Der Eden Effekt

Titel: Der Eden Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear

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Handfesseln durch und riss ihm das Klebeband vom Mund. »Sind Sie okay?«
    Über Schotts Gesicht rannen Tränen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er beugte sich hinunter und würgte. Der Mann zitterte wie Espenlaub. Schließlich holte er Luft und sagte: »Ist meine Familie in Sicherheit?«
    »Ja.«
    Skip zuckte zusammen, als ein Ein-Zylinder-Motor aufheulte. Sein Blick wanderte zu der gewundenen Zufahrtsstraße und fiel auf die KTM 450, die sich mit hoher Geschwindigkeit entfernte.
    »Unglaublich.«
    Er wusste sofort, wie sich alles abgespielt hatte. Mi Chan Li hatte die Werkstatt betreten und gesehen, dass Garibaldi tot war. Wahrscheinlich hatte sie die KTM vor der Tür entdeckt, als sie die Werkstatt verließ. Sie stieg auf die Maschine und rollte den grasbewachsenen Hang hinunter. Erst an der Straße startete sie das Motorrad und legte den zweiten Gang ein.
    »Skip?«, rief Maureen. »Die USB-Sticks! Verdammt! Sie sind weg!«
    Skip fluchte. Auf der langen Zufahrtsstraße schaltete Mi Chan Li in den nächsten Gang, und dann verschwand die KTM zwischen den Häusern aus seinem Blickfeld.
    »Verdammt, diese Frau ist wirklich gut!«
    Breitbeinig und die Hände in die Hüften gestemmt schaute Red French den Hang hinauf. »Anika? Alles in Ordnung? Komm runter, mein Schatz!«
    Anika kroch aus dem Versteck unter den Zweigen der hohen Tanne. Sie hielt ein Barrett .338, ein großes, schallgedämpftes Scharfschützengewehr mit einem Nightforce-Zielfernrohr, in der Hand. Ihr rotes Haar leuchtete im Sonnenlicht, als sie mit unsicheren Schritten den Hang hinunterging und beinahe stolperte.
    Skip stellte sich neben Red French. »Sie haben ihr beigebracht, wie ein Profi zu schießen, Major.«
    »Das war ihre Mutter. Es waren harte Zeiten auf dieser kleinen Ranch. Anika hat ihre erste Antilope mit neun Jahren geschossen. Als sie zwölf war, konnte sie einer Gabelantilope mit einem Schuss aus dreihundert Metern Entfernung das Genick brechen. Das schmeckte tausendmal besser als das, was Sie mir in die Plastiktüte gepackt haben.«
    Anika stand unter Schock. Fassungslos starrte sie ihren Dad an. »Du ... du warst die ganze Zeit hier? Ich konnte es gar nicht glauben, als Skip gerufen hat und du ... plötzlich hervorgekommen bist.«
    Der alte Major wurde tatsächlich rot. »Als Skip angerufen und mir erzählt hat, dass du entführt wurdest, habe ich es einfach nicht ausgehalten, mein Engel. Ich war nie da, wenn du mich brauchtest.«
    »Als du weg warst, bin ich schnell zu deinem Versteck geschlichen. Ich sah das Gewehr und was sie vorhatten ...« Anika schloss die Augen und lehnte sich erschöpft an ihren Vater. Das Barrett hing an ihrem erschlafften Arm. »Mein Gott. Ich habe Menschen erschossen. Mir ist übel.«
    Red strich ihr durchs Haar. »Tut mir leid, mein Schatz. Ich glaube, du musst nun ebenso wie ich damit leben.«
    Das Surren mehrerer Hubschrauber hallte durch das Tal.
    Skip drehte sich um und schaute nach Norden. Vier Militärhubschrauber flogen in Formation. »Ich glaube, sie haben schließlich herausgefunden, wo Maureen steckt.«
    Red betrachtete die nahenden Hubschrauber. »Warum habe ich das Gefühl, dass sie uns gleich ordentlich die Hölle heißmachen?«
    »Ich hab Anika zwar da rausgeholt, aber jetzt müssen sie die verdammten USB-Sticks von Li zurückkaufen. Und das Land steckt ohnehin bis zum Hals in Schulden.«

EPILOG

    HOCH IN DEN Bergen von Colorado saß Skip an der alten Theke der Buffalo Bar und schaute auf den antiken Spiegel. Durch die geöffnete Tür konnte er die Hauptstraße von Idaho Springs und seine BMW sehen, die auf dem Seitenständer stand. Die Sonne schien auf den Tank, die Verkleidung, die Satteltaschen und den Motorradkoffer. Skip zuckte zusammen, als drei große Harleys mit kurzen Auspuffrohren die Straße hinunterfuhren. Die Maschinen dröhnten so laut, dass die Fensterscheiben in den historischen Häusern der Stadt bebten.
    Skip legte eine Hand auf seinen Zündschlüssel auf der verkratzten Holztheke. Im Laufe der Jahre hatten hier schon Generationen von Goldgräbern, Touristen, Einheimischen und unzählige Motorradfahrer wie er selbst gesessen. Die Kneipe war bekannt für ihre hervorragende Pizza und die Büffelburger.
    Skip trank noch einen Schluck Bier und rieb sich den Nacken. Das melodische Dröhnen von getunten Auspuffrohren erregte seine Aufmerksamkeit. Er schaute hinaus und sah, wie eine BMW 1000 RR vor der Kneipe anhielt. Die große, schlanke Frau parkte geschickt neben seiner