Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)
aber der Eigenheit Untergang, so ist sie eine Macht für sich , eine Macht über Mir , ein von Mir Unerreichbares, das Ich zwar anstaunen, anbeten, verehren, respektieren, aber nicht bewältigen und verzehren kann, und zwar deshalb nicht kann, weil Ich resigniere . Sie besteht durch meine Resignation , meine Selbstverleugnung , meine Mutlosigkeit, genannt – Demut . Meine Demut macht ihr Mut, meine Unterwürfigkeit gibt ihr die Herrschaft.
In Bezug aber auf die Freiheit unterliegen Staat und Verein keiner wesentlichen Verschiedenheit. Der Letztere kann ebenso wenig entstehen oder bestehen, ohne daß die Freiheit auf allerlei Art beschränkt werde, als der Staat mit ungemessener Freiheit sich verträgt. Beschränkung der Freiheit ist überall unabwendbar, denn man kann nicht alles los werden; man kann nicht gleich einem Vogel fliegen, bloß weil man so fliegen möchte, denn man wird von der eigenen Schwere nicht frei; man kann nicht eine beliebige Zeit unter dem Wasser leben, wie ein Fisch, weil man der Luft nicht entraten und von diesem notwendigen Bedürfnis nicht frei werden kann u. dgl. Wie die Religion und am entschiedensten das Christentum den Menschen mit der Forderung quälte, das Unnatürliche und Widersinnige zu realisieren, so ist es nur als die echte Konsequenz jener religiösen Überspanntheit und Überschwenglichkeit anzusehen, daß endlich die Freiheit selbst , die absolute Freiheit zum Ideale erhoben wurde, und so der Unsinn des Unmöglichen grell zu Tage kommen mußte. – Allerdings wird der Verein sowohl ein größeres Maß von Freiheit darbieten, als auch namentlich darum für »eine neue Freiheit« gehalten werden dürfen, weil man durch ihn allem dem Staats- und Gesellschaftsleben eigenen Zwange entgeht; aber der Unfreiheit und Unfreiwilligkeit wird er gleichwohl noch genug enthalten. Denn sein Zweck ist eben nicht – die Freiheit, die er im Gegenteil der Eigenheit opfert, aber auch nur der Eigenheit. Auf diese bezogen ist der Unterschied zwischen Staat und Verein groß genug. Jener ist ein Feind und Mörder der Eigenheit , dieser ein Sohn und Mitarbeiter derselben, jener ein Geist, der im Geist und in der Wahrheit angebetet sein will, dieser mein Werk, mein Erzeugnis ; der Staat ist der Herr meines Geistes, der Glauben fordert und Mir Glaubensartikel vorschreibt, die Glaubensartikel der Gesetzlichkeit; er übt moralischen Einfluß, beherrscht meinen Geist, vertreibt mein Ich, um sich als »mein wahres Ich« an dessen Stelle zu setzen, kurz der Staat ist heilig und gegen Mich, den einzelnen Menschen, ist er der wahre Mensch, der Geist, das Gespenst; der Verein aber ist meine eigene Schöpfung, mein Geschöpf, nicht heilig, nicht eine geistige Macht über meinen Geist, so wenig als irgend eine Assoziation, welcher Art sie auch sei. Wie Ich nicht ein Sklave meiner Maximen sein mag, sondern sie ohne alle Garantie meiner steten Kritik bloßstelle und gar keine Bürgschaft für ihren Bestand zulasse, so und noch weniger verpflichte Ich Mich für meine Zukunft dem Vereine und verschwöre ihm meine Seele, wie es beim Teufel heißt und beim Staate und aller geistigen Autorität wirklich der Fall ist, sondern Ich bin und bleibe Mir mehr als Staat, Kirche, Gott u. dgl., folglich auch unendlich mehr als der Verein.
Jene Gesellschaft, welche der Kommunismus gründen will, scheint der Vereinigung am nächsten zu stehen. Sie soll nämlich das »Wohl Aller« bezwecken, aber Aller, ruft Weitling unzählige Male aus, Aller! Das sieht doch wirklich so aus, als brauchte dabei Keiner zurückzustehen. Welches wird denn aber dieses Wohl sein? Haben Alle ein und dasselbe Wohl, ist Allen bei Ein und Demselben gleich wohl? Ist dem so, so handelt sich's vom »wahren Wohl«. Kommen Wir damit nicht gerade an dem Punkte an, wo die Religion ihre Gewaltherrschaft beginnt? Das Christentum sagt: Seht nicht auf irdischen Tand, sondern sucht euer wahres Wohl, werdet – fromme Christen: das Christsein ist das wahre Wohl. Es ist das wahre Wohl »Aller«, weil es das Wohl des Menschen als solchen (dieses Spuks) ist. Nun soll das Wohl Aller doch auch mein und dein Wohl sein? Wenn Ich und Du aber jenes Wohl nicht für unser Wohl ansehen, wird dann für das, wobei Wir Uns wohlbefinden, gesorgt werden? Im Gegenteil, die Gesellschaft hat ein Wohl als das »wahre Wohl« dekretiert, und hieße dies Wohl z. B. redlich erarbeiteter Genuß, Du aber zögest die genußreiche Faulheit, den Genuß ohne Arbeit vor, so würde die Gesellschaft,
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