Urmel spielt im Schloß
Es ist von viel
Neuigkeiten die Rede
Diese
Geschichte beginnt an ein und demselben Morgen an zwei ganz verschiedenen
Orten: in der Residenzstadt Pumpolon und auf Titiwu. Hier — auf der kleinen
Insel — lebten die Tiere noch immer friedlich, von Professor Habakuk Tibatong
liebevoll betreut. Heute nun steckte das Urmel nach einem kleinen Rundflug
seinen Kopf in König Pumponells Zelt und rief: «Aufstehen, Futsch!»
Ja — das
Urmel konnte fliegen! Langsam, ganz langsam, von keinem recht bemerkt, waren
seine Stummelflügel gewachsen. Und jetzt schwang es sie fast so elegant wie ein
Schwan.
Einmal — es
war nun schon länger her — hatte das Urmel mit Ping Pinguin gebadet. Und als
dieser sich hinterher die Federn ausschüttelte, machte es ihm das Urmel
übermütig nach. «Du kannst dich noch so viel pfütteln», sagte Ping Pinguin
leicht verärgert, «du wirst nie so aussehen wie ich. Nur in einem ähneln wir
uns: Deine Flügel sind genauso nutzlos wie meine.»
«Vielleicht
kann ich aber doch einmal fliegen!» trumpfte das Urmel auf.
«Oh»,
kreischte da Ping Pinguin empört, «wenn du Riesenungetüm und
Seeungeheuerverwandter dich in die Luft erheben kannst, dann will ich mir von
Wutz die Ohren wapfen lassen!»
«Das möchte
ich erleben!» rief das Urmel. Es begann mit riesigen Sätzen über den Sand zu
fegen. Es streckte den Kopf vor. Seine Füße wirbelten, es breitete die
Schwingen aus, bewegte sie auf und ab — und plötzlich erhob es sich vom Boden.
Zuerst waren es nur kleine Hupfer, dann wurden die Sätze größer, und
schließlich flog es einige Meter — wie eine Wildente, die tief überm Wasser
dahinstreicht.
Und seitdem
flog es besser und immer besser. Längst brauchte es keinen Anlauf mehr zu
nehmen. Heute früh hatte es schon die Insel umrundet; war an Tim Tintenklecks’
Baumhaus vorbeigestrichen; hatte sich hoch hinaufgeschwungen, fast bis zu den
Zugvögeln; war dann über Seele-Fants Felsenriff geschwebt, hatte geschaut, ob
vielleicht Onkel Pitsch zu Besuch gekommen sei — und wollte nun den König
wecken. Aber dieser war schon angezogen und auf dem Weg zum Professor. König
Pumponell, der sich selber zum Spaß König Futsch nannte, lebte in letzter Zeit
fast nur noch auf der Insel, mit seinem kleinen Diener Sami, in einem
geräumigen orangeroten Zelt am Strand.
Da der König
nicht mit dem Urmel frühstückte, flog es zu Ping Pinguin und Wawa, um die
beiden aus ihren Muscheln zu scheuchen.
König
Pumponell wanderte den Hang hinauf, klopfte an die Blockhaustür und trat ein.
Wutz schüttelte gerade die Bettdecke aus. Der Professor saß am Schreibtisch. So
nett er den König neuerdings fand, so lästig war ihm oft die Anwesenheit eines
anderen Menschen.
«Ich hoffe,
ich störe nicht!» sagte der König. «Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß ich
heute noch zum Einkaufen nach Hause fliege, weil meine Vorräte aufgebraucht
sind. Kann ich etwas für Sie mitbringen?»
«Besprechen
Sie das bitte mit Wutz!» brummte der Professor, ganz woanders mit seinen
Gedanken.
«Sie sollten
mich einmal begleiten!» sagte der König. «Die Welt muß endlich von Ihnen und
Ihren wunderbaren Entdeckungen erfahren, von den sprechenden Tieren, von der
Tauchtablette, dem Lachbrunnen — und von allem anderen! Ewig können Sie doch
nicht hier auf dieser Insel verborgen bleiben!»
«Die Welt
soll mich in Ruhe lassen!» rief der Professor. «Neugierige Menschen würden mich
nur am Arbeiten hindern und das Inselparadies zerstören. Verraten Sie nie, nie
jemandem etwas von uns! Entsetzlich, sich Zwengelmann hier vorzustellen...»
Der König
zuckte die Achseln und ging mit Wutz vors Haus. Sie kroch in ihre geliebte
Schlummertonne und kehrte mit einem zerknitterten Zettel im Maul zurück. «Ich
habe schon alles aufgeschrieben! Mit Ihrer Schreibmaschine, Majestät—», grunzte
sie. «Der Professor braucht neue Hemden und wissenschaftliche Bücher, ich
selbst hätte gern eine neue Matratze, außerdem Zahnpasta, Seife und
Scheuerlappen. Und bitte viele illustrierte Zeitungen mit Nachrichten aus der
feinen Gesellschaft — Klatsch über Könige — oh, Verzeihung, Majestät! — und
vieles andere mehr!»
Der König
lächelte. Er überflog den Zettel. Und am gleichen Abend noch startete er mit
Sami in seinem Hubschrauber nach Pumpolon. Das Zelt ließ er aufgebaut am Strand
zurück. Er brauchte es ja bald wieder...
Und an genau
diesem Morgen erhielt Direktor Doktor Zwengelmann vom Naturkundemuseum in
Pumpolon
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