Der Dunkle Turm 4 - Glas
Liebling«, sagte er.
Coral nickte und griff ihm zwischen die Beine, ohne auf den glotzenden Reynolds zu achten. »Aye«, sagte sie. »Und ich hab dich nicht vergessen.«
4
Sie entkamen dem Citgo-Gelände mit einem Klingeln in den Ohren und etwas versengt an den Rändern, aber weitgehend unverletzt; Sheemie ritt hinter Cuthbert auf dessen Pferd, Caprichoso trabte an seiner langen Leine hinterher.
Susan war es, der die Stelle einfiel, wo sie hingehen sollten, und wie die meisten Lösungen schien auch diese auf der Hand zu liegen… sobald sie erst einmal jemandem eingefallen war. Und so kamen die fünf, als der Erntevorabend zum Erntemorgen geworden war, zu der Hütte im Bösen Gras, wo Susan und Roland sich mehrere Male getroffen hatten, um miteinander zu schlafen.
Cuthbert und Alain rollten Decken aus, setzten sich und begutachteten die Schusswaffen, die sie aus dem Büro des Sheriffs mitgenommen hatten. Berts Schleuder hatten sie ebenfalls gefunden.
»Das sind schwere Kaliber«, sagte Alain, hielt einen Revolver mit aufgeklappter Trommel hoch und sah mit einem Auge durch den Lauf. »Wenn ihre Streuung nicht zu groß ist, Roland, kann man wohl etwas damit anfangen.«
»Ich wünschte, wir hätten das Maschinengewehr dieses Ranchers«, sagte Cuthbert sehnsüchtig.
»Weißt du, was Cort über so ein Gewehr sagen würde?«, sagte Roland, worauf Cuthbert zu lachen anfing. Alain ebenso.
»Wer ist Cort?«, fragte Susan.
»Der harte Bursche, für den sich Eldred Jonas nur hält«, sagte Alain. »Er war unser Lehrmeister.«
Roland schlug vor, dass sie erst einmal ein, zwei Stunden schlafen sollten – der kommende Tag würde schwierig werden. Dass es gleichzeitig ihr letzter sein könnte, schien ihm nicht eigens erwähnenswert.
»Alain, passt du auf?«
Alain, der genau wusste, dass Roland nicht von seinen Ohren oder seiner Aufmerksamkeitsspanne sprach, nickte.
»Hörst du irgendetwas?«
»Noch nicht.«
»Bleib dran.«
»Mach ich… aber ich kann nichts versprechen. Die Gabe ist launisch. Das weißt du so gut wie ich.«
»Versuch es einfach.«
Sheemie hatte sorgfältig zwei Decken in der Ecke neben seinem erklärten besten Freund ausgebreitet. »Er ist Roland… und er ist Alain… wer bist du, guter alter Arthur Heath? Wer bist du wirklich?«
»Cuthbert ist mein Name.« Er streckte die Hand aus. »Cuthbert Allgood. Guten Tag, guten Tag und nochmals guten Tag.«
Sheemie schüttelte die dargebotene Hand und fing an zu kichern. Es war ein fröhlicher, unerwarteter Laut, bei dem sie alle lächeln mussten. Das Lächeln tat Roland etwas weh, und er vermutete, wenn er sein Gesicht im Spiegel sehen könnte, würde er Verbrennungen entdecken, weil er so nahe an den explodierenden Bohrtürmen gewesen war.
»Ke-juth-bert«, sagte Sheemie kichernd. »Herrje! Ke-juth-bert, das ist ein komischer Name, kein Wunder, dass du so ein komischer Kerl bist. Ke-juth-bert, oh-aha-ha-ha, das ist ein Knüller, ein echter Knüller!«
Cuthbert lächelte und nickte. »Kann ich ihn jetzt umbringen, Roland, falls wir ihn nicht mehr brauchen?«
»Behalten wir ihn noch eine Weile in Reserve, ja?«, sagte Roland, drehte sich zu Susan um und hörte auf zu lächeln. »Kann Sie einen Moment mit mir hinauskommen, Sue? Ich würde gern mit Ihr reden.«
Sie sah zu ihm auf und versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu lesen. »Einverstanden.« Sie streckte die Hand aus. Roland nahm sie, und sie gingen zusammen in den Mondschein hinaus, und unter seinem Licht verspürte Susan, wie sich das Grauen in ihr Herz stahl.
5
Sie schritten schweigend durch süßlich duftendes Gras, das Kühen und Pferden gut schmeckte, auch wenn es ihre Bäuche dehnte, sie aufblähte und tötete. Es stand hoch – mindestens einen Kopf höher als Roland – und war noch so grün wie im Sommer. Kinder verirrten sich manchmal im Bösen Gras und starben dort, aber Susan hatte sich nie gefürchtet, wenn sie mit Roland hier war, auch wenn es keine Orientierungspunkte am Himmel gab; sein Orientierungssinn war völlig unbeirrbar.
»Sue, Sie hat mir nicht gehorcht, was die Revolver angeht«, sagte er schließlich.
Sie sah ihn lächelnd an, halb amüsiert und halb wütend. »Wünscht Er demnach, wieder in seiner Zelle zu sein? Er und seine Freunde?«
»Nein, selbstverständlich nicht. Wie tapfer du warst!« Er drückte sie an sich und küsste sie. Als er sich von ihr löste, atmeten beide schwer. Er nahm sie an den Armen und sah ihr in die Augen.
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