Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
der Empfänger mit seinen Gesetzen, seinen Institutionen usw., die jener doch alle bezahlen muß, gar nicht existierte. Und dabei liebt der arme Wicht seinen Herrn doch.
Nein, die Gemeinschaft, als das »Ziel« der bisherigen Geschichte, ist unmöglich. Sagen Wir Uns vielmehr von jeder Heuchelei der Gemeinschaft los und erkennen Wir, daß, wenn Wir als Menschen gleich sind, Wir eben nicht gleich sind, weil Wir nicht Menschen sind. Wir sind nur in Gedanken gleich, nur wenn »Wir« gedacht werden, nicht wie Wir wirklich und leibhaftig sind. Ich bin Ich, und Du bist Ich, aber Ich bin nicht dieses gedachte Ich, sondern dieses Ich, worin Wir alle gleich sind, ist nur mein Gedanke. Ich bin Mensch und Du bist Mensch, aber »Mensch« ist nur ein Gedanke, eine Allgemeinheit; weder Ich noch Du sind sagbar, Wir sind unaussprechlich , weil nur Gedanken sagbar sind und im Sagen bestehen.
Trachten Wir darum nicht nach der Gemeinschaft, sondern nach der Einseitigkeit. Suchen Wir nicht die umfassendste Gemeinde, die »menschliche Gesellschaft«, sondern suchen Wir in den Andern nur Mittel und Organe, die Wir als unser Eigentum gebrauchen! Wie Wir im Baume, im Tiere nicht Unsersgleichen erblicken, so entspringt die Voraussetzung, daß die Andern Unsersgleichen seien, aus einer Heuchelei. Es ist Keiner Meinesgleichen , sondern gleich allen andern Wesen betrachte Ich ihn als mein Eigentum. Dagegen sagt man Mir, Ich soll Mensch unter »Mitmenschen« sein (Judenfrage S. 60), Ich soll in ihnen den Mitmenschen »respektieren«. Es ist Keiner für Mich eine Respektsperson, auch der Mitmensch nicht, sondern lediglich wie andere Wesen ein Gegenstand , für den Ich Teilnahme habe oder auch nicht, ein interessanter oder uninteressanter Gegenstand, ein brauchbares oder unbrauchbares Subjekt.
Und wenn Ich ihn gebrauchen kann, so verständige Ich wohl und einige Mich mit ihm, um durch die Übereinkunft meine Macht zu verstärken und durch gemeinsame Gewalt mehr zu leisten, als die einzelne bewirken könnte. In dieser Gemeinsamkeit sehe Ich durchaus nichts anderes, als eine Multiplikation meiner Kraft, und nur solange sie meine vervielfachte Kraft ist, behalte Ich sie bei. So aber ist sie ein – Verein.
Den Verein hält weder ein natürliches noch ein geistiges Band zusammen, und er ist kein natürlicher, kein geistiger Bund. Nicht Ein Blut , nicht Ein Glaube (d. h. Geist) bringt ihn zu Stande. In einem natürlichen Bunde, – wie einer Familie, einem Stamme, einer Nation, ja der Menschheit – haben die Einzelnen nur den Wert von Exemplaren derselben Art oder Gattung; in einem geistigen Bunde – wie einer Gemeinde, einer Kirche – bedeutet der Einzelne nur ein Glied desselbigen Geistes; was Du in beiden Fällen als Einziger bist, das muß – unterdrückt werden. Als Einzigen kannst Du Dich bloß im Vereine behaupten, weil der Verein nicht Dich besitzt, sondern Du ihn besitzest oder Dir zu Nutze machst.
Im Vereine, und nur im Vereine, wird das Eigentum anerkannt, weil man das Seine von keinem Wesen mehr zu Lehen trägt. Die Kommunisten führen nur konsequent weiter, was während der religiösen Entwicklung und namentlich im Staate längst vorhanden war, nämlich die Eigentumslosigkeit, d. h. das Feudalwesen.
Der Staat bemüht sich den Begehrlichen zu zähmen, mit andern Worten, er sucht dessen Begierde allein auf ihn zu richten und mit dem sie zu befriedigen , was er ihr bietet. Die Begierde um des Begehrlichen willen zu sättigen, kommt ihm nicht in den Sinn: im Gegenteil schilt er den die ungezügelte Begierde atmenden Menschen einen »egoistischen«, und der »egoistische Mensch« ist sein Feind. Er ist dies für ihn, weil die Befähigung, mit demselben zurecht zu kommen, dem Staate abgeht, der gerade den Egoisten nicht »begreifen« kann. Da es dem Staate, wie nicht anders möglich, lediglich um sich zu tun ist, so sorgt er nicht für meine Bedürfnisse, sondern sorgt nur, wie er Mich umbringe, d. h. ein anderes Ich aus Mir mache, einen guten Bürger. Er trifft Anstalten zur »Sittenverbesserung«. – Und womit gewinnt er die Einzelnen für sich? Mit Sich, d. h. mit dem, was des Staates ist, mit Staatseigentum. Er wird unablässig tätig sein, Alle seiner »Güter« teilhaftig zu machen, Alle mit den »Gütern der Kultur« zu bedenken: er schenkt ihnen seine Erziehung, öffnet ihnen den Zugang zu seinen Kulturanstalten, befähigt sie auf den Wegen der Industrie zu Eigentum, d. h. zu Lehen zu kommen usw. Für all dies Lehen fordert er
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