Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
Vom Netzwerk:
Agenten aber auch, sich zu zerstreuen, so dass die Gefangenen für einen Moment im Vorteil waren.
    Und genau in diesem Augenblick wurden die Türen des Bunkers aufgestoßen, und hundert nackte Körper rannten in die Nacht hinaus. Die ehemaligen Schlafenden stürmten furchtlos vor wie eine unaufhaltsame Welle aus Haut und Knochen.
    Die Agenten wussten nicht, worauf sie zuerst schießen sollten – auf den riesigen Baummann mit den Holzbeinen oder auf die rasierten Menschen mit den durchlöcherten Armbeugen. Und schon bald wurden sie vor der Anhöhe zusammengetrieben. Wir würden gewinnen.
    Vorerst.
    Ich drehte mich zu Zee um. »Das ist unsere Chance. Wir müssen das Schiff erreichen, bevor sie Verstärkung bekommen. Da sind noch jede Menge Agenten, die gerade das Feuer bewachen.«
    »Was ist mit denen da?« Zee zeigte auf die Aufständischen.
    »Keine Sorge«, beruhigte ich sie. »Die kommen auch mit.« Ich zog das Gewehr aus Frosts toten Händen und stürzte mich in die Schlacht.
    *
    Ich rief erst nach Alpha, dann nach Crow, konnte im Dunkeln aber nur verschwommene Körper und Geschosse erkennen.
    »Zieht euch zurück«, schrie ich. »Zum Schiff! Auf zum Schiff!«
    Einige der Gefangenen hörten mich, also zeigte ich auf den Pfad, der zum Wasser führte. »Lauft zum Schiff«, erklärte ich ihnen. »Los jetzt!«
    »Willst du etwa schon gehen, kleiner Mann?«
    Ich wirbelte herum und starrte zu Crow hinauf. Seine verdammten Beine waren so lang, wie ich groß war. »Wie geht es dir?«, fragte ich schnell.
    »Ach, mir ging’s schon besser. Aber auch schon verdammt viel schlechter. Wo ist Zee?«
    »Da drüben, in dem Kuppelbau.« Wir gingen hinter einer Packkiste in Deckung, weil das Eis um uns herum von Kugeln durchsiebt wurde.
    »Und Frost?«, fragte Crow weiter.
    »Der ist tot. Zee hat ihn umgebracht.«
    »Ach, wirklich? Schön für sie.«
    »Aber jetzt müssen wir sie alle zum Ufer runterschaffen. Da werden noch mehr Agenten kommen.«
    »Wenn du willst, dass sich die Leute in Bewegung setzen, solltest du das besser der Chefin sagen, Mann.«
    Crow streckte den Arm aus, und sofort entdeckte ich sie. In dem Moment fragte ich mich, ob dieses Mädchen überhaupt dazu geschaffen war, sich irgendwo niederzulassen und Bäume zu pflanzen. Denn hier war sie definitiv in ihrem Element, hier draußen zwischen Blut und Schlachtenlärm.
    Alpha hatte einen zerrissenen GenTech-Mantel gefunden und sich in den violetten Pelz gewickelt. An ihrem Arm klebte Blut, an ihrem Bein klaffte eine Wunde, und gerade kniete sie im Schnee und lud ihre Waffe nach, während ihr Blick über den Hügel glitt.
    »Wir müssen uns zurückziehen«, schrie ich ihr über den Lärm der Schüsse hinweg zu. »Alpha! Rückzug, sofort!«
    Sie stand auf und brüllte Kommandos, während ich hinter mir auf die Anhöhe zeigte, wo die Bioraffinerie rumpelnd und dampfend ihren Dienst tat. Und dann rannten wir los. Alle zusammen, so schnell es ging.
    Auf Höhe der Obstplantage rief ich Crow zu, er solle weiterlaufen – er war sowieso ziemlich langsam, da seine neuen Beine auf dem glatten Boden ins Rutschen gerieten.
    »Wir kommen gleich nach«, erklärte ich ihm. »Wir sehen uns am Schiff.«
    »Alles klar«, erwiderte Crow. »Beeilt euch.« Kurz sah ich zu, wie er mit den anderen den Hügel hinauflief. Dann verschwanden Alpha und ich in dem Kuppelbau.
    »Wer ist das?«, fragte Zee sofort, als sie Alpha sah.
    »Ich bin seine Freundin.« Alpha schnappte sich die Fernbedienung. »Und wer zum Teufel bist du?«
    »Sie ist meine Schwester«, sagte ich knapp, dann löste ich mit Alphas Hilfe eine Klappe an der Metallhülle und zeigte auf den Tank, wo die Setzlinge aus den grünlichen Überresten meines Vaters hervorsprossen. »Und das ist mein Dad.«
    »Hast ja ’ne ganz schön schräge Familie, Freundchen«, meinte Alpha nur und schloss die Klappe. Womit sie vermutlich recht hatte. Aber man muss eben nehmen, was man kriegen kann.
    Man nimmt, was man kriegen kann.

Kapitel 59
    N achdem wir den Tank wieder eingepackt und festgezurrt hatten, stürmten wir aus der Obstplantage. Alpha saß auf dem Tank und bearbeitete die Fernbedienung, bis die Räder im Schnee durchdrehten.
    »Kommt schon«, schrie sie und zog Zee zu sich hinauf. Doch ich zögerte kurz und sagte ihnen dann, sie sollten schon vorgehen.
    Ich rannte zurück in die Obstplantage. Die Leiche meiner Mutter lag noch immer dort, und ich zog vorsichtig den Mantel zurück, der ihr Gesicht bedeckte. Eine Sekunde lang sah

Weitere Kostenlose Bücher