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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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keine Angst.
    Warum? fragte Eddie. Warum mußt du gehen?
    »Was ist los?« hatte ihn einer der Zollbeamten gefragt. »Sie sehen auf einmal aus, als hätten sie Angst.«
    Er hatte plötzlich Angst gehabt, aber nicht vor etwas, das dieser Idiot verstanden hätte.
    Er sah über die Schulter, und die Zollbeamten hatten sich ebenfalls umgedreht. Sie sahen lediglich eine weiße Wand, welche mit weißen Paneelen verkleidet war, in die zur Schalldämmung Löcher gebohrt worden waren; Eddie sah die Tür, die die üblichen drei Schritte entfernt war (jetzt war sie in die Mauer der Verhörzelle eingelassen, eine Fluchtmöglichkeit, die seine Befrager nicht sehen konnten). Er sah noch mehr. Er sah Wesen aus dem Wasser herauskommen, Wesen, die wie Flüchtlinge aus einem Horrorfilm aussahen, bei dem die Spezialeffekte ein wenig überzeugender gelungen waren, als man sie haben wollte, so überzeugend, daß alles ganz echt aussah. Sie sahen wie gräßliche Mischlinge zwischen Krabben, Hummern und Spinnen aus. Sie gaben unheimliche Laute von sich.
    »Am Durchdrehen, ja?« hatte einer der Zollbeamten gefragt. »Sehen Sie ein paar Insekten die Wände runterkriechen, Eddie?«
    Das kam der Wahrheit so nahe, daß Eddie beinahe gelacht hätte. Er begriff aber, weshalb der Mann namens Roland zurückkehren mußte; Rolands Verstand war in Sicherheit – wenigstens vorläufig –, aber die Kreaturen bewegten sich auf seinen Körper zu, und Eddie vermutete, wenn Roland seinen Körper nicht umgehend von dort wegschaffte, würde er keinen Körper mehr haben, in den er zurückkehren konnte.
    Plötzlich hörte er in seinem Kopf David Lee Roth plärren: O lyyyyy…ain’t got no… Und dieses Mal lachte er wirklich. Er konnte nicht anders.
    »Was ist denn so komisch?« fragte ihn der Zollbeamte, der wissen wollte, ob er Insekten gesehen hatte.
    »Diese ganze Situation«, hatte Eddie geantwortet. »Aber eher grotesk, nicht zum Brüllen. Ich meine, wenn dies ein Film wäre, dann wäre er eher von Fellini als von Woody Allen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Kommst du zurecht? fragte Roland.
    Aber klar doch. KDG, Mann.
    Das verstehe ich nicht.
    Kümmere dich ums Geschäft.
    Oh. Gut. Wird nicht lange dauern.
    Und plötzlich war der andere verschwunden gewesen. Einfach weg. Wie ein so dünnes Rauchwölkchen, daß der leiseste Windhauch es fortwehen konnte. Eddie sah sich wieder um, sah lediglich weiße Wandverkleidungen, keine Tür, kein Meer, keine unheimlichen Monster, und er spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenzogen. Kein Gedanke mehr, daß alles eine Halluzination gewesen war; immerhin war der Stoff verschwunden, mehr Beweise brauchte Eddie nicht. Aber Roland hatte ihm irgendwie… geholfen. Seine Anwesenheit hatte alles leichter gemacht.
    »Wollen Sie, daß ich dort ein Bild aufhänge?« hatte einer der Zollbeamten gefragt.
    »Nein«, sagte Eddie und stieß einen Seufzer aus. »Ich will, daß Sie mich hier rauslassen.«
    »Sobald sie uns gesagt haben, was Sie mit dem Heroin gemacht haben«, sagte ein anderer. »Oder war es Koks?« Und damit fing alles von vorne an: Das Glücksrad dreht sich, und niemand weiß, wo es anhalten wird.
    Zehn Minuten später – zehn sehr lange Minuten – war Roland plötzlich wieder in seinem Verstand. Eben noch fort, im nächsten Augenblick wieder da. Eddie spürte, daß er zutiefst erschöpft war.
    Versorgt? fragte er.
    Ja. Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat. Eine Pause. Ich mußte kriechen.
    Eddie drehte sich wieder um. Die Tür war wieder da, aber jetzt zeigte sie einen etwas anderen Ausschnitt jener Welt, und ihm wurde klar, daß sie sich dort drüben ebenso mit Roland bewegte, wie sie sich hier mit ihm bewegte. Dieser Gedanke ließ ihn ein wenig erzittern. Es war, als wäre er durch eine unheimliche Nabelschnur mit dem anderen verbunden. Der Körper des Revolvermanns lag wie bisher zusammengesunken davor, aber jetzt sah er einen langen Strandabschnitt zur unregelmäßigen Flutlinie hinunter, wo die Monster knurrend und summend umherwanderten. Jedesmal, wenn eine Welle brach, hoben sie alle die Scheren. Sie sahen wie das Publikum in alten Dokumentarfilmen aus, wenn Hitler sprach und alle den Sieg heil! -Gruß machten, als hinge ihr Leben davon ab – was wahrscheinlich so gewesen war, wenn man genauer darüber nachdachte. Eddie konnte die qualvollen Spuren des Revolvermanns im Sand sehen.
    Während Eddie hinsah, griff eines der Monster schnell wie der Blitz in die Höhe und fing eine Möwe aus

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