Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
Vom Netzwerk:
»Frechheit« erhoben, darüber hinaus eine Frage zu stellen und das Christentum vor deinen egoistischen Richterstuhl zu ziehen. Du hast Dich am Christentum, dieser Parteisache (denn z. B. Sache der Juden, einer andern Partei, ist sie doch nicht) – versündigt . Aber wohl Dir, wenn Du Dich nicht schrecken lässest: deine Frechheit verhilft Dir zur Eigenheit.
    So könnte ein Egoist also niemals Partei ergreifen oder Partei nehmen? Doch, nur kann er sich nicht von der Partei ergreifen und einnehmen lassen. Die Partei bleibt für ihn allezeit nichts als eine Partie : er ist von der Partie, er nimmt teil.
    Der beste Staat wird offenbar derjenige sein, welcher die loyalsten Bürger hat, und je mehr der ergebene Sinn für Gesetzlichkeit sich verliert, umso mehr wird der Staat[,] dieses System der Sittlichkeit, dieses sittliche Leben selbst, an Kraft und Güte geschmälert werden. Mit den »guten Bürgern« verkommt auch der gute Staat und löst sich in Anarchie und Gesetzlosigkeit auf. »Achtung vor dem Gesetze!« Durch diesen Kitt wird das Staatsganze zusammengehalten. »Das Gesetz ist heilig, und wer daran frevelt, ein Verbrecher. « Ohne Verbrechen kein Staat: die sittliche Welt – und das ist der Staat – steckt voll Schelme, Betrüger, Lügner, Diebe usw. Da der Staat die »Herrschaft des Gesetzes«, die Hierarchie desselben ist, so kann der Egoist in allen Fällen, wo sein Nutzen gegen den des Staates läuft, nur im Wege des Verbrechens sich befriedigen.
    Der Staat kann den Anspruch nicht aufgeben, daß seine Gesetze und Anordnungen heilig seien. Dabei gilt dann der Einzelne gerade so für den Unheiligen (Barbaren, natürlichen Menschen, »Egoisten«) gegenüber dem Staate, wie er von der Kirche einst betrachtet wurde; vor dem Einzelnen nimmt der Staat den Nimbus eines Heiligen an. So erläßt er ein Duellgesetz. Zwei Menschen, die beide darüber einig sind, daß sie ihr Leben für eine Sache (gleichviel welche) einsetzen wollen, sollen dies nicht dürfen, weil's der Staat nicht haben will: er setzt eine Strafe darauf. Wo bleibt da die Freiheit der Selbstbestimmung? Ganz anders verhält es sich schon, wann, wie z. B. in Nordamerika, sich die Gesellschaft dazu bestimmt, die Duellanten gewisse üble Folgen ihrer Tat tragen zu lassen, z. B. Entziehung des bisher genossenen Kredits. Den Kredit zu verweigern, das ist Jedermanns Sache, und wenn eine Sozietät ihn aus diesem oder jenem Grunde entziehen will, so kann sich der Betroffene deshalb nicht über Beeinträchtigung seiner Freiheit beklagen: die Sozietät macht eben nur ihre eigene Freiheit geltend. Das ist keine Sündenstrafe, keine Strafe für ein Verbrechen. Das Duell ist da kein Verbrechen, sondern nur eine Tat, wider welche die Sozietät Gegenmaßregeln ergreift, eine Abwehr statuiert. Der Staat hingegen stempelt das Duell zu einem Verbrechen, d. h. zu einer Verletzung seines heiligen Gesetzes: er macht es zu einem Kriminalfall. Überläßt jene Sozietät es dem Beschlusse des Einzelnen, ob er sich üble Folgen und Ungelegenheiten durch seine Handlungsweise zuziehen wolle, und erkennt sie hierdurch seinen freien Entschluß an, so verfährt der Staat gerade umgekehrt, indem er dem Entschlusse des Einzelnen alles Recht abspricht, und dafür dem eigenen Beschlusse, dem Staatsgesetze, das alleinige Recht zuerkennt, so daß, wer gegen das Gebot des Staates sich vergeht, so angesehen wird, als handle er wider Gottes Gebot; eine Ansicht, welche gleichfalls von der Kirche eingehalten wurde. Gott ist da der Heilige an und für sich, und die Gebote der Kirche wie des Staates sind die Gebote dieses Heiligen, die er der Welt durch seine Gesalbten und Gottesgnaden-Herrn zustellt. Hatte die Kirche Todsünden , so hat der Staat todeswürdige Verbrechen , hatte sie Ketzer , so hat er Hochverräter , jene Kirchenstrafen , er Kriminalstrafen , jene inquisitorische Prozesse, er fiskalische , kurz dort Sünden, hier Verbrechen, dort Sünder, hier Verbrecher, dort Inquisition und hier – Inquisition. Wird die Heiligkeit des Staats nicht gleich der kirchlichen fallen? Der Schauer seiner Gesetze, die Ehrfurcht vor seiner Hoheit, die Demut seiner »Untertanen«, wird dies bleiben? Wird das »Heiligengesicht« nicht verunziert werden?
    Welch' eine Torheit, von der Staatsgewalt zu verlangen, daß sie mit dem Einzelnen einen ehrlichen Kampf eingehen und, wie man bei der Preßfreiheit sich ausdrückt, Sonne und Wind gleich teilen solle. Wenn der Staat, dieser Gedanke, eine geltende

Weitere Kostenlose Bücher