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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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will«, sagte der kleine Blaine mit seinem furchtsamen Stimmchen.
    »WEIL ICH ES EBEN WILL«, sagte Blaine. »DAS IST DER EINZIGE GRUND, DEN ICH HABE, UND SONST BRAUCHE ICH KEINEN. UND NUN ZUM GESCHÄFT. ICH WILL EIN PAAR RÄTSEL, UND ICH WILL SIE AUF DER STELLE. WENN IHR EUCH WEIGERT, WARTE ICH NICHT BIS TOPEKA – DANN MACHE ICH UNS ALLEN HIER UND JETZT EIN ENDE.«
    Eddie, Susannah und Jake drehten sich zu Roland um, der mit im Schoß verschränkten Händen auf seinem Sitz saß und die Streckenkarte vorne im Abteil betrachtete.
    »Leck mich«, sagte Roland. Er sprach nicht mit erhobener Stimme. Er hätte Blaine sagen können, daß ein bißchen Way-Gog wirklich ganz nett wäre.
    Aus den Deckenlautsprechern war ein kurzes, erschrockenes Stöhnen zu hören – der kleine Blaine.
    »WAS HAST DU GESAGT?« In ihrer völligen Fassungslosigkeit hatte die Stimme des großen Blaine wieder große Ähnlichkeit mit der seines unvermuteten Zwillingsbruders.
    »Ich habe gesagt: Leck mich«, sagte Roland gelassen, »aber wenn dich das überfordert, Blaine, kann ich es auch noch einmal deutlich sagen. Nein. Die Antwort lautet nein.«
     
     

10
     
    Es erfolgte lange, lange Zeit keine Antwort von keinem der beiden Blaines, und als der große Blaine schließlich antwortete, antwortete er nicht mit Worten. Statt dessen verloren Wände, Boden und Decke wieder ihre Festigkeit und Farbe. Innerhalb von zehn Sekunden hatte die Baronskabine wieder aufgehört zu existieren. Der Mono flog jetzt durch die Gebirgskette, die sie am Horizont gesehen hatten: Eisengraue Gipfel rasten mit mörderischer Geschwindigkeit auf sie zu und stürzten dann in leblose Täler ab, wo Rieseninsekten krabbelten wie an Land gefesselte Schildkröten. Roland sah etwas wie eine gigantische Schlange, die sich plötzlich aus einer Höhle wand. Sie ergriff eines der Insekten und zerrte es in ihren Bau. Roland hatte niemals solche Tiere und eine solche Landschaft gesehen, und seine Haut wollte sich vor Gänsehaut fast von den Knochen schälen. Der Anblick war furchterregend, aber das war nicht das Problem. Es war fremdartig – das war das Problem –, als hätte Blaine sie auf eine andere Welt transportiert.
    »VIELLEICHT SOLLTE ICH HIER ANHALTEN«, sagte Blaine. Seine Stimme klang nachdenklich, aber darunter konnte der Revolvermann eine tiefe, pulsierende Wut hören.
    »Vielleicht solltest du das«, sagte er gleichgültig.
    Ihm war nicht gleichgültig zumute, und er wußte, es war möglich, daß der Computer seine wahren Gefühle aus seiner Stimme las – Blaine hatte ihnen gesagt, daß er über eine derartige Ausrüstung verfügte; und obwohl er nicht wußte, ob Computer lügen konnten, sah Roland keine Veranlassung, es in diesem Fall zu glauben. Wenn Blaine bestimmte Streßmuster in der Stimme des Revolvermannes hörte, war das Spiel wahrscheinlich gelaufen. Er war eine unvorstellbar komplexe Maschine… aber eben nur eine Maschine. Er konnte vielleicht nicht begreifen, daß Menschen manchmal eine bestimmte Vorgehensweise an den Tag legen, auch wenn sich ihr gesunder Menschenverstand lauthals dagegen ausspricht. Wenn er in der Stimme des Revolvermannes Angst analysierte, würde er wahrscheinlich denken, daß Roland bluffte. Ein solcher Fehler konnte ihren Tod bedeuten.
    »DU BIST UNHÖFLICH UND ARROGANT«, sagte Blaine. »FÜR DICH MÖGEN DAS INTERESSANTE EIGENSCHAFTEN SEIN, ABER FÜR MICH SIND SIE ES NICHT.«
    Eddies Gesicht drückte nackte Panik aus. Er formte mit dem Mund die Worte: Was SOLL das? Roland achtete nicht auf ihn; er hatte alle Hände voll mit Blaine zu tun und wußte genau, was er vorhatte.
    »Oh, ich kann noch viel unhöflicher sein.«
    Roland von Gilead löste die Hände und stand langsam auf. Er stand scheinbar im Nichts, Beine gespreizt, rechte Hand an der Hüfte, linke auf dem Sandelholzgriff des Revolvers. Er stand da, wie er so oft auf den staubigen Straßen von hundert vergessenen Städten gestanden hatte, auf Dutzenden Duellplätzen in Felsentälern, in zahllosen dunklen Saloons mit ihrem Geruch nach bitterem Bier und muffigen Mahlzeiten. Es war nur ein weiterer Showdown auf einer verlassenen Straße. Das war alles, und das war genug. Es war Khef, Ka und Ka-tet. Daß es immer zu dieser Konfrontation kam, zum Showdown, war ein Eckpfeiler seines Lebens und die Achse, um die Ka sich drehte. Daß der Kampf diesmal mit Worten ausgefochten werden würde und nicht mit Kugeln, spielte keine Rolle; es würde dennoch ein Kampf auf Leben und Tod

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