Der Feind
Afghanistan zu kämpfen. Rashid hatte seine Quellen in Geheimdienstkreisen benutzt und viel mehr erfahren, als er preiszugeben gedachte. Nach und nach lieferte er seinem Freund jene Informationen, die, wie er wusste, schließlich zu dem Ruf nach Rache führen würden.
»Saeed, ist dir klar, was du da von mir verlangst?«, erwiderte der Prinz in ernstem Ton, so wie er es sich vorher zurechtgelegt hatte. »Ist dir überhaupt bewusst, wer dieser Mitch Rapp ist?«
»Er ist ein Mörder und ein Ungläubiger, und er ist der Mann, der für den Tod meines Sohnes verantwortlich ist. Mehr brauche ich nicht zu wissen.«
»Ich muss dich warnen«, entgegnete Rashid wohlüberlegt. »Dieser Mitch Rapp ist ein äußerst gefährlicher Mann. Und er hat angeblich einen sehr guten Draht zum amerikanischen Präsidenten und zum König.«
»Er ist ein Ungläubiger«, beharrte der trauernde Vater und wandte sich wieder dem Geistlichen zu. »Ich habe bei deinen Predigten gut zugehört. Stehen wir denn nicht in einem Krieg, bei dem es um das Überleben des Islam geht? Hast du nicht gesagt, dass wir zu den Waffen greifen müssen, um den Kampf gegen die Ungläubigen aufzunehmen?«
Das Gesicht des Geistlichen, das hinter dem dichten grauen Bart kaum zu sehen war, blieb ausdruckslos. Der Scheich schloss nur die Augen und nickte.
Saeed wandte sich wieder seinem alten Freund, dem Prinzen, zu. »Ich bin weder Politiker noch Staatsmann, und auch kein Mann Gottes. Ich bin nur ein einfacher Geschäftsmann. Ich erwarte auch nicht, dass du das, was ich tue, öffentlich unterstützt. Worum ich dich bitte, Rashid, ist, dass du mir einen Hinweis gibst, an wen ich mich wenden kann. Nenn mir nur einen Namen, um den Rest kümmere ich mich dann selbst.«
Abgesehen davon, dass Saeed sein Anliegen in aller Öffentlichkeit geäußert hatte, verlief alles so, wie Rashid es erwartet hatte. Er zwang sich, ruhig zu bleiben und seine Zufriedenheit für sich zu behalten. »Saeed«, sagte er schließlich, »ich kenne tatsächlich einen Mann, der große Erfahrung in den Dingen hat, um die es hier geht. Er ist sehr teuer, aber so wie ich dich kenne, wird das wohl keine Rolle spielen.«
Saeed nickte entschieden. Er hatte ein riesiges Vermögen angehäuft, indem er zuerst das Telefon- und Stromnetz im Königreich aufgebaut hatte und nun auch noch Tausende Kilometer Glasfaserkabel verlegte.
»Ich werde ihn zu dir schicken, aber du darfst weder ihm noch sonst jemandem gegenüber auch nur erwähnen, dass wir hier über die Sache gesprochen haben. Ich teile deinen Zorn, und ich wünsche dir für dein Vorhaben viel Glück, aber du musst mir dein Wort als mein ältester Freund geben, dass du mit niemandem über meine Rolle in der Angelegenheit sprichst. Man muss in diesem Land heutzutage gut achtgeben, was man sagt oder tut, und ich habe Brüder, die für dein Anliegen wahrscheinlich nicht so viel Verständnis aufbringen würden wie ich.« Es war offensichtlich, dass Rashid damit auf die amerikafreundliche Regierung Saudi-Arabiens anspielte.
Saeed schnaubte verächtlich. »Dazu könnte ich einiges sagen, aber du hast recht – gewisse Dinge behält man heute lieber für sich. Du hast mein Wort. Ich werde mit niemandem darüber sprechen. Nicht einmal mit dem Mann, den du mir schickst.«
»Gut«, sagte Rashid lächelnd, stand auf und half seinem Freund auf die Beine. Die beiden Männer schritten durch den Saal und ließen den Geistlichen allein zurück. »Wenn es dir nämlich gelingt, Mitch Rapp zu töten, und die Amerikaner herausfinden, dass du dahintersteckst, wird dir der König den Kopf abschneiden. Wenn es aber schiefgehen sollte und Mitch Rapp herausfindet, dass du dahintersteckst … dann wird er dir und deiner Familie mehr Leid zufügen, als du dir vorstellen kannst.«
Saeed nickte. »Wie erkenne ich den Mann, den du zu mir schickst?«
»Er ist Deutscher. Du wirst ihn sofort erkennen. Er ist ein überaus fähiger Mann. Sag ihm einfach, was du von ihm willst, und er wird sich um den Rest kümmern.«
3
MONTREAL, KANADA
Rapp kam am nächsten Morgen an Bord eines Fakon-2000-Executive-Jets an, der über eine Firma im CIA-Besitz geleast worden war. Als geprüfter Pilot hatte Rapp bei diesem Flug die Rolle des Copiloten übernommen und war dementsprechend gekleidet. Mit seiner Uniform und dem abgegriffenen, aber gefälschten Pass kam er rasch durch die Zollkontrolle an dem Privatflughafen und nahm ein Taxi zu dem Hotel, in dem das Team Quartier bezogen hatte. Es war
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