Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
überrascht aufgerissenen Augen auf den Kiesweg.
„Sie hatten vor, dich umzubringen, bevor du das Haus erreichst“, erklärte sein Freund Michael Thorpe, der aus dem Schutz der Bäume hervortrat. „Sollen wir dich begleiten?“
Stephen hatte den ehemaligen Schulkameraden mit seiner Rückendeckung betraut. Michael war seit vielen Jahren Soldat, weswegen es ihm leichtfiel, sich unauffällig im Hintergrund zu halten.
Er nickte. „Bleib außer Sicht, Michael. Vermutlich haben sie die Schüsse gehört, und mit etwas Glück glauben sie, dass ich tot bin.“
Er näherte sich vorsichtig der Buchsbaumhecke, die den Garten umgab, und schlich in ihrem Schutz bis zum Hintereingang. Glücklicherweise war die Hecke so dicht, dass er vom Haus aus unmöglich gesehen werden konnte. Schwerer Rosenduft stieg ihm in die Nase, als er den Blumengarten unmittelbar vor dem Gebäude passierte.
Als er auf der Rückseite des Hauses angelangt war, zählte er stumm bis dreißig, damit seine Männer ihre Positionen einnehmen konnten. Unterdessen beobachtete er ein Dienstmädchen, das emsig damit beschäftigt war, einen großen Teppich auszuklopfen. Hoffentlich war sie bald fertig und ging ins Haus zurück.
Doch nachdem die junge Frau eine kurze Pause gemacht hatte, brachte sie den Teppichklopfer erneut in Anschlag und drosch auf den Teppich ein wie auf einen Feind. Nach ein paar Minuten ließ sie den Klopfer sinken und sah zufällig in die Richtung von Stephens Versteck.
Um Himmels willen! Es war Emily, die sich als Dienstmädchen verkleidet hatte!
Ohne darauf zu achten, ob ihn jemand beobachtete, pirschte Stephen sich durch das Heckendickicht an seine Ehefrau heran, zog sie rückwärts in das Gebüsch und presste ihr die Hand auf den Mund. „Was zur Hölle tust du hier?“
Emily erbleichte, gab jedoch keinen Laut von sich, nicht einmal, als er die Hand fortnahm.
„Ich hatte dir befohlen, in London zu bleiben, wo du sicher bist.“ Unsanft hielt er sie gepackt und hätte sie am liebsten durchgeschüttelt. Allein bei dem Gedanken, dass sie sich derart in Gefahr gebracht hatte, blieb ihm schier das Herz stehen. Glaubte sie, man würde sie nicht erkennen?
„Du bist nicht tot“, flüsterte sie ergriffen und hob die Hand an sein Gesicht. „Ich dachte …“
„Du dachtest, ich würde die Kinder auf eigene Faust retten?“ Er ließ ein abfälliges Schnauben hören. „Dann wäre ich fürwahr ein ausgemachter Trottel.“
Als ihm bewusst wurde, dass man sie womöglich sehen konnte, lockerte er seinen Griff. „Hör mir gut zu. Meine Männer umstellen das Haus und stürmen es auf mein Signal hin. Du musst sofort verschwinden und ins Dorf zurückkehren.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht. Ich …“
„Er will uns tot sehen, Emily, uns beide. Wir wissen zu viel über seine finsteren Machenschaften, als dass er uns am Leben lassen könnte.“ Es musste doch möglich sein, ihr begreiflich zu machen, dass Nigel niemand war, mit dem man vernünftig reden konnte.
„Ja, das weiß ich, aber …“
„Dann solltest du auch einsehen, dass du nicht in die Schusslinie geraten darfst. Was für ein idiotischer Einfall, allein hierherzukommen …“
Emily hielt ihm den Mund zu. „Wenn du mich nicht ständig unterbrechen würdest, könnte ich dir etwas Wichtiges erzählen. Quentin und dein Vater sind hier.“
Stephen hätte niemals geglaubt, dass er noch wütender werden konnte, aber er wurde es. „Du hast sie in die Sache hineingezogen?“
Sie starrte auf den Rasen, als sei Gras die interessanteste Vegetation der Welt. „Ich wollte dir helfen. Wir sind zusammen hergereist, und sie müssen kurz vor mir auf dem Anwesen eingetroffen sein. Ich glaube, sie sind mit Nigel im Salon.“
Verzweifelt schloss Stephen die Augen. Er hatte bereits einen Bruder verloren und würde nicht riskieren, dass auch noch Quentin starb. Und auch wenn sein Vater und er nicht immer einer Meinung waren, blieb ihm keine andere Wahl, als sich Nigel zu ergeben.
In Emilys Augen glitzerten Tränen. „Ich habe sie überredet, mich zu begleiten, weil ich dich liebe. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass dir etwas zustößt. Aber vermutlich war es idiotisch von mir, dir helfen zu wollen.“ Sie griff nach dem Teppichklopfer und marschierte aufs Haus zu. Als sie an der Teppichstange vorbeikam, holte sie aus und verpasste dem Teppich einen Schlag, der eine Staubwolke gen Himmel sandte. Stephen sah ihr nach, wie sie hoch erhobenen Hauptes
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