Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
»Ich glaube, dass es am 19. Juni passiert. Das ist der Tag, an dem King totgefahren wird, womit selbst die Chance, dass er sich noch mal mit der Dunklen-Turm-Geschichte – unserer Geschichte – befasst, dahin ist. Gans Balken geht durch Überlastung zugrunde. Shardiks Balken bleibt übrig, aber der ist bereits erodiert.« Sein Gesicht war blass, die Lippen fast blau, als er zu Roland aufsah. »Er wird wie ein Zahnstocher abknicken.«
»Vielleicht ist das schon längst passiert«, sagte Susannah.
»Nein«, sagte Roland.
»Wie willst du dir da so sicher sein?«, fragte sie.
Er bedachte sie mit einem eisigen, humorlosen Lächeln. »Weil«, sagte er, »wir dann nicht mehr hier wären.«
19
»Wie können wir verhindern, dass das passiert?«, fragte Eddie. »Dieser Trampas hat Ted erzählt, dass es Ka ist.«
»Vielleicht hat er sich ja geirrt«, meinte Jake, aber seine Stimme klang dünn. Versagend. »Es war nur ein Gerücht. Vielleicht hat er was falsch mitbekommen. Möglicherweise hat King noch bis Juli Zeit. Oder bis August. Oder wie wär’s mit September? Klingt September nicht wahrscheinlicher? Schließlich ist das der neunte Monat …«
Alle sahen zu Roland hinüber, der jetzt mit ausgestrecktem Bein dasaß. »Genau hier tut’s weh«, sagte er, als spräche er mit sich selbst. Er berührte die rechte Hüfte … dann seine Rippen … zuletzt die rechte Schläfe. »Ich habe in letzter Zeit ständig Kopfschmerzen. Sie werden immer schlimmer. Wollte euch aber nicht damit belästigen.« Er fuhr sich mit der verkrüppelten Rechten über die rechte Körperhälfte. »Hier wird er verletzt. Hüfte zerschmettert. Rippen eingedrückt. Schädel gebrochen. Tot in den Straßengraben geschleudert. Ka … und das Ende des Ka.« Sein Blick wurde wieder klar, und er wandte sich drängend an Susannah. »An welchem Datum warst du in New York? Hilf mir auf die Sprünge.«
»1. Juni 1999.«
Roland nickte und sah dann zu Jake hinüber. »Und du? Am gleichen Tag, stimmt’s?«
»Ja.«
»Anschließend nach Fedic … und weiter nach Donnerschlag. Heute.«
Er machte eine nachdenkliche Pause, dann sprach er gemessen und mit Nachdruck vier Worte:
»Es ist noch Zeit.«
»Aber hier drüben läuft die Zeit schneller …«
»Und wenn sie einen dieser Rucke macht …«
»Ka …«
Ihre Worte überlappten sich. Dann verstummten sie alle und sahen wieder Roland an.
»Das Ka lässt sich ändern«, sagte er. »Es wäre nicht das erste Mal. Das erfordert zwar immer seinen Preis – Ka-Shume möglicherweise –, aber es lässt sich machen.«
»Und wie kommen wir dorthin?«, fragte Eddie.
»Es gibt nur eine Möglichkeit«, sagte Roland. »Sheemie muss uns hinschicken.«
Stille in der Höhe bis auf das ferne Grollen des Donners, von dem dieses dunkle Land seinen Namen hatte.
»Wir haben zwei Aufgaben«, sagte Eddie. »Sie betreffen den Schriftsteller und die Brecher. Wer kommt zuerst?«
»Der Schriftsteller«, sagte Jake. »Solange die Zeit noch ausreicht, ihn zu retten.«
Aber Roland schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«, rief Eddie aus. »Ach, Mann, warum nicht? Du weißt, wie glitschig die Zeit hier drüben ist! Und sie ist eine Einbahnstraße! Wenn wir den richtigen Zeitpunkt verpassen, bekommen wir nie wieder eine Chance!«
»Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass Shardiks Balken nicht weiter beschädigt wird«, sagte Roland.
»Soll das heißen, dass Ted und dieser Dinky nicht zulassen werden, dass Sheemie uns hilft, bevor wir ihnen geholfen haben?«
»Nein. Sheemie würde es für mich tun, da bin ich mir sicher. Aber was wäre, wenn ihm etwas zustößt, während wir in der Fundamentalen Welt sind? Wir säßen im Jahr 1999 fest.«
»In der Turtleback Lane gibt’s eine Tür, die …«, hob Eddie an.
»Selbst wenn sie 1999 noch da wäre, Eddie, könnte sie uns sonst wohin schicken. In irgendein x-beliebiges Wann. Und von Ted wissen wir, dass Shardiks Balken schon angefangen hat, sich durchzubiegen.« Roland schüttelte den Kopf. »Mein Innerstes sagt mir, dass das Gefängnis dort unten der Ort ist, wo wir anfangen müssen. Wenn jemand von euch anderer Meinung ist, höre ich gern zu und lasse mich überzeugen.«
Sie schwiegen. Draußen vor der Höhle heulte der Wind.
»Wir müssen Ted fragen, bevor wir eine endgültige Entscheidung treffen«, sagte Susannah schließlich.
»Nein«, sagte Jake.
»Nein!«, stimmte Oy zu. Was natürlich nicht überraschend war; wenn Ake etwas sagte, konnte man darauf
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