Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
enttarnt, auf die das Lachen der Welt niedergehen würde. Die beiden Frauen sahen sich schweigend an. Penelope verstand, dass Ann hier überleben konnte, weil Spitzentücher und ein rosa Hemd ihr genügend Halt gaben. Ein teuer erkaufter Halt, wie sie fand – doch war ihrer besser? Der Schutz und das reichliche Essen eines stinkenden Schafhirten, der sie Nacht für Nacht benutzte, um es danach mit den Schafen zu treiben? Sie schluckte.
Jede Frau traf ihre Entscheidung. So war es doch.
Heynes’ Garten erinnerte an England. Rosen rankten sich an einem Gestell empor, blühende Trompetensträucher verbreiteten einen süßlichen Duft. Jemand, der etwas von Gärten verstand und einen Sinn für Pflanzen hatte, musste ihn angelegt haben, selbst einen Pfirsichbaum entdeckte Penelope in der Ecke. Vorsichtig strich sie über die roten Äste, die einmal rosafarbene Blüten getragen hatten. Heynes’ Pfirsichbaum war verdorrt, die Blätter raschelten welk unter ihrer Hand.
»Er hatte einen Sträfling, der ihm das alles gepflanzt hat«, erzählte Ann. »Ein Fälscher, der sich mit Rosen auskannte. In London war er Gärtner von einem reichen Juwelenhändler. Hatte so feine Händchen, fast zu fein für einen Spaten, er trug immer Handschuhe, bis sie ihm von denHänden fielen und Mr. Heynes ihm keine neuen geben konnte. Letztes Jahr ist er gestorben. Nun welkt hier alles vor sich hin. Ich glaube, er war krank. Ja, er war wohl krank.« Summend lief sie im Garten herum. Die Farbe der welken Blätter erinnerte eher an Totenblumen.
Penelope schüttelte den Kopf. Was war nur los mit ihr? Früher wäre ihr so was nie in den Sinn gekommen. Früher hatte sie sich von Masche zu Masche gehäkelt, hatte im Gespinst der Maschen gelebt und selten über den Rand ihrer Arbeit geschaut. Sie hatte Pläne gehabt. Hatte Spitzen häkeln wollen, um Geld damit zu verdienen, für sich und … Sie ballte die Faust, als Trauer in ihr hochwallte. Fort waren sie beide. Sie war zurückgeblieben, und die sorgfältig gehäkelten Maschen ihres Lebens waren in einem Feuer, das sie durch ihre närrische Gier und Dummheit mit verursacht hatte, auseinandergefallen und verbrannt. Zusammen mit Liam hatte sie das Feuer gelegt. Becher klapperten, riefen sie in die Gegenwart zurück.
»Noch nie war ich in so einem Garten.« Sie sah sich um, und der Anblick durchbrach den Bann der Trauer. Der Schatten einer Akazie umhüllte sie lindernd, während sie Ann dabei zusah, wie sie zwei Sitzplätze arrangierte und mit Decken ausstattete, die von häufigem Gebrauch fadenscheinig waren. Der Hausherr verbrachte sicher nicht viel Zeit hier.
»Im Garten ist es kühl, manchmal schlafe ich dort, wenn es im Haus zu heiß wird«, plapperte Ann über ihre Lebenslüge hinweg und darüber, dass Heynes sie vermutlich des Nachts einfach aus dem Haus warf, wenn ihm danach war. Der Garten schützte zwar weder vor Skorpionen noch vor neugierigen Schlangen, doch der Korbsessel war groß genug, die Beine unterzuschlagen.
»Wo schlafen die beiden … die – eure –«
»Unsere Sklaven?«, entgegnete Ann. »Die haben dort hinten ihre eigene Hütte. Sie bekommen ihr Mehl und ihre Graupen und einmal die Woche Fleisch abgewogen, und wenn Heynes mit ihnen zufrieden war, legt er auch Zucker und ein paar Krümel Tee dazu.« Nervös strich sie sich über die Haube. »Sie sind sehr faul und dumm. Er ist nur selten zufrieden, unseren chinesischen Tee trinken wir meist alleine.«
Was auch immer an dieser Geschichte wahr sein mochte, der Rum jedenfalls war geklaut, denn Ann schüttete ihn hastig herunter und spülte den Becher sogleich mit Wasser aus einer Kanne nach, damit der Geruch den Inhalt nicht verriet. Penelope tat es ihr nach. Sie genoss das leichte Schwindelgefühl, als das Brennen im Mund langsam nachließ und dem wunderbar leichten Gefühl Platz machte …
Ein paar Tage später stand Heynes’ Kutsche vor dem Zelt.
Penelope kam soeben aus dem Fluss, wo sie sich gewaschen und Wasser geholt hatte, wie immer voller Furcht vor den Krokodilen, von denen Joshua so oft erzählte. Am Morgen war da wirklich was gewesen, ein merkwürdiger Schatten unter Wasser, und sie war schnell ans Ufer zurückgesprungen. War sich nicht sicher gewesen, ob ihre schlechten Augen sie narrten. »Groß sind sie und lang«, hatte Joshua sie beschrieben. Und ein riesiges Maul hätten sie, mit dem sie Menschen einfach verschlängen. Penelope konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie ein Krokodil aussah. Noch
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