Der einsame Baum - Covenant 05
Caamora . Für den Bruchteil einer Sekunde leckten die gelben Flammen an ihrem Fleisch. Das Anfangsgefühl des Verbranntwerdens schoß an ihren Nerven entlang.
Da bemerkte Covenant die Gefahr. Sofort versuchte er, Linden zurückzuholen. Augenblicklich krallte sich Linden mit jedem Finger ihrer Leidenschaft an die Verbindung. Geleitet von der Wahrnehmung ihrer Sinne, begann sie sich zum Ursprungsort des Bands zurückzukämpfen.
Die Umgebung nahm ein unwirkliches Aussehen an, als ob sie aus Nebel bestünde, dann zerstob sie, als die Winde zwischen den Sternen sie durchfuhren. Der Stein unter Lindens Füßen verschwand im Finstern. Covenants hingestreckte Gestalt verflüchtigte sich, wurde unsichtbar. Linden begann, hell wie ein Komet, in die endlosen Abgründe des Alls zu fallen.
Während sie stürzte, versuchte sie ihm Worte zu übermitteln. Du mußt mit mir kommen! Das ist der einzige Weg, wie ich dich retten kann! Doch plötzlich erlosch alle Energie, als wäre Covenant selbst ausgelöscht worden. Lindens psychischer Sturz zwischen die Sterne schien zu einem körperlichen Fallen zu werden, einem Fall aus einer Höhe, wie ihn kein menschlicher Körper überleben konnte. Ihr Herz wollte schreien, doch da war keine Luft, war nie Luft gewesen, ihre Lungen vermochten mit diesem Äther, durch den sie fiel, nichts anzufangen. Sie war über die Wendemarke ihres Schicksals gestolpert. Kein Schrei verblieb, der noch einen Unterschied bedeutet hätte.
Dazu außerstande, sich abzufangen, torkelte sie vornüber und sackte mit dem Gesicht auf den Steinboden der Höhle. Ihr Pulsschlag raste, ihr Herz wummerte. Erinnerungen an das Feuer glühten auf ihrer Haut. Ein längerer Moment verging, ehe sie merkte, daß sie keine Verbrennungen erlitten hatte.
Hände halfen ihr. Sie benötigte ihre Hilfe. Ihr Hirn war umnachtet von überhöhter Furcht. Der Stein schien unter ihr zu rucken und zu beben. Aber die Hände richteten sie auf. Sie erkannte die Natur ihrer Stärke; es handelte sich um die Hände eines Haruchai , Cails Hände. Ihr Beistand war ihr willkommen.
Doch Linden war völlig geblendet. Unter ihr zitterte tatsächlich der steinerne Untergrund. Die ganze Insel hatte zu beben begonnen wie vor einem Vulkanausbruch. Kein Licht war vorhanden. Die aus der Aura der Schlange des Weltenendes entstandenen Sterne waren verschwunden. Covenants Feuer war fort. Blind von den verschiedenartigen Energien und von Verzweiflung, verweigerten Lindens Augen die Anpassung. Sämtliche Gefährten blieben ihr unsichtbar. Genausogut hätten sie umgekommen sein können.
Linden wendete alle Mühe auf, deren sie noch fähig war, um das unruhige Umfeld der Schlange mit ihrer Wahrnehmung zu durchdringen; aber als sie an Cail vorüberblinzelte, sah sie nur Seeträumers Leichnam. Er ruhte unter dem Stamm des Einholzbaums in Blankehans' Armen, als wären ihm die Knochen im tapferen Leib zu Schlacke verbrannt worden. Sein Anblick erschütterte Linden. Ankertau Seeträumer, unfreiwilliges Opfer von Erd-Sicht und Stummheit. Er hatte mit seinem Leben nichts anfangen können, als es in dem Versuch hinzugeben, die Menschen zu schützen, die ihm am meisten bedeuteten. Auch an ihm hatte sie versagt.
Aber dann gewahrte sie auch Blankehans und merkte, daß der Kapitän in mühsamen, harschen Seufzern des Grams atmete. Er lebte. Diese Wahrnehmung, so hatte Linden den Eindruck, vervollständigte ihre Rückkehr, versetzte sie vollends wieder in die Mitte ihrer Freunde. Allmählich konnte sie sich, indem ihre Augen sich umstellten, in der Düsternis zurechtfinden.
»Ach, Auserwählte«, sagte Pechnase gedämpft. »Auserwählte.« Kummer ließ seine Stimme dumpf klingen.
Ein kurzes Stück von Blankehans und Seeträumer entfernt saß Covenant mit gespreizten Beinen auf dem Steinboden. Er wirkte, als sei er sich der Gewalt, die unter der Insel anschwoll, nicht bewußt. Er starrte den unnahbaren Einholzbaum an, den Rücken gebeugt, als hätte man ihm die Wirbelsäule gebrochen.
Die Erste und Pechnase standen beieinander, verharrten zwischen Covenant und Blankehans wie versteinert, handlungsunfähig aufgrund ihres Unvermögens, für den Schmerz des einen oder anderen irgendeinen Trost zu finden. Die Erste hielt noch immer ihr Schwert, aber es war nutzlos geworden. Das Gesicht ihres Gatten war voll von lautlosem Weinen.
Ein paar Schritte abseits stand Hohl, zeigte sein schwarzes Lächeln, als schere die hölzerne Verunstaltung seines rechten Unterarms ihn nicht im
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