Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
gepresst, als wäre seine Luftröhre kaum noch dicker als ein Strohhalm. »Wir müssen dieses Ding aufspüren. Wir müssen .«
»Komm, wir sehen nach, was die Fährte uns verrät, bevor der Wind sie verweht«, antwortete ich.
Wir ließen Peavy und die anderen in der Schlafbaracke zurück und gingen um das Herrenhaus herum zu der Stelle, wo die beiden zugedeckten Mädchenleichen lagen. Die wegführende Fährte war an den Rändern und um die Krallenabdrücke herum schon etwas verwischt, aber sie wäre selbst für jemand, der nicht das Glück gehabt hatte, bei Cort von Gilead in die Lehre gegangen zu sein, kaum zu übersehen gewesen. Die Bestie, von der sie stammte, hatte bestimmt über acht Zentner gewogen.
»Sieh dir das an«, sagte Jamie, der neben einem der Tatzenabdrücke kniete. »Siehst du, wie das vorn tiefer ist? Es ist gerannt.«
»Und zwar auf den Hinterbeinen«, sagte ich. »Wie ein Mensch.«
Die Fährte führte am Pumpenhaus vorbei, das in Trümmern lag, als hätte das Ungeheuer ihm im Vorbeilaufen aus reiner Bösartigkeit einen Schlag versetzt. Sie brachte uns zu einer unbefestigten kleinen Straße, die nach Norden zu einem langen, ungestrichenen Holzschuppen führte, der eine Sattelkammer oder Schmiede sein musste. Dahinter erstreckte sich ungefähr zwanzig Räder weit nach Norden das felsige Ödland unterhalb der Salzberge. Dort konnten wir die Löcher sehen, hinter denen ausgebeutete Schächte lagen; sie klafften wie leere Augenhöhlen.
»Hier brauchen wir gar nicht weiterzumachen«, sagte ich. »Wir wissen, wohin diese Fährte führt – dort hinauf, wo die Salzhauer leben.«
»Nicht so voreilig«, sagte Jamie. »Guck mal, Roland. So was hast du noch nie gesehen.«
Die Fährte begann sich zu verändern: Die Krallen wichen immer mehr zurück, während die Tatzen sich in große, unbeschlagene Hufe verwandelten.
»Es hat seine Bärengestalt abgelegt«, sagte ich. »Und ist was geworden? Ein Stier?«
»Ich glaube schon«, sagte Jamie. »Gehen wir noch ein Stück weiter. Ich habe da eine Idee.«
Als wir uns dem langen Schuppen näherten, wurden die Hufspuren zu Abdrücken von Pfoten. Aus dem Stier war anscheinend eine monströse Katze geworden. Die neue Fährte war anfangs groß, wurde dann aber kleiner, als wäre die Bestie beim Rennen von der Größe eines Löwen auf die eines Jaguars zusammengeschrumpft. Als sie jäh von der unbefestigten Straße auf den Weg abbog, der zu der Sattelkammer führte, entdeckten wir ein großes Büschel Kannenkraut, das geknickt war. Die abgebrochenen Stängel waren mit Blut besudelt.
»Es ist gestürzt«, sagte Jamie. »Ich glaube, es ist hingefallen … und hat um sich geschlagen.« Er sah von dem geknickten Büschel auf und machte eine nachdenkliche Miene. »Es hatte Schmerzen, glaub ich.«
»Gut«, sagte ich. »Jetzt sieh dir das an.« Ich zeigte auf den Weg, auf dem sich die Hufspuren zahlreicher Pferde abzeichneten. Aber auch andere Spuren.
Es waren Abdrücke nackter Füße, die zu dem auf rostigen Schienen laufenden Schiebetor des Gebäudes führten.
Jamie drehte sich zu mir um und starrte mich mit großen Augen an. Ich legte einen Finger auf die Lippen und zog einen meiner Revolver. Jamie folgte meinem Beispiel, und wir bewegten uns auf den Schuppen zu. Ich machte Jamie ein Zeichen, die Rückseite zu übernehmen. Er nickte und verschwand nach links.
Ich wartete mit schussbereitem Revolver neben dem offenen Schiebetor, um Jamie Zeit zu geben, die Rückseite des Gebäudes zu erreichen. Zu hören war nichts. Als mein Partner in Position sein musste, bückte ich mich, hob mit der freien Hand einen faustgroßen Stein auf und warf ihn in das Gebäude. Er prallte auf und rollte dann über den Holzboden davon. In dem Schuppen blieb es weiter still. Ich schob mich tief geduckt mit schussbereitem Revolver durch das Tor.
Der Schuppen schien leer zu sein, aber es gab so viel Schatten, dass es schwierig war, sich dessen sofort sicher zu sein. Hier drinnen war es bereits sehr warm; um die Mittagszeit würde das Gebäude ein Brutofen sein. Ich sah zu beiden Seiten je zwei leere Pferdeboxen, eine kleine Schmiedeesse neben Kasten voller rostiger Hufeisen und ebenso rostiger Hufnägel, staubige Tiegel mit Salben und Einreibemitteln, Brandeisen in Blechhülsen und einen großen Haufen Sattelzeug, das instand gesetzt werden musste oder weggeworfen werden sollte. An den Haken über der Werkbank hing ein größeres Werkzeugsortiment. Das meiste davon war so rostig wie die
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