Der falsche Graf
Zwölf-Millimeter Magnum. "Das Medaillon." Seine Stimme hatte den Klang einer Stahlsäge.
Stille. Die drei Menschen sahen sich an. Klaus-Peter kalt entschlossen, Conny und Miene steif vor Entsetzen.
Mitten in diese Stille gellte plötzlich ein Schrei.
Vor Schreck drückte Klaus-Peter den Abzug. Die Kugel fegte über die Köpfe der Frauen hinweg in die hölzerne Boxenwand und riss sie auseinander. Holzsplitter spritzten durch die Luft. Die Frauen duckten sich instinktiv, die Hände schützend über die Köpfe gelegt. Der Knall hinterließ ein unangenehmes Klingelgeräusch in Klaus-Peters rechtem Ohr. Na klasse, jetzt hatte er sich zu allem Überfluss auch noch einen Tinnitus eingefangen! Wut stieg in ihm auf. Heiß, brennend, beißend fraß sie sich durch seine Speiseröhre, breitete sich in seiner Brust aus, ließ seinen Hals anschwellen, stieg ihm zu Kopfe wo sie in einem riesigen roten Nebel explodierte. Ohne über sein Tun nachzudenken setzte Klaus-Peter zu einem gewaltigen Sprung an, schoss vorwärts, bekam Connys Arm zu fassen und riss sie zu Boden. Gemeinsam rollten sie ein Stück über den schmutzigen Untergrund, dann gelang es Klaus, die sich heftig wehrende Frau niederzukämpfen. Er griff blindlings in ihr Haar, zerrte sie daran hoch und drückte ihr den Lauf seiner Magnum an die Schläfe.
"Schluss jetzt mit den Mätzchen!" Wütend riss er sich die Maske herunter. Er hatte die Schnauze gestrichen voll und es war ihm schnurzegal, ob man ihn erkannte oder nicht. Dieses Weib ging ihm auf den Keks, genauso wie das Gekreische draußen vor der Tür. Wer auch immer sich da herumtrieb, es war ihm egal. Er wollte endlich das Medaillon, für das er inzwischen schon so viel riskiert hatte. Er pfefferte die Mütze in die Ecke und drückte Conny erneut den Lauf seiner Waffe an die Schläfe. "Du rückst jetzt das Medaillon raus, verstanden? Oder du hast zum letzten Mal Luft geholt."
Die Stalltür flog krachend auf, knallte gegen den Holmen, sauste ein Stück in der Führung zurück und blieb endlich stehen. Das Holz ächzte gequält. Simon erfasste die Situation mit einem Blick. Er blieb so abrupt stehen, dass Ottokar, der ihm auf den Fersen folgte, gegen ihn prallte. Hinter ihnen flutete das Kreischen einer Frauenstimme in den Stall.
"Geben Sie auf, Graf", sagte Simon mit ruhiger Stimme. "Es hat keinen Sinn mehr. Die Polizei ist jeden Moment hier."
"Bleibt alle wo ihr seid!", brüllte Klaus-Peter. Die Mündung des Pistolenlaufs bohrte sich schmerzhaft in Connys Schläfe. "Wenn sich auch nur einer von euch bewegt, ist sie tot." Er zerrte Conny mit sich in Richtung Ausgang. "Und du gibst mir jetzt endlich das Medaillon."
Tante Miene griff in ihre Jackentasche. "Sie hat es nicht, ich hab es!" Sie hob die Hand. Zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger baumelte etwas an einer langen Kette. "Wenn Sie Frau Weyrich loslassen gebe ich Ihnen das Schmuckstück."
Gier glitzerte in Klaus-Peters Blicken, aber er war vorsichtig. "Nein, werfen Sie's mir zu." Klaus war wild entschlossen, sich nicht noch einmal austricksen zu lassen. Das Klingeln in seinem Ohr vermischte sich mit dem Kreischen der Frauenstimme draußen auf dem Hof. Ein unangenehmer Geräuschbrei, der seine Konzentration erheblich störte. Das machte ihn wütend. "Los!", kommandierte er ungeduldig. "Ich habe keine Lust mehr auf Spielchen, verstanden?"
Tante Miene überlegte kurz, dann warf sie. Das Schmuckstück drehte sich ein paar Mal in der Luft ehe es etwa einen Meter entfernt vor Klaus-Peters Füßen landete. Er hastete, Conny mit sich zerrend, darauf zu. Als er die Stelle erreicht hatte, versetzte er ihr einen Stoß, der sie seitwärts taumeln und zu Boden fallen ließ. Rasch bückte er sich, wollte nach dem Kleinod greifen, aber genau in diesem Moment begann der Boden unter ihm nachzugeben. Es knarrte und knirschte beängstigend, dann gab es einen fürchterlichen Knall und Klaus-Peter verschwand mitsamt dem Schmuck in der Tiefe. Er war so erschrocken, dass er nicht einmal schreien konnte.
Conny sah, wie er sich bückte, hörte das schrecklichen Knirschen und Knacken, spürte, wie sich der Boden unter ihr auftat. Instinktiv streckte sie die Arme aus, ihre Hände bekamen etwas Hartes, scharfkantiges zu fassen, das ihr tief in die Haut schnitt. Dicke Staubwolken stiegen auf als Klaus-Peters Körper auf dem Grund aufschlug. Sie musste husten, die Augen begannen ihr zu tränen, aber sie hielt sich eisern an dem Brett fest, das wie ein einsamer Steg über dem
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