Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
I
E s ist ein leichter Job«, sagte Miller. »Eigentlich wären Sie mehr Kindermädchen als Bodyguard.«
Charlotte fragte sich, ob er deshalb jemand Externen holte, anstatt einen seiner muskelbepackten Männer zu nehmen, die in der firmeneigenen Muckibude Gewichte stemmten. Sie fand Miller äußerst unsympathisch, aber ihr blieb kaum eine Wahl: Sie brauchte Arbeit, denn sie brauchte Geld. Ihre Auszeit dauerte nun schon drei Monate und ihre Reserven gingen unweigerlich dem Ende entgegen.
»Ich kann Ihnen erst einmal nur einen Vertrag für diesen Job geben«, sagte Miller in ihre Gedanken hinein. »Wenn Sie sich bewähren, reden wir über eine Festanstellung.«
Charlotte zwang sich zu einem Lächeln. »Gut«, sagte sie. »Können wir den Vertrag gleich fix machen?«
Es war ein Risiko, denn noch wusste sie nicht, wem sie eigentlich die Hand halten sollte. Aber es half nichts: Patrick brauchte etwas zu essen, neue Klamotten, und die Miete zahlte sich auch nicht von allein.
»Ich sag Beate Bescheid, sie macht den Vertrag fertig, dann können Sie ihn morgen unterschreiben.«
»Geht’s heute noch?«, bat Charlotte. »Ich fahre heute Abend nach München zurück.«
»Sie ziehen aber schon hierher, oder?« Millers Stimme klang misstrauisch. Er warf einen Blick auf ihre Unterlagen. »Sie haben ein Kind?«
Charlotte nickte. »Ja, einen Sohn. Er ist 15 und sehr selbstständig.« Sie zögerte, fügte dann hinzu: »Er ist es gewohnt, allein zu sein. Als Polizistin hatte ich auch nicht gerade den Acht-Stunden-Tag.«
Miller nickte und griff zum Telefon. »Beate? Kannst du den Vertrag für Frau …«, er schaute ein weiteres Mal auf die Bewerbung, »… Frau Braun heute noch fertig machen? – Super, du bist ein Schatz.« Er legte auf.
»Der Vertrag ist heute Nachmittag fertig. Reicht das?«
Charlotte sprang auf. »Das ist perfekt. Ich habe noch zwei Wohnungsbesichtigungen, dann komme ich zurück und unterschreibe.«
Sie gaben sich kurz die Hand. Charlotte rannte aus dem Büro, als werde sie verfolgt, und wäre beinahe auf einer Eisfläche ausgerutscht. Zum Glück würde sie nicht mit Miller zusammenarbeiten müssen, sondern auf sich allein gestellt sein.
Während sie mit dem Taxi zum ersten Besichtigungstermin fuhr, überlegte sie, welche Promis Nürnberg zu bieten hatte. Ihr fiel niemand ein. Miller hatte ihr nur gesagt, dass ›eine Person, die in der Öffentlichkeit gut bekannt ist‹, Drohbriefe erhielt. Die Polizei ging nicht von einer realen Gefahr aus, aber man wollte auf Nummer sicher gehen. Und die Person konnte sich offenbar einen privaten Bodyguard leisten.
Ihr sollte es recht sein. Es war eine Chance auf einen Neuanfang. Den Gedanken an Patrick schob sie weit von sich. Er würde über einen erneuten Umzug nicht besonders glücklich sein.
Die erste Wohnung in Gostenhof verdiente den Namen nicht. Es war ein Loch. Charlotte zwang sich, alle Räume anzuschauen, aber ihr war schon im Treppenhaus klar, dass sie hier nicht einziehen würde. Es roch nach Essen, es war finster und schäbig. Die Wohnung sollte 535 Euro im Monat kosten. Kalt! Dazu noch Maklergebühr und Kaution. Sollte Nürnberg nicht billiger sein als das überteuerte München?
»Ich überleg’s mir«, sagte sie zu dem Makler und verließ fluchtartig das Haus. Sie nannte dem Taxifahrer die zweite Adresse und schloss die Augen, während sie durch Nürnberg fuhren. Das fühlte sich alles nicht besonders gut an. Einzig die Bezahlung für den Job war okay, aber der Rest?
»Wir sind da«, riss der Taxler sie aus ihren Gedanken. Sie zahlte und ließ sich eine Quittung geben. Sie würde mit der U-Bahn zu Millers Büro zurückfahren, eine weitere Taxifahrt war nicht drin im Budget.
Die Ammanstraße gefiel ihr sofort. Die Häuser sahen gepflegt aus, zwei hatten sogar eine hübsch gestaltete Fassade. Am Ende der Straße standen zwei Bäume, von Schnee oder Raureif gezuckert. Im Frühjahr waren sie sicher besonders hübsch. Charlotte fasste neuen Mut und lief zu Haus Nummer 24. Ihre Schritte knirschten im Schnee. Sie klingelte bei Betzold, wie vereinbart.
»Frau Braun?« Eine rundliche Frau in den Fünfzigern stand in der Tür der Parterrewohnung und lächelte sie warm an. Charlotte stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Jetzt wurde alles gut.
Die Wohnung war klein, aber perfekt. Es gab zwei Zimmer und eine kleine Kammer. Das Beste war jedoch die Küche: Neben einem Tisch und vier Stühlen würde sogar noch ein Sofa hineinpassen. Sie hatte sich
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