Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
die für das »Wohl Aller« sorgt, für das, wobei Dir wohl ist, zu sorgen sich weislich hüten. Indem der Kommunismus das Wohl Aller proklamiert, vernichtet er gerade das Wohlsein derer, welche seither von ihren Renten lebten und sich dabei wahrscheinlich wohler befanden, als bei der Aussicht auf die strengen Arbeitsstunden Weitlings. Dieser behauptet daher, bei dem Wohle von Tausenden könne das Wohl von Millionen nicht bestehen, und jene müßten ihr besonderes Wohl aufgeben »um des allgemeinen Wohles willen«. Nein; man fordere die Leute nicht auf, für das allgemeine Wohl ihr besonderes zu opfern, denn man kommt mit diesem christlichen Anspruch nicht durch; die entgegengesetzte Mahnung, ihr eigenes Wohl sich durch Niemand entreißen zu lassen, sondern es dauernd zu gründen, werden sie besser verstehen. Sie werden dann von selbst darauf geführt, daß sie am besten für ihr Wohl sorgen, wenn sie sich mit Andern zu diesem Zwecke verbinden , d. h. »einen Teil ihrer Freiheit opfern«, aber nicht dem Wohle Aller, sondern ihrem eigenen. Eine Appellation an die aufopfernde Gesinnung und die selbstverleugnende Liebe der Menschen sollte endlich ihren verführerischen Schein verloren haben, nachdem sie hinter einer Wirksamkeit von Jahrtausenden nichts zurückgelassen als die heutige – Misere. Warum denn immer noch fruchtlos erwarten, daß die Aufopferung Uns bessere Zeiten bringen soll; warum nicht lieber von der Usurpation sie hoffen? Nicht mehr von den Gebenden, Schenkenden, Liebevollen kommt das Heil, sondern von den Nehmenden , den Aneignenden (Usurpatoren), den Eignern. Der Kommunismus und, bewußt oder unbewußt, der den Egoismus lästernde Humanismus zählt immer noch auf die Liebe.
Ist einmal die Gemeinschaft dem Menschen Bedürfnis und findet er sich durch sie in seinen Absichten gefördert, so schreibt sie ihm auch, weil sein Prinzip geworden, sehr bald ihre Gesetze vor, die Gesetze der – Gesellschaft. Das Prinzip der Menschen erhebt sich zur souveränen Macht über sie, wird ihr höchstes Wesen, ihr Gott, und als solcher – Gesetzgeber. Der Kommunismus gibt diesem Prinzip die strengste Folge, und das Christentum ist die Religion der Gesellschaft, denn Liebe ist, wie Feuerbach richtig sagt, obgleich er's nicht richtig meint, das Wesen des Menschen, d. h. das Wesen der Gesellschaft oder des gesellschaftlichen (kommunistischen) Menschen. Alle Religion ist ein Kultus der Gesellschaft, dieses Prinzipes, von welchem der gesellschaftliche (kultivierte) Mensch beherrscht wird; auch ist kein Gott der ausschließliche Gott eines Ichs, sondern immer der einer Gesellschaft oder Gemeinschaft, sei es der Gesellschaft »Familie« (Lar, Penaten) oder eines »Volkes« (»Nationalgott«) oder »aller Menschen« (»er ist ein Vater aller Menschen«).
Somit hat man allein dann Aussicht, die Religion bis auf den Grund zu tilgen, wenn man die Gesellschaft und alles, was aus diesem Prinzipe fließt, antiquiert. Gerade aber im Kommunismus sucht dies Prinzip zu kulminieren, da in ihm Alles gemeinschaftlich werden soll, zur Herstellung der – »Gleichheit«. Ist diese »Gleichheit« gewonnen, so fehlt auch die »Freiheit« nicht. Aber wessen Freiheit? die der Gesellschaft ! Die Gesellschaft ist dann Alles in Allem, und die Menschen sind nur »füreinander«. Es wäre die Glorie des – Liebes-Staates.
Ich will aber lieber auf den Eigennutz der Menschen angewiesen sein, als auf ihre »Liebesdienste«, ihre Barmherzigkeit, Erbarmen usw. Jener fordert Gegenseitigkeit (wie Du Mir, so Ich Dir), tut nichts »umsonst«, und läßt sich gewinnen und – erkaufen. Womit aber erwerbe Ich Mir den Liebesdienst? Es kommt auf den Zufall an, ob Ich's gerade mit einem »Liebevollen« zu tun habe. Der Dienst des Liebreichen läßt sich nur – erbetteln , sei es durch meine ganze beklagenswerte Erscheinung, durch meine Hilfbedürftigkeit, mein Elend, mein – Leiden. Was kann Ich ihm für seine Hilfleistung bieten? Nichts! Ich muß sie als – Geschenk annehmen. Liebe ist unbezahlbar , oder vielmehr: Liebe kann allerdings bezahlt werden, aber nur durch Gegenliebe (»Eine Gefälligkeit ist der andern wert«). Welche Armseligkeit und Bettelhaftigkeit gehört nicht dazu, Jahr aus Jahr ein Gaben anzunehmen, ohne Gegendienst, wie sie z. B. vom armen Tagelöhner regelmäßig eingetrieben werden. Was kann der Empfänger für jenen und seine geschenkten Pfennige, in denen sein Reichtum besteht, tun? Der Tagelöhner hätte wahrlich mehr Genuß, wenn
Weitere Kostenlose Bücher