Der Falsche Krieg
gegen den Irak -, ist bekannt dafür, dass er ein ausgesprochen kühles Verhältnis zu seinem Vorgänger hat. Kurzum, je mehr Ahmadinedschad versucht, in seiner Funktion als Präsident Autonomie zu erlangen, desto mehr kollidiert er mit konkurrierenden Netzwerken aller möglichen Richtungen, denen daran gelegen ist, ihn vor dem Revolutionsführer zu diskreditieren.
Eine antiimperialistische Politik
Schließlich ist es unmöglich, die Politik von Ahmadinedschad zu verstehen, wenn man nicht ihre radikalnationalistische und auf die Dritte Welt ausgerichtete Dimension berücksichtigt, die den Iran an der Seite von Kuba, Venezuela und Bolivien in struktureller Opposition zum angeblichen »amerikanischen Imperialismus« sieht. Bei Ahmadinedschads berühmter Reise nach Lateinamerika im Januar 2007 kam dieser Aspekt deutlich zum Tragen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Stoßrichtung der iranischen Revolution von Beginn an ebenso antiimperialistisch wie islamisch war.
Allerdings wurden die Versprechen des revolutionären Islam - soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung - nicht erfüllt. Die lohnabhängigen Mittelschichten sind verarmt. Die internationale Staatengemeinschaft hat den Iran isoliert. Der vehemente Nationalismus wurzelt in der weit verbreiteten Vorstellung,
dass das Land seit zweihundert Jahren Opfer eines vom Westen angezettelten Komplotts ist. Dementsprechend wird jeder Vorfall als Manifestation einer solchen Verschwörung gedeutet.
Dass Teheran den Holocaust leugnet, ist Teil dieser paranoiden Logik: Es ist nicht Ausdruck einer antisemitischen Haltung im Volk, sondern es handelt sich dabei zu großen Teilen um einen europäischen Import. In der muslimischen Welt betrachtet man Israel traditionell als einen Kolonialstaat, der von Europa unterhalten wird, weil Europa das eigene Schuldgefühl nach dem Völkermord an den Juden auf die Palästinenser übertragen hat. Umgekehrt werden, wenn der Holocaust als ein Mythos darstellt wird - als Gründungsmythos des Staates Israel -, die Argumente europäischer Holocaustleugner aufgenommen wie etwa die von Roger Garaudy, der sich in muslimischen Führungskreisen großer Beliebtheit erfreut. Diese Form von Antizionismus ist auch bei iranischen Intellektuellen verbreitet, die der extremen Linken näher stehen als dem Islamismus - insbesondere den ehemaligen tudeis, das heißt Mitgliedern der kommunistischen Partei. Sie unterstützen das Regime, das dürfen wir nicht vergessen, gerade wegen seiner antiimperialistischen Haltung.
Amerikanische Luftangriffe?
Welche Auswirkungen hätte ein amerikanischer Luftangriff auf den Iran? Kurzfristig würde der Nationalismus erheblich zunehmen, die Kämpfe an jenen drei Fronten, in die auch westliche Truppen verwickelt sind (Irak, Afghanistan, Libanon) gewännen an Schärfe, weil der Iran sich ohne Zögern mit seinen ehemaligen Feinden - den salafistischen Sunniten, den Taliban und Al Qaida - verbünden würde, und schließlich könnte der Iran versuchen, eine Ölkrise auszulösen, durch direktes oder indirektes Eingreifen in die Ölproduktion und den Öltransport im Golf. Der Iran würde sich als Opfer des Imperialismus und Zionismus darstellen, Menschenmassen zögen durch die Straßen und feierten diese heldenhafte Pose des Widerstands; hie und da (auch im Westen) würden Terrorakte verübt, um den Angriff zu rächen. Die erste Schiene, die »Ablehnungsfront«, würde auf diese Weise funktionieren.
Das langfristige Szenario ist vielschichtiger. Der Iran geriete in die Isolation. Eine internationale Kampagne der Terroristen wäre kontraproduktiv, anders als noch in der Zeit zwischen 1984 und 1986, als Anschläge die Westmächte dazu brachten, den Libanon zu verlassen und ihre Unterstützung für Saddam Hussein zurückzufahren. Denn seit dem 11. September wird der Terrorismus nicht mehr als ein taktisches Manöver wahrgenommen, sondern er gilt als globale Bedrohung. Im Irak würde ein amerikanischer Luftangriff auf den Iran keineswegs das Gefühl einer heiligen Allianz gegen Amerika
wecken, sondern die Spannungen noch verstärken. Die sunnitischen arabischen Regime würden die amerikanischen Bemühungen mittragen, die darauf abzielen, den Persischen Golf zu kontrollieren, die Öllieferungen wieder aufzunehmen und den Markt zu normalisieren. Kurzum, die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten würden ihrer eigenen Logik entsprechend fortbestehen. Weder die Hisbollah noch die Hamas, noch Syrien würden bei einer
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