Charming Charly
Kapitel 1
Kanavirius System, Xevus3
Blauer Sektor, Spaceport, Betzlawk
27. Tag des Monats Jakus im Jahr 7067 Federationszeit
„W enn wir nicht bald jemanden finden, der uns nach Hause bringen kann, dreh ich durch“, sagte Lory gereizt und lief in der geräumigen Hotelsuite, die sie angemietet hatten, auf und ab.
Charly lümmelte sich auf der Couch und lutschte an einem Stück Konfekt, das sie am Morgen in einem der zahlreichen Shops in der Lobby gekauft hatte. Sie verstand die Aufregung ihrer Freundin nicht. Seit sie von dem Sklavenmarkt geflohen waren, wo man sie an widerliche Aliens verkaufen wollte, waren drei Wochen vergangen. Sie hatten Glück im Unglück gehabt und waren in den Besitz einer goldenen Tik-Karte gelangt, die unbegrenzte Credits bedeutete, und über eine Kellnerin war Lory mit einem Mann in Kontakt getreten, der sie mit einer falschen Identität ausgestattet hatte. Lory war nun Lady Kirikyla und Charly fungierte als ihre Sklavin. Mit dieser Identität hatten sie hier in einem der besten Hotels des Spaceports eingecheckt und versuchten seit zwei Wochen erfolglos, ein Raumschiff zu chartern, das sie nach Hause zur Erde bringen würde. Die Schwierigkeit bestand darin, dass sie keine Ahnung hatten, wo sich die Erde befand. Egal, wie gut sie versuchten, den blauen Planeten und das Sonnensystem zu beschreiben, niemand schien etwas über ihren Heimatplaneten zu wissen.
Außerirdische hatten sie und zwei andere Frauen einige Wochen zuvor entführt. Was aus Keela und Amber, den anderen beiden Frauen, geworden war, wussten sie nicht. Die beiden hatten es nicht geschafft, mit ihnen von dem Sklaven-Compound zu fliehen. Sie hatten vorsichtig versucht, etwas über sie herauszufinden, doch leider ohne Erfolg.
„Du hast echt die Ruhe weg!“, knurrte Lory ärgerlich. „Interessiert es dich überhaupt, dass wir hier schon bald drei Wochen festsitzen?“
„Was können wir tun?“, erwiderte Charly schulterzuckend. „Wir müssen auf die passende Gelegenheit warten und in der Zwischenzeit haben wir zumindest ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen. Besser könnte es uns doch gar nicht gehen.“
„Ich will aber von diesem verdammten Planeten weg“, sagte Lory gereizt. „Ich hab die Schnauze voll davon, dass Tussis mir mein Essen servieren, die sechs Arme haben, oder Typen mir den Lift öffnen, deren Augen zwanzig Zentimeter über ihren Köpfen auf Fühlern herumwackeln wie bei einer verdammten Schnecke!“
Charly kicherte. Ja, manche der Aliens waren wirklich gewöhnungsbedürftig. Doch es gab auch Rassen, die humanoid waren und sich von Menschen nicht oder nur wenig unterschieden. Eigentlich fühlte sich Charly hier sicherer als in ihrem kleinen, schäbigen Apartment zu Hause.
„Ich finde es nur schade, dass wir zu Hause niemandem davon erzählen können“, sagte sie. „Die würden uns gleich in die geschlossene stecken. Wenn ich nur mein iPhone dabeihätte … dann würde ich Bilder machen.“
Lory schnaubte. Sie wischte sich eine Strähne ihres schwarzen Haares, die sich aus dem Zopfband gelöst hatte, zurück und tappte unruhig mit dem Fuß.
„Ich geh jetzt erst einmal in die Bar und genehmige mir ein paar Drinks, dann fühl ich mich vielleicht besser. Kommst du mit?“
Charly sah sie an und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Als deine Sklavin?“
„O! Ich vergaß“, sagte Lory und blickte ein wenig zerknirscht drein. „Okay, soll ich dir irgendetwas mitbringen?“
„Wenn du noch was von dem Konfekt bekommen kannst. Das Zeug ist himmlisch.“ Charly schüttelte ihre beinahe leere Konfektschachtel energisch. Sie war auf dem besten Weg, nach dem Zeug süchtig zu werden.
„Ich werde sehen, was sich machen lässt. Bis später.“
Damit verließ Lory die Suite und Charly streckte sich seufzend auf der Couch aus. Sie fand das Leben hier gar nicht so übel. Vor allem da sie relativ luxuriös lebten, dank der Kreditkarte, die sie einer ermordeten Frau abgenommen hatten.
Zu Hause hatte Charly es nicht so gut gehabt. Ihre Mutter war gestorben, als sie erst fünf Jahre alt gewesen war, und ihr Vater hatte die sechs Kinder allein großgezogen. Charly war die Jüngste. Sie hatte zwei ältere Schwestern und drei ältere Brüder. Sie und ihr Bruder Steven waren die einzigen der Geschwister, die die roten Locken und grünen Augen ihres Vaters geerbt hatten. Alle anderen waren schwarzhaarig mit graublauen Augen wie ihre verstorbene Mutter. Charly hasste die Ähnlichkeit mit
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