Vor der halboffenen Eingangstür lag der eine Sträfling mit aufgeschlitzter Kehle. Über dem Balkongeländer hing der zweite. Ein abgebrochener Speer steckte in seinem Rücken. Das Stöhnen des Mannes drang bis zur Kutsche, wo sich weder Ann noch Penelope zu rühren wagten.
    »Komm«, flüsterte Ann schließlich und packte Penelopes Hand. »Komm, wir müssen nachschauen gehen …« Als fehlte ihr der Mut, blieb sie dennoch sitzen.
    »Und wenn sie noch hier sind …?«, wagte Penelope einzuwenden.
    »Dann haben sie uns gesehen, und wir sterben auch. Aber es ist so still hier, sicher sind sie fort.«
    »Sie reisen mit dem Wind.« Penelope umschlang ihren Arm. »Du hörst sie nie, und du siehst sie nie, bis sie vor dir stehen, und dann ist es zu spät.« So war es jedes Mal mit Apari, wenn er Joshua besuchen kam – er stand dann einfach da, und sie wusste nicht, wo er hergekommen war. Apari trug seine Waffen stets bei sich, doch gedroht hatte er ihnen niemals damit.
    »Du hast recht, wir müssen da rein. Komm.« Wo nahm sie den Mut nur her? Die beiden Frauen fassten sich an den Händen und schlichen los, auf den Hauseingang zu, wo die Laterne über der Tür leise jammernd im Nachtwind schaukelte.Der Wind und das Stöhnen des Sterbenden erfüllten die Nacht mit grausigem Gesang.
    »Helft …«, kam es von dem Geländer.
    Penelope nahm sich ein Herz und tat einen Schritt auf den Mann zu. »Wer hat das getan?«, fragte sie bebend.
    Er war so schwach, dass er nicht mal mehr den Kopf heben konnte. »Schwarze«, flüsterte er. »Schwarze Diebe …«
    Penelope legte ihm die Hand auf die Schulter. Sie fühlte das Zittern, das seinen ausgemergelten Körper durchlief. Dann erstarb er. Mit klopfendem Herzen zog sie ihre Hand zurück. So nah war der Tod noch nie bei ihr gewesen …
    »Schwarze Diebe«, murmelte Ann, die gar nicht näher getreten war. »Verdammt, ich weiß, was die gesucht haben.«
    »Komm.« Penelope nahm sie an der Hand und zog sie in das Haus, wo auf dem Tisch immer noch die Lampe brannte. Ein halbvoller Teller stand dort, mit dem Löffel war Essen quer über den Tisch gespritzt, weil Heynes aufgesprungen war, wohl um sich gegen die Angreifer zu verteidigen. Es hatte ihm am Ende nicht genutzt, sich niemals von seiner Pistole zu trennen – sie waren schneller gewesen, aber nicht gründlich genug.
    Penelope presste die Lippen zusammen. Heynes war

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