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Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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zusammen,
Herr Glockner. Der Typ wollte erst in die linke Brusttasche greifen.
Wahrscheinlich hat er dort die Blüten. Dann nahm er die Brieftasche rechts
heraus — die mit dem echten Geld.“
    „Sehr gut beobachtet, Tim“, lobte Gabys
Vater.
    „Kann natürlich alles ganz harmlos
sein, und der Mann verspätet sich nur.“
    „Wir sind lieber mißtrauisch. Ich
glaube nicht, daß der noch kommt. Vielleicht können wir die Spur aufnehmen über
den Taxifahrer. Falls wir den finden — über den Mittelteil der Kfz-Nummer.“
    „Tut mir leid, daß ich nicht mehr weiß
von dem Taxi.“
    „Es wäre die erste Blüte dieser Art.
Etwas Falschgeld zirkuliert zwar immer, aber von dieser Serie auf
Butterbrot-Papier, wie du sagst, ist mir noch nichts bekannt.“
    „Brotpapier-Blüten“, lachte Tim,
„hübscher Name dafür.“ Sie beendeten das Gespräch.
    „Jetzt ist es Glockners Fall“, Klößchen
grinste, „kein Fall mehr für uns.“
    „Abwarten. Die Zusammenarbeit ist doch
immer bestens — zwischen der Polizei und uns vom TKKG.“ Tim sah auf die Uhr.
„Markus kommt nicht mehr. Hat’s wohl doch vergessen. Verzichtest du auf seine
Fachberatung, oder fahren wir zu ihm? Ist ja nur um drei Ecken.“
    Klößchen entschied sich für die drei
Ecken, und die beiden so unterschiedlichen Freunde radelten los.
    Markus Wagner war 13 und ebenfalls
Schüler der 9 b. Um das gewaltsame Ende seiner Mutter rankten sich wilde
Gerüchte. Sie entsprachen der Wahrheit, ausnahmsweise. Elisabeth
Wagner-Brochmann war ums Leben gekommen beim Angriff eines Hais: vor vier
Jahren, im Mittelmeer, irgendwo vor der zyprischen Küste. Markus sprach nicht
darüber. Vermutlich konnte er nicht mal daran denken, ohne innerlich und
äußerlich zusammenzubrechen.
    Als kleiner Junge sei er — wie man Tim
erzählt hatte — fröhlich gewesen und unbeschwert. Heute nicht mehr. Er wirkte
düster, trotz seiner goldblonden Haare und der hellen Augen. Er lachte nur
andeutungsweise, gerade so mit den Mundwinkeln, war ständig unruhig, betriebsam
bis zur Hektik, und wurde hin und wieder von einem Facharzt für Seelenkunde
betreut — also einem Psychiater. Allerdings in letzter Zeit nicht mehr. Markus
fand das blöd — und lehnte es ab. Man konnte ihn schwierig nennen, aber
gradlinig und ehrlich war er auf jeden Fall. Tim hielt ihn für einen
brauchbaren Typen.
    Bekannt war freilich auch: Markus hatte
ein zweites Problem, ein aktuelles ( augenblickliches ). Es hieß Klaus
Brochmann, und dieser Brochmann war sein Stiefvater.
    Markus’ Vater war gestorben, als der
Junge noch im Kinderwagen saß. Die verwitwete Elisabeth hatte Brochmann
geheiratet, sich fürderhin Wagner-Brochmann genannt und darauf gedrungen, daß
Markus den Namen des leiblichen Vaters beibehielt. So stellte die Familie sich
äußerlich dar. Wie es hinter der Fassade aussah seit dem Tod der Frau, stand
auf einem anderen Blatt. Markus und sein Stiefvater — soviel war klar —
verstanden sich nicht. Sicherlich — Markus verschloß auch diese Not in seiner
Seele und redete wenig oder gar nicht darüber. Doch manchmal entschlüpfte ihm
eine Bemerkung, und die TKKG-Bande wußte Bescheid.

3. Bett — leer und unbenutzt
     
    Kantaten-Weg — das war noch nahe der
Innenstadt, aber schon grün. Und still. Die Villen standen in Gärten. Weit und
breit gab’s kein Geschäft, nicht mal ‘ne Tankstelle. Verkehrsplaner hatten die
motorisierten Fortbewegungsmittel an diesem Viertel vorbeigelenkt.
    Tim hielt vor Nr. 16, wartete, bis
Klößchen herankeuchte, lehnte sein Rennrad an den Steinpfeiler der Einfahrt und
schlappte über den betonierten Vorhof zum Flaus. Eine tolle Hütte, alt und
gediegen, mit verwirrend vielen Giebeln und Dachflächen. Im zweiten und dritten
Stock gab es mehrere kleine Balkone. Wilder Wein rankte sich die Hausfront hoch
bis zur Kupfer-Dachrinne.
    „Dieser Saftheini!“ sagte Klößchen.
„Sagt, er käme, und kommt dann doch nicht.“
    Tim blickte zu dem Balkon hoch, hinter
dem Markus’ Zimmer lag. Die Glastür war geschlossen.
    „Vielleicht pennt er.“
    Tim pfiff auf zwei Fingern.
    Das war meilenweit zu hören. Die Singvögel
in den Bäumen hielten den Atem an.
    Nichts rührte sich.
    „Heh, Markus!“
    Nichts.
    „Wahrscheinlich ist er im Schwimmbad“,
sagte Klößchen. „Für mich ist er gestorben. Den lasse ich von jetzt an links
liegen.“
    Tim blickte zur Doppelgarage.
    Das Tor stand offen. Versammelt hatten
sich: ein ziemlich alter Mercedes, Gerümpel,

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