Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
schlingen, um sich gegen Covenants enorme Erleichterung, Findails turbulentes Glöckchenläuten der Bestürzung, die besorgte Betroffenheit ihrer Freunde abschirmen zu können – und Infelizitas' Ausstrahlung ungeduldigen Eifers.
    »Komm!« sagte die Elohim sofort zu Covenant. »Laß uns beginnen!« Und ihre innere Stimme ergänzte: Wir wollen, wie es unsere Absicht war, die Hand des Schweigens an ihn legen. Unwillkürlich drehte sich Linden, sah Infelizitas' und Covenants Aufmerksamkeit aufeinander gerichtet, als wäre einer vom anderen mit einem Bann belegt worden. Der Glanz der Elohim glich dem Wahrzeichen eines durch größte Geschicklichkeit errungenen Triumphs. Und Covenant stand mit gestrafften Schultern und hocherhobenem Kopf da, an das Kreuz seines allumfassenden Verhängnisses gestemmt. Hätte er gezögert, um zu lächeln, Linden hätte zu schreien angefangen.
    Während ihr Gewand langsam wehte und wallte wie ein Wogen von Juwelen, stieg Infelizitas von der Hügelkuppe. Ihre Kräfte wirkten so sehr wie eine Funktion ihrer Existenz, als wäre sie dafür geboren worden. Wie wohltuender abendlicher Lufthauch näherte sie sich Covenant und verharrte vor ihm. Als sie ihre Hand an seine Stirn legte, zerriß ein Laut der Qual die stille Luft über der Erhebung.
    Ein schrilles Aufheulen, das sich wie mit Fangzähnen ins Gehör grub, brach aus Covenants Brust. Er sackte auf die Knie. Alle Muskeln in seinem Gesicht und an seinem Hals krampften sich zusammen. Seine Hände fuhren an die Schläfen hoch, als drohe ihm der Schädel zu bersten. Konvulsionen ließen ihn hilflos auf die Seiten seines Kopfes einschlagen. Fast wie eins sprangen Linden und die Riesen auf ihn zu. Aber bevor sie zu ihm gelangen konnten, verwandelte sich sein Heulen in ein Kreischen wilder Magie. Weiße Flammen schossen in sämtliche Richtungen. Infelizitas wich zurück. Der Fels der Anhöhe erbebte. Linden und Pechnase fielen hin. Zu Dutzenden nahmen die Elohim andere Gestalt an, um sich zu schützen. Die Erste riß ihr Schwert heraus, als hinge davon ihr Gleichgewicht ab. Sie schrie wutentbrannt auf Infelizitas ein; aber im Röhren von Covenants Glut war ihre Stimme überhaupt nicht zu hören. Linden raffte sich auf Hände und Knie hoch, und da bot sich ihr ein Anblick, bei dem ihr das Blut in den Adern zu stocken schien.
    Dies Feuer war anders als jedes, das sie je gesehen hatte. Es fuhr nicht aus Covenants Ring, nicht aus seiner Halbhand, die auf seine Schläfe eindrosch. Es entsprang direkt seiner Stirn, als zerstöbe ihm das Hirn in Silberglut. Zuerst flackerten und lohten die Flammen nach allen Seiten, als verschleuderten sie Covenants wahnsinnige Pein ringsum auf den Hügel. Doch da durchtönte ein Tumult von Glöckchen die Luft, sie läuteten in einem Klang der Beschwörung, verliehen dem Willen der Elohim Gewalt; und das Feuer begann sich zu verändern. Allmählich verwandelte es sich in einen heißen Glanz, so schroff und weiß, als wäre alles Leid der Welt darin verschmolzen. Instinktiv bedeckte Linden ihre Augen. Eine derartig grelle Helligkeit hätte sie blenden müssen. Aber das war nicht der Fall. Obwohl sie ihr ins Gesicht gloste, als schaue sie in den Hochofen der Sonne, blieb das Licht erträglich. Und in seiner klaren Mitte entstanden Bilder. Eines nach dem anderen zeigten sie sich inmitten des Gleißens.
    Ein kleines Mädchen, ein Kind in blauem Kleid, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, stand mit dem Rücken an einen dunklen Baumstamm gepreßt. Obwohl kein Ton zu hören war, schrie es in unverhohlenem Entsetzen, weil sich vor seinen bloßen Beinen eine Klapperschlange wand. Dann verschwand die Schlange, hinterließ im hellen Fleisch am Schienbein des Kindes zwei fatale rote Bißwunden. Covenant wankte ins Bild. Vom Kopf bis zu den Füßen sah er mißbraucht und mitgenommen aus. Blut rann ihm aus einer unbehandelten Verletzung seiner Lippen von der Stirn. Er nahm das Mädchen in die Arme, versuchte es zu trösten. Beide sprachen, aber das Bild blieb stumm. Covenant klaubte ein Taschenmesser heraus, klappte es auf. Mit dem Schnürsenkel eines seiner Stiefel band er das Bein ab. Dann hielt er das Mädchen in fester Umarmung und setzte das Messer am betroffenen Schienbein an. In diesem Moment wechselte das Bild. Klingen schlitzten Covenant die Handgelenke auf, erst das eine, dann das andere, zogen auf ihnen Striche des Todes. Blut strömte. Er kniete hilflos in einer Lache roter Leidenschaft, während Mitglieder der

Weitere Kostenlose Bücher