Der fliegende Holländer
Offiziere zwingen
Die Augen, müh'n sich hochgespannt,
Die dicke Luft scharf zu durchdringen,
Und schau'n nach vorwärts unverwandt.
Wie sie nun stehen, gischtumwallet,
Tönt von der Mars herab der Ruf,
Der Allen wie Erlösung schallet:
»Ho! Segel voraus! drei Strich in Luv!«
– »Endlich! er kommt! im Sturm gefahren!
Und Ingborg sah ihn!« Edzard spricht;
Die er gefürchtet hat seit Jahren,
Die Stunde naht, – jetzt bangt ihm nicht.
O könnt' er nun die Schlacht ihm bieten
Mit Ingeborg als Siegspanier,
Und wenn sie Raa an Raa geriethen,
»Hier ist sie,« rufen, »hol' sie Dir!«
Wenn jetzt der Andere sein Eigen,
Sein Weib verlangt auf hoher See,
So will er auf die Wellen zeigen:
»Dort ruht sie, frei von allem Weh.
Ihr ganzes Sehnen, all ihr Lieben
War ich allein ihr Leben lang,
Du hast sie in den Tod getrieben
Aus unsers Glückes Ueberschwang!«
Im Sturm mit vollen Segeln tauchet
Ein Schiff dort aus der Wellen Schoß,
Undeutlich noch, von Dunst umhauchet,
Doch über alle Maßen groß.
Sie lugen Alle hin, zu sichten
Die Flagg' am Topp, doch grau in grau
Will's sich dem Blicke noch nicht lichten,
Seltsam scheint Takelung und Bau.
Da spricht nach schweigendem Besinnen
Der Steuermann: »Das ist kein Schiff,
Das ist mit Schroffen und mit Zinnen
Ein bergehohes Felsenriff.«
»Nein! es bewegt sich, kommt gezogen,
Daß in den Kurs es uns geräth,«
Ruft Einer; »wenn wir nicht im Bogen
Ausweichen können, eh's zu spät!«
Sie streiten eifrig für und wider,
Sie entern in die Wanten, und –
»Ein Eisberg!« schallt es gellend nieder,
»Ein Eisberg!« hallt's von Mund zu Mund.
Und Allen grauset, denn verloren
Ist jedes Schiff, das er berührt,
Es hilflos in den Grund zu bohren,
Wenn Sturm es in die Nähe führt.
Doch Edzard, die Gefahr erschauend,
Bleibt ruhig und sein Auge hell,
Auf seine Seemannskunst vertrauend,
»Ruder hart Backbord!« befiehlt er schnell,
»Geitaue los! den Klüver nieder!
Luvbrassen!« tönt es fort und fort,
Geschwind wie eines Körpers Glieder
Thun alle Mann nach seinem Wort.
Kapitän und Offiziere fassen
Mit an die Schoten, stark bemannt,
Denn Keiner will vom Leben lassen,
Solang sich eine Sehne spannt.
Doch wehe! in des Sturmes Wüthen
Gehorcht das Schiff nicht Ruders Kraft;
Wie nun den Untergang verhüten,
Wenn Gott der Herr nicht Rettung schafft?
Und Schiff und Eisberg segeln beide
Im Winkel auf einander los,
Haarscharf wie auf des Messers Schneide
Droht schrecklich der Zusammenstoß.
Hoch aufgethürmt die Riesenlasten,
Schwimmt der Koloß und überragt
Um Vieles noch des Schiffes Masten,
Vom Schlag der Wogen rings benagt.
Ein Anblick ist es zum Erschauern,
Wie Silber flimmernd, bläulich weiß,
Stehn trotzig aufgebaute Mauern,
Gezackt, gespalten, starr in Eis.
Nach oben weithin überhänget
Der Massen ungeheure Wucht,
Umbrandet unten und bedränget,
Halb ausgehöhlt gleich einer Bucht.
So stürmt's daher mit tiefem Brausen,
Wächst himmelan auf seinem Gang,
In Riß und Schlot die Lüfte sausen
Wie dröhnender Posaunenklang.
Was Menschenkräfte noch vollbringen,
Geschieht an Bord in höchster Noth,
Allein umsonst ist all ihr Ringen,
Schnell, unabwendbar naht der Tod.
Die angsterfüllten Augen blicken
Empor zur fürchterlichen Wand,
Sehn sie schon wanken, sehn sie nicken,
Und muthlos sinket jede Hand.
Edzard steht regungslos, erblassend,
Bald frei nun von des Lebens Joch,
Heiko mit Armen fest umfassend, –
»Ingborg, ich komme!« ruft er noch,
Und dann – ein Anprall und ein Krachen,
Betäubender als Donnerhall,
Der Eisberg stürzt, gleich einem Nachen
Das Schiff begrabend unterm Fall.
Hoch spritzen auf die Wellenschäume,
Gewaltig wogt es weit umher;
Wo bliebt ihr nun, ihr Glückesträume? –
Versunken mit dem Schiff im Meer.
XIV.
Im Sturme.
Ein Leben war's in Saus und Braus,
Das der von Gier und Gluth Geschürte,
Van Straten, an Bord und im Bambushaus
Auf den malayischen Inseln führte.
Denn in Batavia nach langer Fahrt
Mit dem Kometen angekommen,
Hatt' er dort auch in alter Art
Sein wüstes Treiben aufgenommen.
Die große Stadt, so üppig schön
An inselreicher Bucht gelegen,
Bot nach dem lauten Werkgetön
Genuß und Freuden allerwegen.
Zwar ist gefährlich ihre Lust
Am Tage denen, die hier wohnen,
Doch Abends kühl und süß vom Duft
Der Ananas, Orangen, Melonen.
Dann füllten stets auf Stuhl und Bank
Sich die Tavernen der Chinesen,
Malayenmädchen, braun und schlank,
Bedienten mit gefälligem Wesen.
Man saß beim Arak oder Thee,
Bei Weinen, die mit ihren Frachten
In die
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