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Der Duft des Sommers

Der Duft des Sommers

Titel: Der Duft des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Maynard
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Frauen und ihrem Körper zu tun hatte. Ich wollte wissen, was andere Leute so machten, wenn sie mit jemandem vom anderen Geschlecht zusammen waren, und was ich selbst tun musste, um eine Freundin zu finden, bevor ich vierzig Jahre alt wurde. Ich hatte zahllose Fragen über Sex im Kopf, aber meine Mutter war natürlich nicht die Person, mit der ich darüber reden konnte, auch wenn sie manchmal von selbst auf das Thema zu sprechen kam. Im Auto auf dem Weg zum Supermarkt beispielsweise.
    Ich nehme mal an, dein Körper verändert sich, sagte sie und umklammerte dabei krampfhaft das Lenkrad.
    Kein Kommentar.
    Meine Mutter starrte so angestrengt nach vorne, als sei sie Luke Skywalker am Steuer des X-Wing-Fighters. Unterwegs in eine andere Galaxie. Das Shoppingcenter.

    Im Supermarkt steuerte meine Mutter die Abteilung für Jungenkleidung an, und wir suchten eine Hose aus. Und gleich noch eine Packung Unterwäsche.
    Ich nehme an, du brauchst auch noch Schuhe, sagte sie in diesem Tonfall, den sie immer anschlug, wenn wir uns an
solchen Orten aufhielten. Als säßen wir in einem schlechten Film, den wir aber zu Ende anschauen müssten, weil wir nun schon die Karten gekauft hatten.
    Die alten gehen noch, sagte ich. Dabei dachte ich mir, dass es ewig dauern würde, bis wir wieder hierherkamen, wenn wir die Schuhe sofort kauften. Aber wenn ich jetzt auf Schuhe verzichtete, dann müssten wir bald wieder herfahren. Sobald die Schule wieder anfing, bräuchte ich außerdem Hefte und Stifte und einen Winkelmesser und einen Taschenrechner. Falls sie dann sagen würde, Wieso hast du das mit den Schuhen nicht gesagt, als wir das letzte Mal im Laden waren?, konnte ich sie darauf hinweisen, dass ich auch noch die anderen Sachen brauchte, und sie musste nachgeben.
    Mit den Kleidern waren wir fertig. Ich legte die Sachen in unseren Wagen und ging zu der Abteilung rüber, in der es Zeitschriften und Taschenbücher gab. Dort blätterte ich in der Mad, obwohl ich eigentlich viel lieber den Playboy angeschaut hätte, aber der war in Plastikfolie eingeschweißt.
    Ich sah meine Mutter, wie sie unseren Wagen durch die Reihen schob. So langsam wie ein Blatt in einem trägen Bach. Sie ließ sich treiben. Es war immer schwer vorherzusagen, was sie alles in den Wagen packen würde, später sah ich es dann: eines dieser Kissen, mit denen man abends im Bett aufrecht sitzen und lesen konnte. Ein batteriebetriebener Handventilator – aber keine Batterien. Ein Keramiktier mit Löchern – ein Igel oder irgendwas in der Art –, in das man Samen streuen konnte, so dass das Tier irgendwann
überwachsen sein würde. Ist wie ein Haustier, sagte meine Mutter, aber man muss keine Käfige putzen.
    Hamsterfutter, rief ich ihr in Erinnerung. Das brauchten wir auch noch.

    Ich las gerade einen Artikel in der Cosmopolitan, der mir aufgefallen war – Was Männer über Frauen wissen sollten –, als der Mann sich zu mir herunterbeugte und mich ansprach. Er stand vor dem Regal mit den Garten- und Handarbeitszeitschriften, rechts neben den Rätselheften. Ein Typ, der so aussah wie er, wollte so was bestimmt nicht lesen. Er wollte mit mir reden.
    Ob du mir vielleicht behilflich sein könntest, sagte er.
    Ich musterte ihn. Er war groß und hatte kräftige Muskeln am Hals und an den Armen. Sein Gesicht war von der Sorte, bei der man sich leicht vorstellen kann, wie der Schädel ohne Haut aussehen würde, auch wenn der Betreffende noch lebt. Er hatte so ein Hemd an, wie die Angestellten von Pricemart es bei der Arbeit tragen müssen – rot, mit einem Namensschild auf der Tasche. Vinnie – und als ich ihn genauer anschaute, stellte ich fest, dass sein Bein blutete. Das Blut war schon durch die Hose gesickert und auf seinen Schuh getropft, der eigentlich eher wie ein Hausschuh aussah.
    Sie bluten da, sagte ich.
    Bin aus dem Fenster gefallen. Das sagte der Mann, als sei es nicht aufregender als ein Mückenstich. Vielleicht fand ich es damals deshalb nicht so merkwürdig. Aber da ohnehin
alles merkwürdig war, fiel mir dieser Satz wohl einfach nicht besonders auf.
    Wir sollten Hilfe holen, sagte ich zu dem Mann. Ich dachte mir, dass es bestimmt keine gute Idee war, meine Mutter zu fragen, aber hier waren viele Leute unterwegs. Ich fühlte mich gut, weil der Mann mich als Helfer ausgesucht hatte. So was passierte normalerweise nicht in meinem Leben.
    Ich möchte niemanden unnötig beunruhigen, sagte er. Viele Leute kriegen Angst, wenn sie Blut sehen. Weißt du, die denken

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