Der Dunkle Turm 6 - Susannah
»Aus der Vergangenheit, musst du wissen.«
»Diese Tür hat sich zu vielen Orten und vielen Zeiten der Welt geöffnet, aus der meine Freunde stammen«, sagte Roland. »Ich möchte sie erneut öffnen – aber nur zu den beiden zuletzt besuchten Orten. Zu den beiden jüngsten Ereignissen. Ist das möglich?«
Alle warteten, während Henchick und Cantab darüber nachdachten. Die Manni waren große Reisende. Wenn jemand sich damit auskannte, wenn jemand es schaffte, was Roland wollte – was sie alle wollten –, würden es diese Leute sein.
Cantab beugte sich ehrerbietig zu dem Alten, dem Dinh der Calla Redpath, hinüber. Er flüsterte etwas. Henchick hörte mit ausdrucksloser Miene zu, dann drehte er Cantabs Kopf mit einer seiner knorrigen alten Hände zur Seite und flüsterte eine Antwort.
Eddie bewegte sich, und Roland spürte, dass sein Gefährte kurz vor einem Ausbruch stand und möglicherweise gleich zu schreien anfangen würde. Er legte ihm eine zur Zurückhaltung mahnende Hand auf die Schulter, und Eddie ließ sich zurücksinken. Wenigstens vorläufig.
Das im Flüsterton geführte Gespräch dauerte ungefähr fünf Minuten, während alle anderen warteten. Roland ertrug den aus der Ferne herüberdringenden Festlärm schlecht; Gott mochte wissen, wie Eddie dabei zumute war.
Schließlich tätschelte Henchick die Wange Cantabs und wandte sich dann an Roland.
»Wir glauben, dass sich das machen lässt«, sagte er.
»Gott sei Dank«, murmelte Eddie. Und dann sagte er lauter: »Gott sei Dank! Am besten gehen wir gleich dort rauf. Wir können uns an der Oststraße treffen…«
Die beiden Bärtigen schüttelten den Kopf: Henchick mit einer Art strenger Besorgnis, Cantab mit einem Blick, aus dem fast Entsetzen sprach.
»Wir werden keinesfalls im Dunkeln zur Höhle der Stimmen hinaufgehen«, sagte Henchick.
»Wir müssen aber!«, brach es aus Eddie hervor. »Ihr versteht wohl nicht! Hier geht’s nicht nur darum, wie lange der Zauber anhält oder nicht, sondern darum, wie die Zeit auf der anderen Seite abläuft! Dort drüben läuft sie nämlich schneller ab, und wenn sie weg ist, ist sie weg! Jesus, Susannah könnte das Baby genau in diesem Moment bekommen, und wenn es eine Art Kannibale ist…«
»Hört mich an, junger Freund«, sagte Henchick, »hört mich sehr wohl an, ich bitte Euch. Der Tag ist beinahe vorüber.«
Das stimmte. Roland hatte noch nie einen Tag erlebt, der ihm so schnell durch die Finger geronnen war. In der Frühe, nicht lange nach Tagesanbruch, war es zum Kampf mit den Wölfen gekommen, anschließend hatte es auf der Straße eine improvisierte Siegesfeier gegeben, in die sich Trauer über die Verluste gemischt hatte (die letztlich doch erstaunlich gering gewesen waren). Danach waren die Erkenntnis, dass Susannah verschwunden war, ihr gemeinsamer Aufstieg zur Höhle und ihre dortigen Entdeckungen gekommen. Bis sie das Schlachtfeld an der Oststraße wieder erreicht hatten, war es Spätnachmittag gewesen. Die meisten Stadtbewohner waren fort und hatten ihre geretteten Kinder im Triumph heimgetragen. Henchick hatte der Bitte um ein Palaver bereitwillig zugestimmt, aber bis sie ins Pfarrhaus zurückgekommen waren, hatte die Sonne schon ziemlich tief über dem Horizont gestanden.
Wir werden also doch unsere Nachtruhe bekommen, sagte Roland sich, wenngleich ratlos, ob er darüber froh oder enttäuscht sein sollte. Er hatte Schlaf bitter nötig, so viel wusste er.
»Ich höre und verstehe«, sagte Eddie, aber Roland, dessen Hand weiter auf Eddies Schulter lag, konnte spüren, wie der jüngere Mann zitterte.
»Selbst wenn wir zu gehen bereit wären, könnten wir nicht genügend von den anderen dazu überreden, uns zu begleiten«, sagte Henchick.
»Ihr seid ihr Dinh…«
»Aye, so sagt Ihr, und das bin ich wohl, auch wenn dies nicht unser Wort ist, müsst Ihr wissen. Sie würden mir in den meisten Dingen folgen, und ihnen ist bewusst, was wir eurem Ka-Tet nach diesem Tagewerk verdanken, und sie würden euch ihre Dankbarkeit auf jede nur mögliche Art erweisen. Aber sie würden nicht im Dunkeln den Pfad hinaufsteigen und diesen Ort betreten, an dem es spukt.« Henchick schüttelte langsam und mit großer Bestimmtheit den Kopf. »Nein, das täten sie nicht. Hört mir zu, junger Mann. Cantab und ich können wieder im Redpath Kra-Ten sein, bevor es ganz dunkel ist. Dort rufen wir unser Mannsvolk in die Tempa, die der Versammlungshalle des vergesslichen Volks entspricht.« Er sah kurz zu Callahan
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