Der fantastische Finn
vier?“
„Ja, vier ist gut“, antwortet Benjamin, der seine Stimme wieder gefunden hat.
„Dann bis später“, strahlt Finn ihn an, packt seine Sachen zusammen, und verlässt den Klassenraum gerade als es zum Ende des Unterrichts läutet.
Benjamin schaut ihm noch hinterher, als er aus dem Augenwinkel heraus bemerkt, dass jemand an seinen Tisch getreten ist.
„Du hättest mit uns arbeiten können“, sagt Anna zu ihm und zeigt auf Sebastian und Julia, mit denen sie eine Gruppe gebildet hat.
Er und Anna kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Sie haben früher im selben Haus gewohnt und seither denselben Kingergarten und dieselben Schulen besucht. Über die Jahre ist eine enge Freundschaft zwischen ihnen entstanden, die nicht immer ganz unkompliziert verlief, da Anna irgendwann mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Benjamin entwickelte, die dieser jedoch nicht erwidern konnte.
Heute steht dies schon lange nicht mehr zwischen ihnen und beide sind froh darüber.
Benjamin glaubt eine leichte Besorgnis aus ihrer Stimme heraus zu hören und bemerkt ihre leicht gekräuselte Stirn, die ihn irritiert.
Er weiß nicht recht, was er darauf antworten soll. Sich selbst, geschweige denn Finn vor anderen in irgendeiner Form zu verteidigen, erscheint ihm unangebracht.
Er schaut zu ihr hoch und antwortet: „Alles cool, Anna.“
„Alles cool, Anna“, ahmt diese ihn nach und verdreht dabei die Augen.
„Bist Du sicher?“
Benjamin räumt sein Zeug zusammen.
„Was soll sein?“
Anna überlegt einen Moment, während sie ihn nachdenklich anschaut und sagt dann: „Wir sollten mal wieder etwas gemeinsam unternehmen, findest Du nicht? Ist ziemlich lange her.“
Anna hat Recht. Sie haben tatsächlich außerhalb der Schule schon länger nichts mehr zusammen unternommen. Benjamin fragt sich kurz nach dem Grund dafür, aber ihm fällt eigentlich keiner ein.
„Gute Idee. Ich bin dabei.“
„Prima“, sagt Anna lächelnd.
„Also, dann irgendwann in den nächsten Tagen Kino und anschließend Eisdiele?“, schlägt sie vor.
„Auf jeden Fall“, stimmt Benjamin grinsend zu.
Anna grinst zurück und bevor sie sich umdreht, um zu ihrem Tisch zurück zu kehren, glaubt Benjamin wieder diesen Anflug leichter Besorgnis in ihrem Blick wahrgenommen zu haben.
*
Als Benjamin später zuhause ist, versucht er, sich auf seine Aufzeichnungen, die er mit Finn erarbeitet hat, zu konzentrieren.
Finn soll nicht bemerken, dass er praktisch nichts davon behalten hat.
Es will ihm aber nicht recht gelingen; zuviel Raum nimmt Finn in seinem Herzen und in seinen Gedanken ein.
Er versucht es noch eine zeitlang, bis er verärgert seinen Block mit einer kurzen Handbewegung vom Schreibtisch wischt, der mit einem vorwurfsvollen Geräusch neben dem Papierkorb landet.
„Verdammt“, schnauft Benjamin wütend auf sich selbst.
Nachdem er danach unruhig auf seinem Bett gelegen und die Decke angestarrt hat, im seinem Zimmer auf- und abgegangen ist und auch Computerspiele ihn nicht auf andere Gedanken bringen konnten, beschließt er, sich früher als vereinbart auf den Weg zu Finn zu machen, in der Hoffnung, dieser wird es ihm nicht verübeln.
*
Hier also wohnt Finn, denkt sich Benjamin als er von seinem Fahrrad steigt und es an dem Zaun, der den Vorgarten vom Bürgersteig trennt, befestigt.
Vorfreudig und auch ein wenig nervös geht er durch den Vorgarten zum Haus und klingelt.
Nach kurzer Zeit öffnet eine junge Frau mit einem Kleinkind auf dem Arm die Haustür.
„Ja?“
„Hallo, ich bin Benni. Ich möchte zu Finn.“
„Zum wem?“, fragt die junge Frau etwas irritiert.
„Zu Finn“, wiederholt Benjamin. „Ich bin ein Schulfreund, wir wollen zusammen lernen.“
Die Antwort kommt zögerlich: „Ähm, hier wohnt kein Finn. Tut mir leid, Du musst Dich in der Adresse irren.“
Benjamin merkt, wie Unbehagen in ihm aufsteigt, nimmt den Zettel den Finn ihm gab aus seiner Hosentasche und mit einem Blick darauf fragt er dann: „Das hier ist doch Seestraße Nummer 14?“
„Ja“, sagt die junge Frau während sie ihr Kind auf ihren anderen Arm bugsiert.
Benjamin stutzt und sein Blick fällt auf das Namensschild, das rechts von der Haustür angebracht ist. Der Name dieser Familie ist tatsächlich nicht Jonasson.
„Ähm, tut mir leid“, entschuldigt sich Benjamin verwirrt, während die Frau ihn nur ansieht.
„Wissen sie vielleicht, ob hier in der Nachbarschaft eine Familie Jonasson
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