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Der Erdsse Zyklus 05 - Rueckkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsse Zyklus 05 - Rueckkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K LeGuin
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Das weißt du doch! Du bist dort geboren!«
    Es sah ihm überhaupt nicht ähnlich, so zu reden, und er bemerkte es selbst. Er kniete plötzlich nieder, ergriff ihre Hand und legte sie über seine Augen, zum Zeichen der Zerknirschung. »Es tut mir Leid, Tenar. Diese Sache beunruhigt mich über alle Maßen. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.«
    »Nun, solange du nichts machst, hast du einen gewissen Spielraum ... Womöglich hat die Prinzessin ja auch eine eigene Meinung?«
    »Wie könnte sie das, eingemauert in diesen roten Panzer? Sie will nicht reden, sie will nicht hinausschauen, sie könnte ebenso gut eine Zeltstange sein.« Er bemühte sich um ein Lachen. Sein kaum beherrschbarer Groll bestürzte ihn, und er versuchte, ihn zu entschuldigen. »Und all dies kam ausgerechnet just in dem Augenblick, da ich beunruhigende Nachrichten aus dem Westen erhielt. Dieser Neuigkeiten wegen war's, dass ich dich und Tehanu herbat. Und nicht, um euch mit dieser Narretei zu behelligen.«
    »Es ist keine Narretei«, sagte Tenar, aber er wischte das Thema beiseite, entließ es und begann stattdessen über die Drachen zu reden.
    Da die Neuigkeiten aus dem Westen in der Tat höchst beunruhigend gewesen waren, hatte er es geschafft, die meiste Zeit überhaupt nicht über die Prinzessin nachzudenken. Ihm war bewusst, dass es nicht seine Art war, Staatsangelegenheiten zu regeln, indem er sie ignorierte. Einmal manipuliert, manipuliert man andere. Einige Tage nach ihrer Unterredung bat er Tenar, der Prinzessin einen Besuch abzustatten und zu versuchen, sie zum Sprechen zu bewegen. Schließlich, so führte er ins Feld, sprächen sie die gleiche Sprache.
    »Wahrscheinlich«, sagte Tenar. »Ich bin noch nie jemandem von Hur-at-Hur begegnet. Auf Atuan nannten wir sie Barbaren.«
    Er war beschämt. Die Spitze war nicht zu überhören. Aber natürlich tat sie, worum er sie gebeten hatte. Kurz darauf berichtete sie, dass sie und die Prinzessin die gleiche Sprache sprächen, oder fast die gleiche, und dass die Prinzessin nicht gewusst habe, dass es noch andere Sprachen gab. Sie habe gedacht, all die Leute hier, die Höflinge und Hofdamen, seien bösartige Irre, die es darauf anlegten, sie zu verhöhnen, indem sie schnatterten und plapperten wie Tiere ohne menschliche Sprache. Soweit Tenar sie verstanden hatte, war sie in der Wüste aufgewachsen, in König Thols ursprünglicher Domäne auf Hur-at-Hur, und hatte nur sehr kurze Zeit am königlichen Hofe zu Awabath verbracht, bevor sie nach Havnor weiterexpediert worden war.
    »Sie hat große Angst«, sagte Tenar.
    »Und deshalb versteckt sie sich in ihrem Zelt. Was glaubt sie, was ich bin?«
    »Woher sollte sie wissen, was du bist?«
    Sein Blick verfinsterte sich. »Wie alt ist sie?«
    »Jung. Aber schon Frau.«
    »Ich kann sie nicht freien«, sagte er mit plötzlicher Entschlossenheit. »Ich werde sie zurückschicken.«
    »Eine zurückgewiesene Braut ist als Frau entehrt. Wenn du sie zurückschickst, wird Thol sie womöglich töten, um sein Haus von der Schande zu reinigen. Und er wird gewiss die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass du beabsichtigst, ihn zu entehren.«
    Der zornige Ausdruck kehrte in sein Gesicht zurück.
    Tenar kam ihm zuvor. »Barbarische Sitten«, sagte sie steif.
    Er schritt im Zimmer auf und ab. »Na schön. Aber ich werde dieses Mädchen nicht als Königin des Reiches von Morred betrachten. Kann man ihr Hardisch beibringen? Ein paar Wörter wenigstens? Ist sie unbelehrbar? Ich werde Thol sagen, dass ein hardischer König keine Frau heiraten kann, die nicht die Sprache des Königreichs spricht. Es ist mir gleich, ob ihm das schmeckt oder nicht. Er braucht diese Ohrfeige. Und ich gewinne wiederum Zeit.«
    »Und du wirst sie bitten, Hardisch zu lernen?«
    »Wie kann ich sie um irgendetwas bitten, wenn sie alles für Kauderwelsch und Geschnatter hält? Welchen Sinn hätte es, wenn ich zu ihr ginge? Ich dachte mir, vielleicht sprichst du besser mit ihr, Tenar ... Du musst verstehen, was für eine Zumutung das ist, dieses Mädchen dazu zu benutzen, Thol als meinesgleichen erscheinen zu lassen und den Ring - den Ring, den du uns brachtest - als Falle zu benutzen! Ich darf nicht einmal den Anschein erwecken, als würde ich mich darauf einlassen. Ich bin bereit, auf Zeit zu spielen, ihn hinzuhalten, um den Frieden zu wahren. Zu mehr nicht. Selbst das ist schon schändlich genug. Erzähl du dem Mädchen, was du für das Beste hältst. Ich will nichts mit ihr zu schaffen

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