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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Sprechtrichter. »Ja? Hallo?«
    »Wer ist da, verdammt noch mal?«, kreischte jemand so laut, dass mir die Ohren vor Schmerz gellten. Auch in Gilead gab es Klingelings, vermutlich etwa hundert, die noch funktionierten, aber keines mehr, das so deutlich klang. Ich fuhr zusammen und hielt den Schalltrichter vom Ohr weg, konnte die Stimme aber trotzdem noch gut hören.
    »Hallo? Hallo? Der Teufel soll dieses Scheißding holen! HALLO? «
    »Ich verstehe Euch«, sagte ich. »Sprecht um Eures Vaters willen leiser.«
    »Wer seid Ihr?« Die Stimme wurde etwas leiser, sodass ich den Schalltrichter wieder näher ans Ohr heranbringen konnte. Aber ich bedeckte es nicht mehr damit; diesen Fehler würde ich nicht ein zweites Mal machen.
    »Ein Hilfssheriff.« Das waren Jamie DeCurry und ich natürlich nicht, aber das Einfachste war oft das Beste. Stets das Beste, vermute ich, wenn man es mit einem panischen Mann am Klingeling zu tun hatte.
    »Wo ist Sheriff Peavy?«
    »Zu Hause bei seiner Frau. Es ist noch nicht mal fünf Uhr, schätze ich. Jetzt erzählt mir, wer Ihr seid, von wo aus Ihr anruft und was passiert ist.«
    »Hier ist Canfield von der Jefferson. Ich …«
    »Von der Jefferson was? « Ich hörte Schritte hinter mir, drehte mich um und hob meinen Revolver halb. Aber das war nur Jamie, dessen ungekämmtes Haar nach allen Richtungen abstand. Auch er hielt einen Revolver in der Hand. Er war in seine Jeans geschlüpft, auch wenn er weiter barfuß war.
    »Von der Jefferson-Ranch, Ihr großer Dämlack! Ihr müsst den Sheriff herschicken, und zwar jin-jin! Alle sind tot. Jefferson, seine Familie, der Koch, die Handlanger. Alles schwimmt in Blut.«
    »Wie viele?«, fragte ich.
    »Vielleicht fünfzehn. Vielleicht zwanzig. Wer weiß das schon.« Canfield von der Jefferson schluchzte laut. »Alle in Stücke gerissen. Wer immer sie umgebracht hat, hat Rosie und Mozie, die beiden Hunde, in der Unterkunft gelassen. Sie waren dort drinnen. Wir mussten sie erschießen. Sie haben Blut aufgeleckt und Gehirne gefressen.«
    Es war ein zehn Räder weiter Ritt geradeaus nach Norden in die Salzberge. Wir ritten mit Sheriff Peavy, Kellin Frye – dem einzig guten Hilfssheriff – und Fryes Sohn Vikka. Der Lokführer, dessen Name sich als Travis erwies, kam ebenfalls mit, weil er bei den Fryes übernachtet hatte. Obwohl wir scharf ritten, war es längst heller Tag, als wir die Jefferson-Ranch erreichten. Wenigstens hatten wir den weiter auffrischenden Wind im Rücken.
    Peavy vermutete, dass es sich bei Canfield um einen Pokie handelte – einen umherziehenden Cowboy ohne feste Anstellung auf einer Ranch. Manche dieser Männer wurden zu Banditen, aber die meisten waren durchaus anständig, nur eben Männer, die nicht sesshaft werden konnten. Als wir durch das breite Viehtor ritten, über dem in Lettern aus weißem Birkenholz der Name JEFFERSON stand, waren zwei weitere Cowboys – seine Kameraden – zu ihm gestoßen. Die drei standen zusammengedrängt am Staketenzaun der Pferdekoppel in der Nähe des Herrenhauses. Ungefähr eine Viertelmeile entfernt war auf einem kleinen Hügel ihre Schlafbaracke zu sehen. Aus der Entfernung waren dort nur zwei Dinge auffällig: die Tür am Südende stand offen und schwang im Alkaliwind hin und her, und vor ihr lagen die Kadaver zweier riesiger schwarzer Doggen im Staub.
    Wir stiegen ab, und Sheriff Peavy schüttelte den Männern, die sehr erleichtert wirkten, als sie uns sahen, die Hand. »Ah, Bill Canfield, sehe Euch sehr wohl, Pokie-Bursche.«
    Der größte der drei Männer zog den Hut und drückte ihn an die Brust. »Bin kein Pokie mehr, Sheriff. Oder jetzt vielleicht doch wieder einer, das weiß ich nicht. Gestern war ich noch Canfield von der Jefferson, wie ich dem gesagt hab, der sich an dem gottverdammten Sprechdingsbums gemeldet hat, weil ich letzten Monat hier angeheuert hab. Der alte Jefferson hat selbst zugesehen, als ich mein Zeichen an die Wand gemalt hab, aber jetzt ist er tot wie alle anderen.«
    Er schluckte angestrengt. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Die Bartstoppeln wirkten auf dem leichenblassen Gesicht tiefschwarz. Vorn auf dem Hemd war Erbrochenes angetrocknet.
    »Auch seine Frau und seine Töchter sind den Weg zur Lichtung gegangen. Die erkennt man an den langen Haaren und ihren … ihren … Ay, ay, Jesusmensch, wenn man so was sieht, wär man am liebsten blind geboren.« Er hielt sich den breitkrempigen Hut vors Gesicht und weinte los.
    Einer seiner Kameraden fragte: »Sind das

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