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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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allmählich dem Haus in der Fuldastraße näherte.
    Vielleicht hatte er dort ja etwas übersehen.
    Schon stand er davor.
    Er legte den Kopf in den Nacken und schaute zu den Fenstern im vierten Stock hinauf.
    Hatte er da nicht eben einen Lichtschein ausgemacht?
    Nein, das musste wohl eine Täuschung gewesen sein.
    Die Haustür war unverschlossen, er drückte sie auf und ging hinein, stieg die Stufen hinauf.
    Die Wohnungstür der Halldörfer war polizeilich versiegelt. Er beugte sich vor und musterte die Siegel. Sie waren eingerissen.
    Ihm stockte der Atem.
    Jemand war in die Wohnung eingedrungen.
    Und womöglich war derjenige noch hier.
    Instinktiv tastete er nach der Stelle unter seiner Jacke, wo sich das Holster mit seiner Waffe befinden müsste. Aber da war nichts. Er war wehrlos.
    Er untersuchte das Schloss. Keine Einbruchsspuren.
    Er überlegte kurz. Wenn von innen nicht abgeschlossen war, könnte er es ja auf einen Versuch ankommen lassen. Er fingerte nach seiner Brieftasche, zog seine EC-Karte hervor und schob sie zwischen Türschnapper und Türrahmen.
    Was mache ich hier?, dachte er und spürte, wie der Alkohol
durch seine Adern strömte, ich bin ja völlig durch den Wind.
    Er fummelte eine Weile mit der Karte herum, und mit einem Mal gab der Schnapper nach, er drückte die Schulter gegen die Tür.
    Sie öffnete sich.
    Trojan atmete gepresst. Lautlos schob er sich in die Wohnung hinein.
    Geradeaus befand sich das Schlafzimmer. Die Tür stand einen Spaltbreit offen.
    Durch den Spalt fiel ein matter Lichtschein in den Flur.
    Also hatte er sich auf der Straße doch nicht getäuscht.
    Langsam ging er auf die Tür zu.
    Plötzlich wurde das Licht ausgeknipst.
    Für einen Moment verlor er die Orientierung und tastete mit den Händen nach den Wänden.
    Schließlich hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt.
    Was sollte er tun? Hilfe holen? Die Kollegen alarmieren? Sicherlich wäre es das Klügste, aber er tastete sich immer weiter vor.
    Schon hatte er die Schlafzimmertür erreicht, duckte sich und gab ihr gleichzeitig einen Stoß.
    Er hörte, wie jemand im Dunkeln atmete.
    Nicht einmal eine Taschenlampe hatte er dabei.
    Seine Hände suchten nach dem Lichtschalter an der Wand.
    Wieder hörte er das Atmen.
    Und ein Geräusch.

    Das Geräusch erinnerte ihn fatal an den Vorfall im Vernehmungsraum.
    Jemand knirschte mit den Zähnen.
    Trojans Nackenhaare stellten sich auf.
    Wenn der Täter zurückgekehrt ist, durchfuhr es ihn, laufe ich ihm direkt ins offene Messer. Warum tue ich das?
    Er wusste es nicht, er wusste nur, dass seine Schritte gelenkt wurden, als zöge ihn eine unsichtbare Hand weiter in das Zimmer hinein.
    Seine Finger fanden den Schalter und betätigten ihn.
    Das Licht flammte auf.
    Das Laken war abgezogen, doch auch die Matratze war blutdurchtränkt.
    Dieser kupfrige Blutgeruch, den er von so vielen Tatorten kannte, schwebte noch immer in dem Zimmer.
    Das Kissen lag auf der Matratze. Und auf dem Kissen waren Haare, blonde Haare.
    Dann fiel sein Blick auf die Bettdecke.
    Der Bezug fehlte, doch auch hier war überall eingetrocknetes Blut.
    Unter der Decke lag jemand.
    Trojan taumelte auf das Bett zu und zog die Decke weg.

FÜNFZEHN
    S ie trug ein schmutziges T-Shirt und eine fleckige Jeans. In ihrem Arm hielt sie Jo, die Stoffschildkröte. Ihr Haar war zerzaust, und sie sah Trojan aus verängstigten Augen an.
    Er versuchte abzuschätzen, ob sie irgendwelche Verletzungen erlitten hatte, aber er konnte nichts erkennen.
    Er ließ sich auf dem Bettrand nieder, sie wich vor ihm zurück.
    »Du lebst«, sagte er heiser. »Mein Gott, Lene, du bist am Leben.«
    Er spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Die gesamte Anspannung der letzten Tage schien sich in diesem Moment von ihm zu lösen.
    »Lene, ich …«, stammelte er, »wir haben dich gesucht, seit drei Tagen suchen wir dich schon.«
    »Wie bist du hier reingekommen?«, wisperte sie.
    Er machte eine vage Geste zur Tür hin.
    »Ich bin –«
    Er brach ab und rieb sich erschöpft mit der Hand über die Stirn.
    »Ganz langsam, Lene, immer der Reihe nach. Alles in Ordnung? Hat man dir weh getan?«
    Sie richtete sich langsam auf und sah ihn misstrauisch an.
    Um sich halbwegs zu beruhigen, zählte er innerlich bis zwanzig, darauf fragte er, nun auch flüsternd: »Wo warst du, Lene?«
    Sie drückte das Stofftier fester an sich. Mein Gott, dachte er, sie hockt genau dort, wo dieses Schwein auf ihre Mutter eingestochen hat. Sie sitzt in all dem

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