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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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Bilder von Coralie Schendel und Melanie Halldörfer.
    Moll lag auf der Intensivstation und schwebte in Lebensgefahr. Er hatte sich mit den Glasscherben die Speiseröhre zerfetzt, doch das eigentlich Gefährliche waren die daraus resultierenden inneren Blutungen. Ob er durchkommen würde, war nach Aussage des Arztes schwer abzuschätzen.
    Und sie wussten noch immer nichts über Lene.
    Außerdem würde es ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorfalls bei der Vernehmung geben.
    Natürlich zog das unangenehme Fragen auf sich, wenn ein Beschuldigter vor den Augen des Kommissars versuchte, sich das Leben zu nehmen.
    Seine Vernehmungsmethoden waren nicht ganz legal gewesen, doch oft heiligte der Zweck die Mittel, schließlich ging es um das Leben von Lene. Alles war zuvor mit seinem Chef abgesprochen worden, und Landsberg hatte ihm volle Unterstützung zugesagt: »Das soll kein Nachspiel für dich haben, Nils, der Kerl ist doch komplett irre.«
    Natürlich hätten sie ihm das Wasser in einem Pappbecher geben müssen. Sie waren schon zu siegesgewiss gewesen, es hatte doch wirklich den Anschein gehabt, als würde Moll gleich auspacken.
    Trojan machte sich bittere Vorwürfe, zumal wenn Moll wirklich unschuldig war.
    Noch hatte er da seine Zweifel. Schließlich könnten sie seinen Selbstmordversuch auch als Schuldeingeständnis werten.

    Doch was half das alles, wenn sie nicht wussten, was mit Lene geschehen war.
    Vermutlich war sie längst tot.
    »Zu spät«, murmelte er.
    Er trank das Bier aus. Jetzt brauchte er dringend was Stärkeres. In der Küche öffnete er den Schrank. Ganz hinten, versteckt zwischen den Vorräten, gab es eine gewisse Flasche für allzu schwermütige Abende.
    Er zog sie hervor, betrachtete sie, zögerte kurz, dann nahm er einen großen Schluck. Das derbe irische Malzgesöff brannte angenehm in der Kehle und wärmte ihn. Er atmete tief durch. Die nächsten Schlucke waren noch kräftiger, er leckte sich die Lippen.
    Er setzte sich an den Küchentisch, stützte die Ellenbogen auf und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Mit einem Mal stand er auf und nahm das Telefon. Er klickte sich durch die gespeicherten Rufnummern. Da war der gesuchte Name, ohne länger nachzudenken, drückte er auf die grüne Taste.
    Nach dem fünften Freizeichen meldete sich der Anrufbeantworter von Jana Michels‹ Praxis.
    Trojan hörte sich selbst dabei zu, wie er ins Telefon sprach: »Jana? Jana Michels? Sind Sie da? Könnten Sie abheben? Bitte. Es ist dringend.«
    Nichts geschah, natürlich nicht, warum sollte sie auch um diese Zeit noch in der Praxis sein. Er hörte es in der Leitung rauschen, griff mit der anderen Hand nach der Whiskyflasche und trank.
    Scheiße, dachte er, jetzt sind wahrscheinlich auch noch die Schluckgeräusche auf dem Band.

    Nichtsdestotrotz sprach er weiter: »Wissen Sie, das war ein wirklich, wirklich beschissener Montag heute. Kennen Sie das eigentlich auch? Gibt es beschissene Montage in Ihrem Leben, Jana Michels?«
    Er horchte auf das Rauschen.
    Er stellte sich vor, es wären Wellen, er mit Jana Michels am Strand, irgendwo unter Palmen. Während er sich das noch ausmalte, merkte er, wie er langsam vor Erschöpfung einzunicken drohte, den Hörer in der Hand.
    Er zuckte zusammen.
    »Entschuldigung«, murmelte er, »löschen Sie das bitte wieder. Ja? Gleich morgen früh löschen.«
    Dann legte er auf. Was sollte sie jetzt bloß von ihm denken?
    »Idiot«, beschimpfte er sich selbst.
    Nun gab es nur noch zwei Möglichkeiten für ihn, schlafen oder wieder raus aus der Wohnung. Frische Luft, ja, dachte er, wäre das Beste. Außerdem beschlich ihn eine merkwürdige Unruhe, die er sich nicht recht erklären konnte, also stand er auf, schlüpfte in seine Jacke, schnappte sich den Wohnungsschlüssel und ging.
    Als er unten im Hausflur am Briefkasten vorbeikam, schauderte er. Er musste sich noch einmal vergewissern, dass nichts Verdächtiges darin lag.
    Dabei fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, seine Waffe aus dem Revier mitzunehmen.
    Na schön, dachte er, wenn du es doch warst, Moll, bin ich ja wohl außer Gefahr.
    Aber sein Gefühl sagte ihm, dass das nicht stimmte.
    Er ging am Kanal entlang, bog in die Friedelstraße ein,
passierte die Kneipen und Restaurants, ging immer weiter, bis er sich plötzlich jenseits der Pannierstraße befand.
    Ihm war, als würden seine Schritte ferngesteuert, und er versuchte herauszufinden, was ihn eigentlich trieb. Er konnte es nicht genau fassen, bis er bemerkte, dass er sich

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