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Der erste Marsianer

Der erste Marsianer

Titel: Der erste Marsianer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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„Wer hat diesen riesigen Sack neben die Strecke gelegt?“
    Ich hatte mich schon gefragt, ob er Neugierde zeigen würde. „Eine Rasse von kleinen, pelztragenden Lebewesen“, antwortete ich. „Sie sind sehr scheu. Leben unter der Erde und graben Erz für uns.“ Ich grinste über seine verblüffte Miene. „Wir wollen das Erz gar nicht, denn meistens ist es nur taubes Gestein. Aber wir interessieren uns für das Material der Säcke. Es ist dünn wie Papier, völlig transparent, und doch kann es das Gewicht von mehreren Tonnen Felsgestein halten, ohne zu zerreißen. Sie produzieren es in ihren eigenen Körpern, ähnlich wie Spinnen das Material ihrer Netze produzieren. Irgendwie können wir ihnen nicht begreiflich machen, daß wir nur die Säcke wollen.“
    Die nächsten fünfzig Kilometer legten wir mit gleichbleibend hoher Geschwindigkeit zurück. Es war eine völlig gerade, ebene Strecke, und wir glitten dahin wie auf Eis. Ringsum war eine flache, sandige Ebene, die sich in all den Jahren, seit ich sie zuerst gesehen hatte, nicht verändert hatte. Die Sonne stieg in einen Himmel, der jetzt blauer war und die Sterne zurückdrängte. Begleitet vom Zischen der Hochgeschwindigkeits-Dampfturbinen, dem tiefen Dröhnen der Räder und dem Sausen der Pleuelstangen, jagten wir durch diese öde Welt. Ich fühlte mich wie ein Übermensch. Ich war der Herr eines stählernen Ungeheuers, das die Stille eines Planeten zerriß, Millionen Kilometer von der Erde entfernt.
    Als ich in der Ferne die niedrigen Hügelreihen ausmachte, verlangsamte ich die Fahrt. Auf dem Armaturenbrett blinkte eine rote Signallampe. Acht Kilometer, sagte der Anzeiger. Ich legte die Bremsen an.
    José warf mir einen fragenden Blick zu.
    „Sand auf den Schienen“, sagte ich.
    Die steinige Einöde war unmerklich in sandiges Wüstenland übergegangen. Der Sand war so fein, daß selbst die dünnen Winde des Mars ihn heben konnten. In der Bewegung sah er wie Rauch aus. So weit das Auge reichte, trieben die gelblichweißen Fahnen, und hier und dort waren die Geleise vollständig unter dem Treibsand verschwunden.
    Wir fuhren mit wechselnder Geschwindigkeit, schneller, wenn die Strecke auf einige Kilometer frei war, und ganz langsam, mit heulenden und zischenden Gebläsen, wo Sand war. Ungefähr eineinhalb Stunden vergingen, bis die Strecke wieder uns gehörte.
    Kurz nach zehn Uhr hielten wir vor dem geschlossenen Signal einer Ausweichstrecke. Wir mußten einen Gegenzug passieren lassen. José schob die Tür auf und steckte seinen Kopf hinaus.
    „Kann ich hinausgehen?“ fragte er.
    „Klar.“
    Wir waren auf einer felsigen Ebene, die zerklüftet war wie das Gesicht eines alten Mannes, und von beinahe der gleichen graugelben Farbe. Ich sah zu, wie José über die Felsen sprang und auf eine Erhebung zuhielt, die etwa hundert Meter entfernt wie ein verwitterter Kegelstumpf aufragte. An einigen Stellen war Kletterei nötig, aber José erstieg die Anhöhe offenbar mit Leichtigkeit.
    Ich merkte, daß Frank in den Führerstand gekommen war. Ich sah ihn über die Schulter an, und er sagte: „Sondervorstellung für die hohen Tiere.“
    Daran hatte ich nicht gedacht. Es konnte wahr sein. José wußte, daß er geprüft wurde und daß es Feindseligkeit gegen ihn gab, nicht nur von Frank Gray.
    Nach einer Weile wurde in der Ferne ein schwaches Grollen vernehmbar, und dann kam ein schrilles Pfeifen. Der „Steppenwolf“ kam in Sicht und näherte sich schnell. Die lange, in der Sonne schimmernde Lokomotive donnerte vorbei, gefolgt vom Geratter der leeren Erzwaggons. Als der Zug vorbeigefahren war, sah ich José wieder an Bord klettern. Frank war in seinen Maschinenraum zurückgekehrt.
    Ich musterte den Indianer. Er schnaufte, und seine Wangen waren etwas fleckig. Ich fragte mich, ob das nur von der Anstrengung des Laufens herrühre. Unsere Blicke begegneten sich, und er mußte erraten haben, warum ich ihn beobachtete, denn er sagte rasch: „Es ist in Ordnung, Señor. Ich fühle mich gut.“
    Ich glaubte einen Unterton von Ironie herauszuhören. Ich öffnete die Tür und wandte mich noch einmal halb nach ihm um. „Joe“, sagte ich, „ich habe dir die Strecke erklärt, und du kriegst eine anständige Chance von mir. Ich gehe jetzt in den Passagierwagen, und du bist von nun an auf dich gestellt. Niemand soll hinterher sagen können, ich hätte die Arbeit für dich getan.“
    José sah erschrocken aus. Aber der Moment war rasch überwunden, und er sagte mit ruhiger

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