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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er hatte sie aus der Hölle in Belfast befreit, und jetzt befand sie sich bei ihm, wo sie Geschäftsdame werden sollte, nicht etwa Dienerin….
    Sie?… Eine Dienerin?… Das hätte die Kat nicht gelitten und Bob ebensowenig, wie Findling es erlaubt hätte.
    »Du willst mich also bei Dir behalten? fragte sie.
    – Ob ich das will, Sissy!
    – Ich werde aber wenigstens arbeiten, um Dir keine Last zu sein.
    – Jawohl, liebe Sissy.
    – Und was werd’ ich zu thun haben?
    – Vorläufig gar nichts, Sissy.«
    Weiter war jetzt nicht zu kommen, in der That wurde Sissy aber acht Tage später – auf ihren bestimmten Wunsch – im Laden angestellt, nachdem sie sich mit dem Verkauf vertraut gemacht hatte, und hier bildete das zierliche junge Mädchen, die schon wieder merkwürdig aufgeblüht war, ein neues Zugmittel für die Kundschaft.
    Ein lebhafter Wunsch Sissys war es da, den ersten Heizer des »Vulcan« einmal die Schwelle des Hauses überschreiten zu sehen. Sie kannte das Verhalten Grips in der
Ragged-School
und wußte, daß er ihre Schützerrolle gegenüber dem Kinde, nachdem sich dieses der rohen Hard entzogen, übernommen hatte. Wie sie ihn einst gegen die Hard schützte, so hatte er den Knaben später gegen Carker und dessen Spießgesellen in Schutz genommen. Ohne die Aufopferung des wackern Burschen wäre der Kleine ja gar in den Flammen umgekommen. Der erste Heizer konnte bei seiner Rückkehr also auf den besten Empfang rechnen. Besondre Umstände verzögerten die Heimkehr des Schiffes diesmal aber bis über Ende des laufenden Jahres hinaus.
    Die am 31. December 1886 gezogene Bilanz ergab ein noch günstigeres Resultat als die früheren. Mehr als zweitausend Pfund Sterling betrug schon das reine Vermögen des Hauses »Zum kleinen Geldbeutel«. O’Brien hatte das nach Durchsicht der Bücher bestätigt. Der ehrliche Kaufmann konnte den jungen Chef zu diesem Erfolge nur beglückwünschen, legte ihm dabei aber ans Herz, immer mit so weiser Vorsicht wie bisher zu Werke zu gehen.
    »Schwerer ist es oft, sich sein Vermögen zu erhalten, als es zu erwerben, sagte er zu Findling bei Zurückgabe der Geschäftsbücher.
    – Sie haben Recht, erwiderte dieser, doch glauben Sie mir, Herr O’Brien, daß ich mich nie auf Irrwege locken lassen werde. Immerhin bedaure ich, daß die in der Bank von Irland liegenden Summen keine lohnendere Verwendung finden sollen. Das ist Geld im Schlaf, und wenn man schläft, arbeitet man nicht.
    – Nein, mein Sohn, man ruht aber aus, und Ruhe ist dem Gelde ebenso nothwendig, wie dem Menschen.
    – Und doch, Herr O’Brien, wenn sich eine gute Gelegenheit böte…
    – Die dürfte nicht nur gut, sie müßte ausgezeichnet sein.
    – Zugegeben, in einem solchen Falle aber weiß ich, würden Sie mir selbst rathen…
    – Davon Nutzen zu ziehen?… Natürlich, mein Sohn, wenigstens wenn die Sache zu Deinem jetzigen Geschäftsbetriebe paßt.
    – Das ist auch für mich Bedingung, Herr O’Brien, und es wird mir nie einfallen, mich auf Speculationen einzulassen, die auf mir unbekanntem Gebiete liegen. Wenn man jedoch mit Klugheit vorgeht, kann man wohl versuchen, sein Geschäft zu erweitern.
    – Es wäre unrecht von mir, Dich davon abzuhalten, mein Sohn, und wenn ich ein ganz sicheres Geschäft aufspüre… nun ja… vielleicht… doch, das wird sich finden.«
    Aus kluger Vorsicht wollte sich der Exkaufmann nicht zu sehr binden.
    Ein Tag, der im Kalender des »Kleinen Geldbeutels« roth angestrichen zu werden verdient hätte, war der 23. Februar.
    Auf einer hohen Leiter stehend, wäre Bob beinahe heruntergepurzelt, als er sich anrufen hörte mit den Worten:
    »He, da sitzt einer auf der Bramstenge!… Heda!
    – Grip! rief Bob, der herunterglitt, wie die Jungen auf einem Treppengeländer.
    – Ja, ich bin’s, and Co!… Findling geht es doch gut, Knirps?… Kat ebenfalls?… Und Herrn O’Brien auch?… Ich habe doch keinen vergessen?
    – Keinen?… Und mich, Grip?«
    Diese Worte kamen von einem jungen Mädchen, die freudestrahlend auf den ersten Heizer des »Vulcan« zutrat und ihm ohne Umstände einen Kuß auf jede Wange drückte.
    »Wa… was? rief Grip ganz verdutzt. Mein Fräulein… ich kenne Sie ja gar nicht… Umarmt und küßt man denn hier die Leute, ohne sie zu kennen?
    – Nun so fange ich erst wieder an, wenn wir mit einander bekannt geworden sind….
    – Das ist ja Sissy, Grip!… Sissy!… Sissy!« wiederholte Bob laut auflachend.
    Eben traten Findling und die Kat ein. Der

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