Der Dunkle Code
hörte ein scharfes, metallisches Krachen, alle drei Insassen wurden nach vorne geschleudert, dann blieb das Fahrzeug abrupt stehen.
Es wurde kein Wort gesprochen, alle sprangen sofort aus dem Wagen.
»Mit dem kann man noch fahren«, sagte Niko, nachdem er den Kühlergrill des Geländewagens begutachtet hatte.
Gruber hatte bereits die Tür aufgemacht und sich ans Steuer gesetzt. Er drehte den Zündschlüssel und der Motor sprang anstandslos an. »Ladet die Barren um, aber schnell!«, rief er und sprang mit dem Revolver in der Hand aus dem Wagen. »Ich passe auf, dass wir nicht überrascht werden.«
Er rannte in Richtung Höhle zurück, sein Revolver blitzte im Mondlicht auf.
Das bittere Aroma der Abgase brannte an Aaros Gaumen, doch zum Glück füllte der nächtliche Alpenwind die Lungen mit klarer Luft. Er atmete tief und fühlte sich fast wie ein Held, obwohl die Gefahr noch längst nicht vorbei war.
»Tempo!«, trieb Niko ihn an. Er war bereits auf die Ladefläche geklettert. Wie es aussah, war er durch die Situation schlimm überdreht, aber Aaro lief schließlich auch nicht gerade auf Untertouren.
Beim Umladen der Goldbarren hörten sie in der Nähe der Höhle einen Schuss. Beide hielten inne.
Nur ein einziger Schuss.
»Das war Grubers Revolver«, sagte Niko. »Bestimmt ein Warnschuss, damit die Typen keine Dummheiten machen.«
So schnell sie konnten, stapelten sie die Barren, mit brennenden Muskeln und strömendem Schweiß, und zwischendurch blickten sie immer wieder nervös in Richtung Höhle.
Endlich kam Gruber angerannt und erst da begriff Aaro, dass er mit Niko etwas von dem Gold hätte beiseiteschaffen können. Oder doch nicht, denn der Deutsche hatte die Barren ja gezählt. Und überhaupt – wenn sich jemand auf Aaro verließ, wollte er dieses Vertrauen auch nicht enttäuschen. Oder war das Vertrauen eines Menschen, der sich in kriminelle Machenschaften verstrickt hatte, irgendwie weniger wert? Nein, das kam Aaro nicht logisch vor.
»Fahren wir, bevor sie merken, dass ich nicht mehr am Höhleneingang bin«, kommandierte Gruber.
Die Italiener waren sich ihres Sieges anscheinend sicher gewesen, denn sie hatten ihren Wagen neben dem Mercedes geparkt. Niko ging vor einem der Vorderräder in die Hocke und sagte zu Aaro: »Hilf mir. Wir lassen die Luft raus. Das wird sie zu einer Wanderung zwingen.«
Aaro schraubte an einem Hinterrad die Ventilkappe ab und drückte auf den Dorn. Die Luft zischte aus dem Reifen. Gruber kümmerte sich um den zweiten Vorderreifen, den Blick immer auf die Höhle gerichtet, die Waffe in der Hand.
Anschließend sprangen sie in den Geländewagen, den Gruber in mehr als zügigem Tempo steuerte, obwohl ein Vorderlicht nicht brannte und der Kotflügel böse eingedrückt war.
»Hoffentlich fängt der Kühler nicht an zu lecken«, sagte Niko auf Finnisch. »Dann ist die Fahrt nämlich zu Ende.«
Gruber hatte entweder nicht gemerkt, dass Finnisch gesprochen wurde, oder aber er hatte keine Lust mehr, sich darüber aufzuregen. Stattdessen konzentrierte er sich aufs Fahren und fasste kurz die Lage zusammen. Achim und die Italiener hatten nicht mit einer Flucht per Lastwagen gerechnet. Sie hatten versucht, ihnen aus der Höhle zu folgen, worauf Gruber einen Warnschuss abgab. Jetzt wussten sie, dass sie nicht einfach aus der Höhle stürmen konnten. Und mit ihrem Wagen würden sie erst wieder fahren können, nachdem sie die Reifen aufgepumpt hätten.
Aaro atmete tief auf, als Gruber auf die asphaltierte Bergstraße einbog und aufs Gas trat. Draußen huschte die nächtliche Alpenlandschaft vorbei, und je dichter die Besiedlung wurde, umso mehr Lichter brannten, die von menschlichem Leben kündeten.
32
Aaro und Niko saßen in antiken Ledersesseln in Dietrich Grubers Arbeitszimmer. Ihre Kleider hatten gelitten und ihre Hände waren schmutzig. Staunend betrachteten sie die beiden Goldbarren, die auf dem Perserteppich lagen.
Aaro schlug das Herz bis zum Hals. Vor ihm lagen fünf Kilo Gold im Gesamtwert von über hunderttausend Euro.
Gruber stand hinter dem Schreibtisch und packte Unterlagen in seine schweinslederne Aktentasche. Aaro konnte erkennen, dass der Deutsche auch einen argentinischen Pass einsteckte.
»Ich möchte mich bei euch bedanken, Jungs«, sagte Gruber. »Fünf Kilo sind meiner Meinung nach ein gutes Honorar für eure Arbeit. Zugleich bitte ich um Verzeihung dafür, dass ihr in Lebensgefahr geraten seid, aber ich konnte nicht ahnen, dass sich Achim heimlich mit
Weitere Kostenlose Bücher