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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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gefunden, doch es war leer. Die Attentäter schienen auch von Jakobs geheimem Vermögen gewußt zu haben und hatten seine Zelle gründlich durchsucht. Die Strohmatratze war aufgeschnitten und vollkommen zerfleddert gewesen.
    Jakob war froh um die Scudi im Saum seiner Kutte. Der Zustand, in dem Luigi seine Zelle angetroffen hatte, bewies, daß sein Verschwinden im Kollegium noch nicht allgemein bekannt geworden war und es offensichtlich dem Mörder nicht darauf ankam, Jakobs Fall den Behörden zu offenbaren. Erst als Luigi drei Wochen später noch einmal im Camposanto Nachforschungen anstellte, bemerkte er, daß man Jakobs Zelle nunmehr einem neuen Pilger zugewiesen hatte.
    Die Welt veränderte sich rasch in diesen Tagen, die Jakob auf seinem geheimen Krankenlager verbrachte. Die immer größer werdende Angst der Römer vor den kaiserlichen Truppen hatte zu nochmaligen Aushebungen für die Bürgermiliz geführt; dabei fiel Filippo einem Capitano in die Hände, der ihn zu den anderen Straßenjungen der Porta Maggiore brachte, woraufhin sich Massimiliano, den das Abenteuer reizte, freiwillig meldete. So waren die Banden von Luigi und Cesare bei der Bürgerwehr vereint und gaben unter einem aufmerksamen Capitano eine kampfstarke Truppe ab. Cesare und Serena aber fanden bei Monsignore Baldi in einem Nebengebäude von San Clemente Unterschlupf und gingen dem Pfarrer in vielerlei Hinsicht zur Hand, wobei Serena allmählich in die Rolle einer zweiten Haushälterin hineinwuchs und in Cecilia, die seit mehr als zwanzig Jahren dem Baldi seinen Pfarrhof führte, eine Ersatzmutter fand. Giovanni verblieb gegen einige Giuli bei Apollonia; es wäre zu auffällig gewesen, im Pfarrhof neben der neuen Magd und dem jungen Stallburschen auch noch ein kleines Kind aufzunehmen.
    Meine letzte Aufgabe hat sich somit von selbst erledigt, dachte Jakob, als er am siebzehnten März des Jahres 1527 auf seinem Marmorblock oben am Palatin in der Sonne saß und auf die Kaiserforen blickte, wo der Titusbogen stolz von alten Zeiten kündete. Der Dominikaner genoß den Ausblick und freute sich zugleich, daß der Abschied näher rückte. Noch wußte er nicht, wie er mit seinem Ordensgeneral in Verbindung treten sollte, ja, er war sogar mißtrauisch, ob sein Oberer nicht auf irgendeine Art und Weise mit den Mächtigen der Kurie verstrickt war und gar kein Interesse daran hatte, Jakob unter den Lebenden zu wissen. Da sich die Ansichten des Heiligen Vaters beinahe täglich änderten und jeder, der höhere Würden trug, versuchen mußte, den Pontifex Maximus nicht zu verärgern, war es ratsam, sich noch eine Weile versteckt zu halten. Zudem hatte sich die Zahl seiner Feinde nochmals erhöht, denn der Komtur von Farfa, der heißblütige Napoleone Orsini, war wegen Jakobs Ermittlungen verhaftet und in ein Verlies der Engelsburg geworfen worden. Der Papst hatte ihn dann zwar begnadigt und freigelassen, doch ein Orsini würde nicht eher ruhen, bis er sich an dem gerächt hätte, der ihm diese Schmach bereitet hatte. Bischof Frangipane war nicht mehr in die Stadt zurückgekehrt, sondern hatte sich angeblich, nachdem er Napoleone – vergeblich – gewarnt hatte, zu den Truppen des Pompeo Colonna durchgeschlagen und soll, so berichtete es zumindest Luigi, die Mitra des Bischofs mit dem Helm des Soldaten vertauscht haben. Der Notarius cancellariae dagegen, Monsignore Trippa, betrieb seine Geschäfte wie eh und je und schien sich im besten Einvernehmen mit Ottavio und Ambrogio Farnese zu befinden, und vom berüchtigten Vizedatar Fabricio Casale hörte man, daß er in heimlicher Amtsführung die Fäden in der Kurie ziehe, als hätte er niemals eine Verschwörung gegen den Medici-Papst angezettelt. Von Ennea hingegen gab es keinerlei Nachrichten, dennoch fühlten sich die Huren von Rom einigermaßen sicher, denn selbst hinter vorgehaltener Hand war nicht mehr von neuen Morden die Rede.
    Jakob freute sich auf seine Rückkehr nach Bayern. Nichts hielt ihn noch in Rom, außer …
    Er blinzelte in die Sonne und blickte zum Kolosseum hinüber, dem mächtigsten Bauwerk, das die Antike in Rom hinterlassen hatte. Nein, eine Angelegenheit hatte er noch zu erledigen. Er mußte Claudia noch einmal sehen.
    Seine Genesung schritt langsam voran, und selbst als der späte April mit heftigen Stürmen und sintflutartigen Regenfällen kam, war Jakob noch kurzatmig und spürte gelegentlich einen tiefsitzenden Schmerz in der Lunge, die von dem Messerstich verletzt worden war. Nach

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