Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
Männer und zumindest eine der Frauen. Das wusste sie, aber so hatte sie es nicht gemeint. Sie nahm die Perücke ab und reichte mir den Rasierer. Ihre feinen blonden Stoppeln waren etwa drei Wochen alt. Ich rasierte vorsichtig einen Hof um den Kontakt im Nacken.
»Scoville hat sich wieder mal selbst übertroffen«, sagte sie. »Wahrscheinlich brauchte er ein paar Punkte auf seinem Trefferkonto.«
»Das wird es sein. Ihm fehlen noch elf Tote bis E8. Ein Glück, dass ihm kein Waisenhaus in die Quere kam.«
»Wetten, dass er schon den Hauptmann anvisiert?«
Ich war fertig, und sie strich mit dem Daumen an meinem Kontakt entlang. »Glatt«, sagte sie. Ich laufe ständig mit rasiertem Schädel durch die Gegend, auch wenn das für Schwarze an der Hochschule nicht gerade der letzte Schrei ist. Mir gefällt langes, dichtes Haar, aber nicht so gut, dass ich dafür unter einer Perücke schwitze.
Louis gesellte sich zu uns. »Hi, Julian. Besorgst du’s mir, Sara?« Sie streckte sich – er war eins fünfundneunzig – und er zuckte zusammen, als Sara den Rasierer einschaltete.
»Lass mal sehen«, sagte ich. Seine Haut war am Rand des Implantats leicht entzündet. »Lou, das kann Probleme geben. Du hättest dich vor dem Aufwärmen rasieren sollen.«
»Vielleicht. Obwohl du nie genau den richtigen Zeitpunkt erwischst.« Sobald man im Käfig war, blieb man neun Tage drin. Operatoren mit empfindlicher Haut und rasch nachwachsendem Haar wie Sara und Lou rasierten sich deshalb meist noch einmal zwischen Aufwärmphase und Schicht. »Ist nicht das erste Mal«, meinte er. »Ich lass mir vom Sanitäter etwas Salbe drauftun.«
Wir von Einheit Bravo kamen gut miteinander klar. Das war zum Teil Zufall, denn man hatte uns aus dem Kreis der geeigneten Rekruten nicht nur nach dem Psychoprofil, sondern auch nach Körpergröße und Figur ausgewählt; schließlich mussten wir in die Käfige unseres Zugs passen. Von der ursprünglichen Mannschaft waren noch fünf dabei: Candi und Mel, Lou, Sara und ich. Wir machten das nun seit vier Jahren – immer zehn Tage Schicht und zwanzig Tage frei. Mir kam es ein gutes Stück länger vor.
Candi war im richtigen Leben Therapeutin für Trauerarbeit. Wir anderen hatten alle einen Hochschulabschluss. Lou und ich in Physik, Sara in amerikanischer Politik und Mel in Ernährungswissenschaften. Aber eigentlich war Mel Koch – ein Wahnsinns-Koch, um es genau zu sagen. Wir trafen uns ein paarmal im Jahr zu einem Festessen bei ihm daheim in St. Louis.
Wir gingen gemeinsam zurück in den Käfig-Raum. »Okay, alles herhören!« sagte die Lautsprecherstimme. »Maschine Eins und Sieben sind beschädigt, deshalb justieren wir die linke Hand und das rechte Bein zunächst nicht mit.«
»Brauchen wir dann die Schläuche?« fragte Lou.
»Nein, die Absaugvorrichtung bleibt außer Betrieb – falls ihr es euch fünfundvierzig Minuten verkneifen könnt!«
»Wir werden uns Mühe geben, Sir.«
»Gut. Nach der Teilabstimmung habt ihr neunzig Minuten frei, vielleicht auch etwas mehr, bis die neuen Hand- und Beinmodule für Julian und Candi installiert sind. Anschließend justieren wir den Rest, aktivieren die Ortho-Anschlüsse und dann gehört die Bühne euch.«
»Schweig still, mein Herz!« murmelte Candi.
Wir legten uns in die Käfige, schoben Arme und Beine mühsam in steife Ärmel und die Techniker schlossen uns an. Für die Feinabstimmung reichten zehn Prozent der Kampfenergie, und so fing ich von den anderen keine richtigen Sätze auf – nur ein vages »Hallo« von Lou, das Kilometer weit entfernt klang. Ich fokussierte meine Gedanken und antwortete.
Für diejenigen unter uns, die schon seit Jahren dabei waren, lief die Feinabstimmung fast automatisch. Und doch mussten wir zweimal unterbrechen und noch einmal von vorne anfangen – für Ralph, den Neuen, den sie erst kürzlich nach Richards Ausfall in unsere Gruppe gesteckt hatten. Im Grunde ging es nur darum, dass wir alle zehn eine bestimmte Muskelgruppe gleichzeitig anspannten, bis sich das rote und das blaue Thermometer auf den Anzeigen in Augenhöhe überlagerten. Aber solange man das nicht raus hat, verkrampft man meist und schießt übers Ziel hinaus.
Nach einer Stunde öffneten sie den Käfig und nahmen uns von den Strippen. Wir konnten neunzig Minuten im Aufenthaltsraum totschlagen. Dafür in die Klamotten zu schlüpfen, lohnte sich kaum, aber wir taten es trotzdem.
Es war eine Geste. Wir würden die nächsten neun Tage mehr als genug
Weitere Kostenlose Bücher