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Der Falsche Krieg

Titel: Der Falsche Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Roy
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Präsident als Erstes - und erstmalig seit der Revolution - die hohen Verantwortlichen in allen Bereichen aus und platzierte Männer aus seinem Umfeld auf allen strategisch wichtigen Posten. Das war ein kluger Schachzug: Das neue Regime konzentrierte sich nicht auf die Wiederherstellung
einer puritanischen moralischen Ordnung, die in Bedrängnis geraten war, weil die Jugend die islamischen Gesetze offen ablehnt. Und während allgemein erwartet wurde, dass der Präsident nach seinem Amtsantritt zu einer gewissen wirtschaftlichen Orthodoxie zurückkehren würde, versucht er seither vor allem, seine demagogischen Versprechungen gegenüber den kleinen Leuten umzusetzen, wie seine Forderung nach einer Zinssenkung trotz steigender Inflationsrate zeigt. All dies vollzieht sich in einem Kontext, in dem die Realisierung solcher Versprechen besonders problematisch ist, weil die UNO-Sanktionen immer stärker greifen und die Amerikaner seit 2006 die Volkswirtschaft blockieren, die sich trotz der Öleinnahmen in strukturellen Schwierigkeiten befindet. Ahmadinedschad schien überzeugt, dass alles kurzfristig geregelt werden könnte und dass die außenpolitische Krise ihn vor innenpolitischen Problemen bewahren werde. Die Tatsache, dass man bei ihm den millenaristischen Eifer der islamischen Revolution spürt, von dem sich die politischen Routiniers längst verabschiedet haben, ist in diesem Zusammenhang nicht unwichtig.
     
    Um das Phänomen Ahmadinedschad zu verstehen, muss man die Kreise unter die Lupe nehmen, die ihn an die Macht gebracht haben. Er ist in erster Linie der Kandidat der Pasdaran (der Revolutionswächter) und der Bassidschi (der »Mobilisierten der Unterdrückten«, der Volksmiliz). Diese beiden Organisationen bilden den harten Kern des Regimes und sind das wohl am besten
organisierte politische Lager. Man muss hinzufügen, dass es echte politische Parteien im Iran nie gegeben hat. Khomeini löste nach seinem Sieg seine Partei der Islamischen Republik selbst auf. Was heute im Iran »Hisbollah« (Partei Gottes) heißt, ist nicht eine Partei, sondern steht als Oberbegriff für alle, die sich im Umfeld der Bassidschi und der Pasdaran tummeln.
    Es ist nicht unüblich, dass in den Wahlkämpfen instabile Koalitionen rund um einen Mann und ein Programm hervorsprießen. Besonders deutlich war das bei den beiden Präsidentschaftswahlen zu beobachten, die Mohammed Khatami ins Amt brachten (1997 und 2001). Parallel zu den rein politischen Koalitionen existieren Netzwerke aus persönlichen Beziehungen, vor allem Netzwerke von Geistlichen, in denen sich Mullahs versammeln, die gemeinsam bei einem Ayatollah studiert haben. Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler kann sich über mehrere Generationen fortsetzen und durch familiäre Bindungen verstärkt werden. Solche Netzwerke gehen über rein politische Bündnisse hinaus, und wenn beide zusammentreffen, sind sie sehr mächtig, denn ihre Mitglieder haben unmittelbar Zugang zum Revolutionsführer, und dessen Büro ist heute das wahre Machtzentrum im Iran.
    Die zweite Art von Netzwerk ist im Umkreis der Revolutionswächter entstanden. Sie bilden eine paramilitärische Organisation, eine regelrechte Parallelarmee, die sogar über eine eigene Marine und Luftwaffe verfügt. Die Wächter oder Pasdaran kontrollieren die Stiftungen, die über beträchtliche Mittel verfügen und deren
Verwaltung oft undurchsichtig ist, denn sie unterliegen weder dem Handelsrecht noch einer öffentlichen Rechnungslegung. Etliche Pasdaran waren in Finanzskandale verwickelt. Außerdem gibt es in der Bewegung interne Rivalitäten und Konflikte zwischen Einzelpersonen, nicht zuletzt weil die Jungen, die beitreten, nicht unbedingt die gleichen festgefügten ideologischen Überzeugungen haben wie die Älteren. Aber auf den Korpsgeist ist Verlass.
    Die Pasdaran kontrollieren außerdem die Bassidschi, Gruppen junger Männer, die als Sittenpolizei auftreten und dem Regime als »Kampfreserve« dienen. Aus einfachen Schichten stammend, sind sie puritanisch gesinnt, und zwar gleichermaßen aus Überzeugung wie aus einem Mangel an Gelegenheit, an einer Konsumgesellschaft teilzuhaben, die in ihren Augen den Bürgern in den nördlichen Wohnvierteln von Teheran vorbehalten bleibt. Die Bassidschi sind wohl die letzte Bastion einer Revolution, die sich auf eine populistische moralische Ordnung reduziert hat. Außerdem stehen die Bassidschi unter der Kuratel ideologisch besonders kompromissloser Mullahs.
    De facto

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