Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Kaffee. Heimweh, so heftig, dass es ihm wie das Sterben vorkam, rollte wie eine Welle über ihn hinweg. Ihm war, als hätte er seine Seele für einen Blick auf New York verkaufen können; verdammt, er hätte sie für einen tiefen Atemzug der Luft über der Forty-second Street zur Hauptverkehrszeit verkauft.
Er kämpfte dagegen an und wandte sich dem nächsten Rätsel zu.
»Ich bin Smaragde und Diamanten, die der Mond verlor. Die Sonne holt mich, kaum kommt sie hervor. Was bin ich?«
»TAU.«
Immer noch unerbittlich. Immer noch, ohne zu zögern.
Der grüne Punkt näherte sich Topeka und schloss allmählich das letzte freie Stück auf der Streckenkarte. Jake stellte seine Rätsel eines nach dem anderen; Blaine beantwortete sie eines nach dem anderen. Als Jake zur letzten Seite kam, sah er eine eingekastelte Nachricht vom Autor oder Herausgeber oder wie immer man jemanden nannte, der solche Bücher zusammenstellte: Wir hoffen, Sie hatten Spaß an dieser einmaligen Kombination von Phantasie und Logik, die man RÄTSEL nennt!
Ich nicht, dachte Jake. Ich habe kein bisschen Spaß daran gehabt, und ich hoffe, du erstickst. Als er jedoch die Frage über der Botschaft sah, verspürte er einen winzigen Funken von Hoffnung. Ihm schien, als hätten sie sich zumindest in diesem Fall wirklich das Beste bis zum Schluss aufgehoben.
Auf der Streckenkarte war das grüne Pünktchen nicht mehr als einen Fingerbreit von Topeka entfernt.
»Beeil dich, Jake«, murmelte Susannah.
»Blaine?«
»JA, JAKE VON NEW YORK.«
»Ich fliege ohne Flügel. Ich sehe ohne Augen. Ich klettere ohne Arme. Ich bin noch furchterregender als jede Bestie, stärker als jeder Widersacher. Ich bin listig, ruchlos und voller Macht, und am Ende herrsche ich in aller Pracht. Was bin ich?«
Der Revolvermann sah mit strahlend blauen Augen auf. Susannah wandte den erwartungsvollen Blick von Jake ab und dem Streckenplan zu. Aber Blaines Antwort erfolgte so prompt wie immer: »DIE MENSCHLICHE PHANTASIE.«
Jake überlegte kurz, ob er widersprechen sollte, aber dann dachte er: Wozu die Zeitverschwendung? Wenn eine Antwort richtig war, schien sie, wie auch in diesem Fall, immer zwingend logisch zu sein. »Danke-sai, Blaine, du hast richtig geantwortet.«
»UND DIE JAHRMARKTSGANS GEHÖRT FAST MIR, WIE MIR DÜNKT. NEUNZEHN MINUTEN UND FÜNFZIG SEKUNDEN BIS ZUM ENDPUNKT. MÖCHTEST DU NOCH MEHR SAGEN, JAKE VON NEW YORK? MEINE VISUELLEN SENSOREN SAGEN MIR, DASS DU DAS ENDE DEINES BUCHS ERREICHT HAST, DAS, WIE ICH LEIDER SAGEN MUSS, NICHT SO GUT WAR, WIE ICH GEHOFFT HATTE.«
»Jeder hält sich für einen gottverdammten Kritiker«, sagte Susannah sotto voce. Sie wischte sich eine Träne aus einem Augenwinkel; ohne sie unmittelbar anzusehen, nahm der Revolvermann ihre freie Hand. Sie umklammerte die seine fest.
»Ja, Blaine, eins habe ich noch«, sagte Jake.
»AUSGEZEICHNET.«
»Speise ging von dem Fresser, und Süßigkeit von dem Starken.«
»DIESES RÄTSEL STAMMT AUS DEM HEILIGEN BUCH, DAS ALTES TESTAMENT GENANNT WIRD.« Blaine hörte sich amüsiert an, und Jake spürte seine letzte Hoffnung schwinden. Er dachte, gleich losheulen zu müssen – weniger aus Angst als aus Verzweiflung. »ES WURDE VON SIMSON DEM STARKEN GESTELLT. DER FRESSER IST EIN LÖWE, DIE SÜSSIGKEIT IST HONIG VON BIENEN, DIE IHREN STOCK IM SCHÄDEL DES LÖWEN GEBAUT HABEN. NOCH EINES? DIR BLEIBEN IMMER NOCH ACHTZEHN MINUTEN, JAKE.«
Jake schüttelte den Kopf. Er ließ Ringelrätselreihen los und musste lächeln, weil Oy es geschickt mit dem Maul fing, Jake den langen Hals entgegenstreckte und es ihm wieder hinhielt. »Ich habe alle gestellt. Ich bin fertig.«
»OCH, KLEINER HILFSCOWBOY, DAS IST ABER VERDAMMT SCHADE«, sagte Blaine. Unter den gegebenen Umständen fand Jake diese geknödelte John-Wayne-Imitation unerträglich. »SIEHT GANZ SO AUS, ALS WÜRDE ICH DIESE LECKERE GANS GEWINNEN, ES SEI DENN, JEMAND ANDERS MÖCHTE SICH NOCH ZU WORT MELDEN. WAS IST MIT DIR, OY VON MITTWELT? KENNST DU IRGENDWELCHE RÄTSEL, MEIN KLEINER BUMBLER-FREUND?«
»Oy!«, antwortete der Billy-Bumbler mit durch das Buch im Maul gedämpfter Stimme. Jake nahm es, immer noch lächelnd, und setzte sich neben Roland, der sofort einen Arm um ihn legte.
»SUSANNAH VON NEW YORK?«
Sie schüttelte den Kopf, ohne aufzuschauen. Sie hatte Rolands Hand in der ihren gedreht und strich sanft über die verheilten Stümpfe, wo einst Zeige- und Mittelfinger gewesen waren.
»ROLAND, SOHN DES STEVEN? SIND DIR NOCH WEITERE
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