Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
eigenes, das Lehen ungestört. Dies nennt der Kodex dann so: Eigentum ist, was ich »von Gottes und Rechts wegen« mein nenne. Von Gottes und Rechts wegen ist es aber nur mein, solange – der Staat nichts dagegen hat.
In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Ähnlichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbschaften einzieht, wenn die Erben sich nicht zeitig genug melden) springt ja das sonst verdeckte Prinzip, daß nur das Volk , »der Staat«, Eigentümer sei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in die Augen.
Der Staat, dies wollte Ich sagen, kann nicht beabsichtigen, daß Jemand um sein [er] selbst willen Eigentum habe, oder gar reich, ja nur wohlhabend sei, er kann Mir als Mir nichts zuerkennen, zukommen lassen, nichts gewähren. Der Staat kann dem Pauperismus nicht steuern, weil die Pauvretät des Besitzes eine Pauvretät Meiner ist. Wer nichts ist, als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein Anderer ihm gibt. Und dieser Andere wird ihm nur geben , was jener verdient , d. h. was er durch Dienen wert ist. Nicht Er verwertet sich, sondern der Staat verwertet ihn.
Die Nationalökonomie beschäftigt sich viel mit diesem Gegenstande. Er liegt indes weit über das »Nationale« hinaus und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der nur Staatseigentum kennt und nur dieses verteilen kann. Deshalb knüpft er den Besitz des Eigentums an Bedingungen , wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem er nur die von ihm sanktionierte Ehe gelten läßt, und sie meiner Gewalt entreißt. Eigentum ist aber nur mein Eigentum, wenn Ich dasselbe unbedingt inne habe: nur Ich, als unbedingtes Ich, habe Eigentum, schließe ein Liebesverhältnis, treibe freien Handel.
Der Staat bekümmert sich nicht um Mich und das Meine, sondern um Sich und das Seine: Ich gelte ihm nur als sein Kind etwas, als »Landeskind«, als Ich bin Ich gar nichts für ihn. Was Mir als Ich begegnet, ist für den Verstand des Staates etwas Zufälliges : mein Reichtum wie meine Verarmung. Bin Ich aber mit allem Meinigen für ihn ein Zufall, so beweist dies, daß er Mich nicht begreifen kann: Ich gehe über seine Begriffe, oder sein Verstand ist zu kurz, um Mich zu begreifen. Darum kann er auch nichts für Mich tun.
Der Pauperismus ist die Wertlosigkeit Meiner , die Erscheinung, daß Ich Mich nicht verwerten kann. Deshalb ist Staat und Pauperismus Ein und dasselbe. Der Staat läßt Mich nicht zu meinem Werte kommen und besteht nur durch meine Wertlosigkeit: er geht allezeit darauf aus, von Mir Nutzen zu ziehen , d. h. Mich zu exploitieren, auszubeuten, zu verbrauchen, bestände dieser Verbrauch auch nur darin, daß Ich für eine proles sorge (Proletariat); er will, Ich soll »seine Kreatur« sein.
Nur dann kann der Pauperismus gehoben werden, wenn Ich als Ich Mich verwerte , wenn Ich Mir selber Wert gebe, und meinen Preis selber mache. Ich muß Mich empören, um emporzukommen.
Was Ich schaffe, Mehl, Leinwand oder Eisen und Kohlen, die Ich der Erde mühsam abgewinne, usw., es ist meine Arbeit, die Ich verwerten will. Da kann Ich aber lange klagen, meine Arbeit werde Mir nicht nach ihrem Werte bezahlt; es wird der Bezahlende Mich nicht hören und der Staat gleichfalls so lange apathisch sich verhalten, bis er glaubt, Mich »beschwichtigen« zu müssen, damit Ich nicht mit meiner gefürchteten Gewalt hervorbreche. Bei dieser »Beschwichtigung« aber wird es sein Bewenden haben, und fällt Mir mehr zu verlangen ein, so wendet sich der Staat wider Mich mit aller Kraft seiner Löwentatzen und Adlerklauen: denn er ist der König der Tiere, ist Löwe und Adler. Lasse Ich Mir nicht genügen an dem Preise, den er für meine Ware und Arbeit festsetzt, trachte Ich vielmehr, den Preis meiner Ware selbst zu bestimmen, d. h. »Mich bezahlt zu machen«, so gerate Ich zunächst mit den Abnehmern der Ware in einen Konflikt. Löste sich dieser durch ein Übereinkommen von beiden Seiten, so würde der Staat nicht leicht Einwendungen machen; denn wie die Einzelnen miteinander fertig werden, kümmert ihn wenig, so fern sie ihm dabei nur nicht in den Weg kommen. Sein Schaden und seine Gefahr beginnt erst da, wo sie nicht miteinander auskommen, sondern, weil keine Ausgleichung stattfindet, sich bei den Köpfen fassen. Der Staat kann es nicht dulden, daß der Mensch zum Menschen in einem direkten Verhältnisse stehe; er muß dazwischentreten als – Mittler , muß – intervenieren. Was
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