Der Fluch der grünen Steine
betäuben die Vernunft, Doctor, lohnt sich das denn?«
»Es lohnt sich immer, wo ein Mensch gerettet werden kann. Ein Mensch, Major – und hier sind es Tausende.«
Juan Zapiga wartete in einem kleinen Hotel auf Nuria und die Kinder. Weinend fielen sich alle in die Arme, und dann saßen sie in einer der Kirchen von Bogotá vor dem Altar und beteten für die Seelen ihrer drei Kinder, die sie den grünen Steinen geopfert hatten.
Seinen Riesenfund hatte Zapiga noch bei sich. Er mißtraute jedem, selbst den Banken mit ihren Stahltresoren. Mit der Maschinenpistole im Arm schlief er auf dem Millionenstein. Am Tag band er den Ledersack um seinen Leib und ließ ihn zwischen den Beinen schaukeln.
Ewald Fachtmann, Mohrs Freund, der eigentlich an allem schuld war, raufte sich die Haare und beschwor Mohr, sofort nach Hamburg zurückzufliegen. »Nimm Margarita mit und hau ab!« sagte er eindringlich. »Junge, laß dich bloß nicht auf diese Geschäfte ein, davon verstehst du nichts! Soll dieser Zapiga seinen Stein allein losschlagen. Du läßt die Finger davon! 200 Karat an einem Stück! Das ist ja Wahnsinn! Dafür machen sie hier eine Revolution! Und du willst ihn auf den Markt bringen! Das ist Irrsinn!«
»Ich will mit Camargo sprechen. Vereinbare mit ihm einen Termin.«
»Othello … das ist Selbstmord! Du stehst sowieso auf seiner Liste, nachdem bekannt geworden ist, daß Hospital und Kirche auch Smaragdsammelstelle werden sollten. Und jetzt rückst du an mit 200 Karat!«
»Und einem harten Preis.«
»Wir fahren nachher in die Stadt und suchen dir einen schönen geschnitzten Sarg aus. Dann kaufen wir eine Grabstelle und melden dich zur Beerdigung an.«
»Wenn du zu feige bist, komme ich auch ohne dich an Don Alfonso heran.«
»Warum kann dieser Zapiga den Stein nicht allein losschlagen?«
»Eben aus den von dir erwähnten Gründen. Man würde ihn sofort umbringen.«
»Ist das dein Bier?«
»Meine ganze Brauerei! Ich erzähle es dir später. Dieser verdammte Stein hat drei Kindern das Leben gekostet, zwei waren mir anvertraut! Das muß Don Camargo mitbezahlen.«
»Du redest schon wie ein Guaquero!« rief Fachtmann entsetzt. »Du mußt sofort zur Heilung nach Deutschland zurück!«
»Wenn der Stein verkauft ist, kannst du mich in Penasblancas besuchen. Du brauchst dazu keine schußsichere Weste mehr, Penasblancas ist so sicher wie Eppendorf geworden.«
»Es war eine hirnrissige Idee, dich nach Kolumbien zu holen«, sagte Fachtmann erschöpft. »Aber wer konnte ahnen, daß aus dem flotten Othello von Heidelberg ein Missionar mit Märtyrerambitionen wird? – Also gut! Ich rufe Don Camargo an und wasche meine Hände in Unschuld.«
Am Nachmittag stand Dr. Mohr wieder nach etlichen Kontrollen in dem großen Zimmer und setzte sich, als aus dem versteckten Lautsprecher die Stimme Camargos klang. Sie war neutral, höflich. Es war ein Genuß, sein reines Spanisch zu hören. Ein vollendetes Kastilianisch.
»Sie leben also!« sagte Camargo. »Wunder geschehen demnach doch noch! Ich hatte große Hoffnung, Sie für immer begraben zu sehen …«
»Leider muß ich Sie enttäuschen, Don Alfonso. Auch wenn es nur ein Zufall ist, daß ich hier sitze.«
»Der Pater …«
»Tot. Alle verschüttet oder ertrunken. Von dem Felsen erschlagen.«
»Ich habe Bilder im Fernsehen gesehen. Es wird Monate dauern, bis die ersten Minen wieder arbeiten können. Ein Millionenverlust.«
»Der größte Stein, der jemals gefunden wurde, ist aber herausgebracht worden.«
»Es stimmt also doch.«
»Es stimmt. Ich habe ihn selbst in der Hand gehabt.«
»Sie?« Camargos Stimme hob sich. »Sie wissen, wo der Stein ist?«
»Ja.«
»Wo?«
»Bei mir!«
Einen Augenblick war es still. Dr. Mohr spürte ein Frösteln über seinen Rücken laufen. Dann war Camargos Stimme wieder da. »Wenn ich wüßte, daß Sie ein ehrlicher Mensch sind …«
»Ich habe es übernommen, den Stein zu verkaufen. Der Finder ist ein anderer. Er hält sich versteckt. Der Stein ist in Sicherheit. Über 200 Karat … feinstes Grün, größte Klarheit. Was bieten Sie, Don Alfonso?«
»Ich kann Sie spurlos verschwinden lassen, Doctor«, sagte Camargo kühl und vornehm. »Niemand wird nach Ihnen suchen.«
»Das können Sie! Aber davon haben Sie den Stein nicht. Er liegt in einem Safe. Alle Folterungen und auch mein Tod nutzen Ihnen gar nichts. Wir müssen schon verhandeln.«
»Ich kaufe nicht blind. Ich muß den Stein sehen.«
Dr. Mohr lächelte breit. »Das ist doch
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