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Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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und
fand die Blüten nicht gut.
    Geldinstitute schieden aus für den
Umtausch, ebenso die meisten Läden und Geschäfte.
    „Wir machen es wie beim letzten Mal“,
hatten sie vereinbart. „Alte Leute haben schwache Augen. Die sehen nicht, daß
eine Blüte ‘ne Blüte ist. Also ran an die Senioren! Sie sind unsere Kunden. Ein
bißchen mühselig zwar, aber Alte gibt’s genug — und in ein paar Wochen sind wir
durch.“
    Das war der Plan gewesen und war’s noch
immer.
    Aber vorhin hatten sie sich die kalte
Dusche geholt — eine verdammte Panne! Und wem verdankten sie das? Keinem Alten,
sondern dem Gegenteil: Zwei Jungs hatten den Ärger gemacht, ein kleiner Dicker
mit dem Portemonnaie und ein großer Lockenkopf, der die Blüte sofort als Blüte
erkannte.
    „...und schickt uns ins Präsidium!“
    Behnke dachte laut durch
zusammengebissene Zähne, während Sigi das Taxi durch die Innenstadt steuerte.
    „Das durfte nicht passieren, Paul.“
    „Ist aber.“
    „Ob die Bengel nachfragen — bei diesem
Kommissar?“
    „Woher soll ich das wissen?“
    „Wenn der Bulle von dir hört, dich aber
nicht sieht, wird er mißtrauisch.“
    „Erwartest du, daß ich die Blüte
abliefere, meine Personalien angebe, mich ausquetschen lasse? Dann kann ich
gleich die Zahnbürste mitnehmen, damit sie mich dort behalten können. Nö, Sigi!
Nicht mit mir! Es gibt jetzt nur eins: Eile! Wir bringen die Blüten unter die
Leute und tauchen unter.“
    „Wenn du meinst. Ich fahr dich ja nur.
Von einem Falschgeld weiß ich nichts.“
    Das Taxi rollte jetzt durch die
Waldheimer Straße. Auf der rechten Seite, in Fahrtrichtung, schlurfte ein
ältliches Muttchen.
    Sommermantel, kleine Schritte. Die Handtasche
hielt sie vorschriftsmäßig — nämlich auf der straßen-abgewandten Seite. Das
bietet — wie die Kripo rät — einen gewissen Schutz gegen Handtaschen-Räuber auf
Motorrädern. Allerdings nur einen gewissen, nämlich 0,0007 Prozent.
    Sigis Taxi hielt am Bordstein. Der
Motor lief.
    Behnke war ausgestiegen und wirkte so
verärgert in seinem Geier-Gesicht, als hätte er gleich mehrere der
sprichwörtlichen Läuse auf der Leber.
    Den Hunderter, denselben von vorhin,
hielt er in der Hand und fuchtelte damit.
    „Wieso können Sie nicht rausgeben?“
rief Behnke. „Erwarten Sie, daß ich das Fahrgeld abgezählt bei mir habe?“
    „Sie sind mein erster Fahrgast heute“,
Sigi stand neben dem Wagen. „Ich habe noch nichts eingenommen. Auf 20 Mark
könnte ich rausgeben. Aber gleich mit ‘nem Hunderter anrücken — ich bin doch
keine Sparkasse.“
    „Sie sind nicht mal ein Sparschwein.“
    Lächelnd wie ein Sirup-Pfannkuchen
wandte Behnke sich an das Muttchen.
    Und erschrak fürchterlich!
    Himmel, das war doch die bescheuerte
Alte aus Leipzig, die Schwerhörige, die ihre Nichte...
    Nein! Doch nicht! Nur eine gewisse
Ähnlichkeit.
    Sofort nahm er sein Lächeln wieder auf.
    „Entschuldigung! Könnten Sie mir
vielleicht einen Hunderter wechseln? Der Fahrer hat kein Kleingeld.“

    „Will mal sehen.“
    Das Muttchen, hoch in den Siebzigern,
öffnete die Handtasche.
    Im Portemonnaie waren 97 DM.
    Behnke, der Geier, gab sich zufrieden
damit, und die Oma bedankte sich überschwenglich.
    Drei
Mark geschenkt! Einfach so! Das tat gut bei der schmalen Rente. Jetzt würde die
Oma doch den teuren Tee kaufen und nicht den verbilligten im Angebot. Wenn doch
öfter mal jemand so nett wäre!
    Sie warteten, bis die Oma in den
nächsten Seitenweg einbog, fuhren dann weiter.
    50 Blüten hatte Behnke eingesteckt.
Siebenmal war heute der Umtausch gelungen.
    Jetzt stieg er an der Ecke
Veilchentreu/Oshari-Straße aus Sigis Wagen und schimpfte bereits: „Wieso können
Sie nicht...“ In dem Eckhaus war ein kleiner Laden: I. EHRMANN — Bürobedarf,
Schreibwaren. Im Schaufenster standen: Schreibmaschinen, Telefaxgeräte und
Kleinmöbel fürs Büro.
    Behnkes Opfer näherte sich von links.
    Wilhelm Pachowski hatte gestern seinen
76. Geburtstag gefeiert, spürte noch die Nachwehen des Portweins in Kopf und
Magen und war auch ansonsten übelgelaunt.
    Dicke Brillengläser verbargen die
Augen, sein Strohhut hatte ein buntes Band, aber zerfranste Ränder und Flecken.
Wilhelm stieß seinen Gehstock auf den Asphalt, als wollte er Löcher bohren.
    Ein Windstoß bog die Hutkrempe auf.
Eisengraues Haar bürstelte hervor. Auf seinen Stock gestützt, blieb Wilhelm
stehen.
    „Was? Ob ich wechseln kann?“
    „Ja, bitte! Der Taxifahrer hat kein
Kleingeld.“
    Blinzelnd

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