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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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flehte er zu Gott, daß er ihn retten möchte um ihret-, wie um seiner selbst willen….
    Die »Doris« beugte sich nicht weiter zur Seite, so daß eine unmittelbare Gefahr ausgeschlossen schien. Zum Glück hatte der feste Rumpf des Schiffes gut zusammengehalten und noch konnte kein Wasser in dessen Inneres dringen. Lag die Goëlette im Course eines andern Schiffes und machten deren Retter ein Eigenthumsrecht daran geltend, so würde Findling bei der Hand sein, seine unversehrt gebliebene Fracht zu beanspruchen, die von dem aufgeregten Meere ja nicht erreicht worden war.
    Die Nacht verging. Mit dem ersten Morgenrothe verlor der Sturm an Stärke. Freilich dauerte der hohe Seegang noch immer fort.
    Findling lugte ins Weite hinaus und in der Richtung nach dem Lande zu.
    Im Westen war nichts zu erkennen, keine Umrisse einer Küste in Sicht.
    Jedenfalls hatte der nächtliche Sturm die »Doris« aus dem Nordcanal verschlagen und schwankte sie jetzt auf dem freien irischen Meere, vielleicht Dundalk oder Drogheda gegenüber… doch in welcher Entfernung von da?…
    Draußen auf hoher See zeigte sich auch weder ein Schiff noch ein Fischerboot, und von einem solchen aus hätte man den schiefliegenden Rumpf, der immer und immer wieder von den Wellenbergen verdeckt wurde, kaum bemerken können.
    Die einzige Hoffnung lag aber doch darin, bald aufgefunden zu werden. Wenn die »Doris« etwa wieder weiter nach Westen hintrieb, mußte sie noch auf den Klippen, die die Küste umgürten, elend zu Grunde gehen.
    Leider erwies sich jeder Versuch, ihr eine bestimmte Richtung zu geben, ganz vergeblich, und vergeblich spannte Findling einen Fetzen Leinen zwischen zwei Tauen auf. Auf eigne Hilfe konnte er also nicht mehr rechnen – er war nur noch in der Hand Gottes.
    Der Tag verstrich ohne Verschlimmerung der Lage. Findling fürchtete jetzt nicht mehr, daß die »Doris« untergehen könne, vorzüglich da auch ihre Neigung nach Steuerbord nicht weiter zugenommen hatte. Nun blieb ihm nur noch eins übrig: Ausschau zu halten, ob sich nicht ein Schiff in der Ferne zeige.
    Inzwischen verzehrte der Knabe einen Imbiß, um wieder etwas zu Kräften zu kommen, und keinen Augenblick bemächtigte sich seiner, der die volle Herrschaft über seine geistigen Fähigkeiten behielt, die Verzweiflung. Er hatte nur das Eine im Auge: er vertheidigte hier sein ganzes Hab und Gut.
    Um drei Uhr nachmittags wirbelte im Osten eine Rauchsäule in die Luft. Eine halbe Stunde später wurde ein großer Dampfer sichtbar, der in der Entfernung von fünf bis sechs Meilen von der »Doris« nach Norden zu steuerte.
    Findling gab mit einer Flagge Nothzeichen… sie wurden nicht bemerkt.
    Die außergewöhnliche Energie des Knaben ließ ihn auch jetzt den Muth noch nicht verlieren, wo er mit herangekommenem Abend auf eine weitere Begegung nicht mehr zählen durfte. Nichts deutete darauf hin, daß er sich nahe dem Lande befand. Die bewölkte, mondlose Nacht mußte ganz dunkel werden. Zum Glück schien wenigstens der Wind nicht wieder auffrischen zu wollen und das Meer hatte sich wesentlich beruhigt.
    Da es ziemlich kalt geworden war, schien es ihm am rathsamsten, in die Cabine hinunter zu gehen, denn vom Deck aus hätte er schon auf eine halbe Kabellänge hinaus doch nichts zu erkennen vermocht. Erschöpft von den langen Stunden der Angst und außer Stande, dem Schlafe zu widerstehen, zog Findling die Decke vom Lager, auf das er sich wegen der schiefen Haltung des Schiffes nicht hätte legen können, und nachdem er sich eingehüllt und neben der Wand hingestreckt hatte, fiel er bald in tiefen Schlummer.
    Der Tag begann schon zu grauen, als er durch ein lautes Zanken draußen erweckt wurde. Er richtete sich auf und lauschte. Befand sich die »Doris« jetzt nahe der Küste?
    War sie am frühen Morgen von einem andern Schiffe aufgefunden worden?
    »Uns gehört es!… Wir waren zuerst daran! riefen einige Männerstimmen.
    – Nein… uns!« antworteten andre.
    Findling begriff sofort, was hier vorging. Irgendwelche Schiffsmannschaften hatten wettgeeifert, das Wrack anzulaufen, und stritten sich jetzt, wem es zufallen sollte. Jetzt hatten sie den Rumpf erklettert, waren auf das Verdeck gekommen und geriethen ins Handgemenge. Zwischen den Rettungsmannschaften hagelte es Schläge.
    Findling hätte sich nur zu zeigen gebraucht, um die Kampfhähne zur Ruhe zu bringen. Dessen hütete er sich aber weislich. Die Leute hätten sich einfach gegen ihn gewendet und ihn jedenfalls über Bord

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