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Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Dort, über der kleinen Hochfläche des Rokkogels setzte er behutsam zur Landung an, hob seine roten Schwingen einmal kurz hoch und, sie zurückfaltend, ließ er sich mit eingeknickten Beinen auf die Erde nieder.
    So schnell sie konnten, kamen die Jungen aus dem Großhaus herübergerannt. Niemand hätte sie halten können. Doch trotz ihrer Jugend waren sie freilich langsamer als ihre Meister: Als sie den Rokkogel erreichten, war der Meister der Formgebung schon da, sein helles Haar leuchtete in der Sonne. Mit ihm kam der Meister der Verwandlungen, der erst vor zwei Nächten als großer Fischadler müde und mit lahmen Flügeln zurückgekehrt war; er war lange Zeit in seiner eigenen Verwandlung gefangen gewesen, und erst in der Nacht, als das Gleichgewicht aller Kräfte wieder hergestellt, als alles, was zerbrochen war, wieder heil wurde, konnte er den Immanenten Hain erreichen und in seine eigene Gestalt zurückkehren. Der Meister des Gebietens, der erst seit einem Tag wieder auf den Beinen war, befand sich, abgezehrt und blaß, unter ihnen. Neben ihm standen der Pförtner und die anderen Meister der Insel der Weisen.
    Sie sahen, wie die Drachenreiter abstiegen, wie einer die Hand ausstreckte, um dem anderen zu helfen. Sie sahen, wie die beiden um sich blickten, erstaunt, verwundert und zufrieden. Der Drache lag nun auf der Erde wie aus Stein gemeißelt, während sie von ihm herunterkletterten und sich neben ihn stellen. Er wandte den Kopf ein wenig, während der Erzmagier zu ihm sprach. Dann antwortete er. Die Beobachter sahen den Seitenblick des Drachen, seine kalten, gelben Augen, sahen das tiefe Lachen, das darin lag. Und diejenigen, die hören konnten und die Ursprache verstanden, vernahmen seine Worte: »Ich habe den jungen König in sein Königreich gebracht und den alten Mann in seine Heimat.«
    »Noch ein kleines Stück weiter, Kalessin«, antwortete Ged. »Ich bin noch nicht dort, wo ich hingehen muß.« Er blickte hinunter auf die sonnenbeschienenen Dächer und Türme des Großhauses; er schien zu lächeln. Dann wandte er sich Arren zu, der, groß und schmal, in seinen abgetragenen Kleidern auf unsicheren Beinen neben ihm stand. Lang und anstrengend war ihre Reise gewesen und überwältigend all das Neue, das auf sie eingestürmt. Im Angesicht aller fiel Ged vor Arren auf die Knie und beugte sein graues Haupt.
    Dann erhob er sich, küßte den jungen Mann auf die Wange und sprach: »Mögest du lange und weise herrschen, wenn du deinen Thron in Havnor besteigst, mein Herr und liebster Gefährte!«
    Sein Blick kehrte zu den Meistern, den jungen Zauberern, den Knaben und den Stadtbewohnern zurück, die sich an den Hängen und am Fuße des Kogels versammelt hatten. Sein Gesicht war ruhig, und in seinen Augen lag etwas Ähnliches wie das Lachen in den Augen Kalessins. Er wandte sich von ihnen ab und stieg über den Fuß und die Schulter hinauf zum Sitz auf dem Hals des Drachen, zwischen den hohen Gipfeln der beiden Flügel, wo er keiner Zügel bedurfte. Die roten Schwingen öffneten sich mit lautem Rauschen, und Kalessin, der Älteste der Drachen, sprang in die Luft. Feuer und Rauch entströmten seinem Rachen, das Geräusch von Donner und Sturm lag in den mächtigen Schlägen seiner Schwingen. Er umkreiste einmal langsam den Kogel, und dann flog er gen Nordosten davon, dem Teil der Erdsee zu, der die Berginsel Gont birgt.
    Der Pförtner lächelte und sprach: »Er hat genug getan. Er geht nach Hause.«
    Und sie sahen dem Drachen nach, der zwischen Sonnenlicht und Meer davonflog, bis er außer Sicht war.

Epilog
    DAS GEDLIED BERICHTET, wie der einstige Erzmagier zur Krönung des Königs aller Inseln im Schwertturm zu Havnor ins Herz der Welt kam. Das Lied erzählt auch, wie er, als die Krönungszeremonie vorüber war und das Fest begann, hinunterging zum Hafen von Havnor. Dort auf dem Wasser lag ein Boot, dem man ansah, daß es vielen Winden und Wettern getrotzt hatte; es hatte keine Segel und war leer. Ged rief es bei seinem Namen, Weitblick ; und es kam auf ihn zu. Er wandte dem Land den Rücken zu, und das Boot bewegte sich auf der windstillen See, ohne Segel und Ruder trug es ihn aus dem Hafen und der Bucht hinaus aufs Meer, an den Inseln des Westens vorbei auf die hohe See; und es ward nie wieder Kunde von ihm.
    Auf der Insel Gont dagegen wird erzählt, daß der junge König Lebannen gekommen sei, um Ged zur Krönung zu holen. Doch fand er ihn weder in der Stadt Gont, noch auf Re Albi. Niemand wußte, wo er

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