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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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noch jetzt alle »Diener Gottes« die Hand boten, um den Lästerer zu strafen, wie sie eben heute noch dem Heiligen ihre Hand leihen. Jene Hingebung an das Heilige bewirkt denn auch, daß man, ohne lebendigen, eigenen Anteil, die Übeltäter nur in die Hände der Polizei und Gerichte liefert: ein teilnahmsloses Überantworten an die Obrigkeit, »die ja das Heilige aufs Beste verwalten wird«. Das Volk ist ganz toll darauf, gegen Alles die Polizei zu hetzen, was ihm unsittlich, oft nur unanständig zu sein scheint, und diese Volkswut für das Sittliche beschützt mehr das Polizeiinstitut, als die Regierung es nur irgend schützen könnte.
    Im Verbrechen hat sich seither der Egoist behauptet und das Heilige verspottet: der Bruch mit dem Heiligen, oder vielmehr des Heiligen kann allgemein werden. Eine Revolution kehrt nicht wieder, aber ein gewaltiges, rücksichtsloses, schamloses, gewissenloses, stolzes – Verbrechen , grollt es nicht in fernen Donnern, und siehst Du nicht, wie der Himmel ahnungsvoll schweigt und sich trübt?
    Wer sich weigert, seine Kräfte für so beengte Gesellschaften, wie Familie, Partei, Nation zu verwenden, der sehnt sich immer noch nach einer würdigeren Gesellschaft und meint etwa in der »menschlichen Gesellschaft« oder der »Menschheit« das wahre Liebesobjekt gefunden zu haben, dem sich zu opfern seine Ehre ausmache: von nun an »lebt und dient er der Menschheit «.
    Volk heißt der Körper, Staat der Geist jener herrschenden Person, die seither Mich unterdrückt hat. Man hat Völker und Staaten dadurch verklären wollen, daß man sie zur »Menschheit« und »allgemeinen Vernunft« erweiterte; allein die Knechtschaft würde bei dieser Ausweitung nur noch intensiver werden, und die Philanthropen und Humanen sind so absolute Herrn als die Politiker und Diplomaten.
    Neuere Kritiker eifern gegen die Religion, weil sie Gott, das Göttliche, Sittliche usw. außer dem Menschen setze oder zu etwas Objektivem mache, wogegen sie eben diese Subjekte vielmehr in den Menschen verlegen. Allein in den eigentlichen Fehler der Religion, dem Menschen eine »Bestimmung« zu geben, verfallen jene Kritiker nicht minder, indem auch sie ihn göttlich, menschlich u. dgl. wissen wollen: Sittlichkeit, Freiheit und Humanität usw. sei sein Wesen. Und wie die Religion, so wollte auch die Politik den Menschen » erziehen «, ihn zur Verwirklichung seines »Wesens«, seiner »Bestimmung« bringen, etwas aus ihm machen , nämlich einen »wahren Menschen«, die eine in der Form des »wahren Gläubigen«, die andere in der des »wahren Bürgers oder Untertanen«. In der Tat kommt es auf Eins hinaus, ob man die Bestimmung das Göttliche oder Menschliche nennt.
    Unter Religion und Politik befindet sich der Mensch auf dem Standpunkte des Sollens : er soll dies und das werden, soll so und so sein. Mit diesem Postulat, diesem Gebote tritt nicht nur Jeder vor den Andern hin, sondern auch vor sich selbst. Jene Kritiker sagen: Du sollst ein ganzer, ein freier Mensch sein. So stehen auch sie in der Versuchung, eine neue Religion zu proklamieren, ein neues Absolutes, ein Ideal aufzustellen, nämlich die Freiheit. Die Menschen sollen frei werden. Da könnten selbst Missionäre der Freiheit erstehen, wie das Christentum in der Überzeugung, daß Alle eigentlich dazu bestimmt seien, Christen zu werden, Missionäre des Glaubens aussandte. Die Freiheit würde dann, wie bisher der Glaube als Kirche, die Sinnlichkeit als Staat, so als eine neue Gemeinde sich konstituieren und von ihr aus eine gleiche »Propaganda« betreiben. Allerdings läßt sich gegen ein Zusammentreten kein Einwand aufbringen; um so mehr aber muß man jeder Erneuerung der alten Fürsorge , der Heranbildung, kurz dem Prinzipe, aus Uns etwas zu machen , gleichviel ob Christen, Untertanen oder Freie und Menschen, entgegentreten.
    Wohl kann man mit Feuerbach und Andern sagen, daß die Religion das Menschliche aus dem Menschen hinausgerückt und in ein Jenseits so verlegt habe, daß es dort unerreichbar als ein für sich Persönliches, als ein »Gott« sein eigenes Dasein führte; allein der Irrtum der Religion ist damit keineswegs erschöpft. Man könnte sehr wohl die Persönlichkeit des entrückten Menschlichen fallen lassen, könnte den Gott ins Göttliche verwandeln, und man bliebe dennoch religiös. Denn das Religiöse besteht in der Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Menschen, d. h. in der Aufstellung einer zu erstrebenden » Vollkommenheit «, in dem »nach

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