Der Fluch der grünen Steine
Bergen von Penasblancas kurz, wenn sie vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung mit harter Arbeit angefüllt sind.
Die Kolonnen aus der ›Barg‹ schufteten wirklich. Das Hospital wuchs von Tag zu Tag mehr aus dem Boden. Erst die Grundmauern, dann das Dach, dann die Zwischenwände. Es wurde ein größerer Komplex, als Dr. Mohr vorher geplant hatte. Novarra war stolz und zeigte es auch.
»Natürlich ist es kein Luxusbau«, sagte er, wenn er die Wände aus Felssteinen und rohen Brettern betrachtete. »Aber es ist ein festes Haus. Und es zieht nicht. Wir haben alle Ritzen mit Lehm und einem Erde-Pflanzenbrei ausgeschmiert. Der wird hart wie Beton, sage ich Ihnen. Auch das Dach hält 100 Jahre. Massive Stämme mit Steinen! Wenn Ihre modernen Kliniken in der Stadt längst verwittert sind und der Putz abbröckelt, können Sie hier noch immer im Trockenen sitzen!«
Wer in den Minen entbehrlich war, arbeitete jetzt am Bau. Aber nicht nur am Hospital. Nebendran wuchs auch Pater Cristobals Kirche in die Höhe. Er hatte sie als Rundbau angelegt und sogar einen Glockenturm konstruiert, ein Gerüst aus langen, dicken Stämmen, das oben spitz zusammenlief und an dem an einem Querbalken die Glocke schwingen sollte. Hier turnte zuletzt Miguel herum, der Kräfte wie ein Bulle entwickelte, brüllte Kommandos, zog an Tauen das Material herauf und ließ an besonders schönen Tagen, wenn er gut gelaunt war, seine mächtige Stimme über den Bauplatz schallen. Nur sang er keine Kirchenlieder, auch wenn er auf dem Dach der Kirche hockte, er gröhlte die frivolen Lieder aus ›Mamás‹ Bar, bis Adolfo Pebas mit Rücksicht auf Margarita drohte, ihn vom Dachfirst zu schießen, wenn er mit den Schweinereien nicht aufhörte.
Unterdessen ging der Alltag weiter. Dr. Mohrs ›Praxis‹ begann zu blühen. Es hatte sich schnell herumgesprochen, daß der verrückte Médico wirklich umsonst behandelte, einerseits ein lieber Mensch sei, oft jedoch sehr grob zu seinen Patienten war, vor allem dann, wenn sie ungewaschen zu ihm kamen. Dann kannte er keine Gnade.
»Du stinkst!« hatte er zum Beispiel den gefürchteten Piero Tomasso angebrüllt, als dieser, vom Husten geschüttelt, zu Dr. Morero gekommen war. »Ein Bock ist ein Parfümladen gegen dich! Los, wasch dich und dann komm wieder!«
Tomasso wollte protestieren, aber da war noch dieser Dr. Simpson. Den kannte man lange genug – und dieses trocken gelegte Saufloch klopfte auf zwei Revolver im Gürtel. Also badete sich Tomasso, wurde behandelt und verlor nach drei Tagen seinen Husten. Das war eine Reklame! Schon in der zweiten Woche standen die Patienten an, bildeten eine lange Schlange und warteten geduldig.
Dr. Mohr hatte den Vorbau der Pebas' zu seinem notdürftigen Ordinationszimmer umgestaltet. Hier arbeitete er an einem neuen Tisch, assistiert von Simpson, der außerdem mit Mohrs Kleinbildkamera von jedem Patienten eine Porträtaufnahme machte. Margarita hatte sich in wenigen Tagen zu einer guten Hilfe eingearbeitet, reichte an, rieb die Körperstellen, wo Injektionen gesetzt werden sollten, mit Alkohol ein, tröstete Mütter, die Angst um ihre Kleinen hatten, beruhigte die Kinder, die weinten, nahm die Namen der Patienten auf und führte die Kartei. Dr. Mohr war verblüfft, wie schnell sie das alles lernte, wie mühelos ihr alles von der Hand ging und wie wenig sie ermüdete. Oft waren es zehn Stunden, die er unter dem Pebas-Vorbau stand und die wartenden Kranken versorgte, bis der Abend wie mit einem Messer den Strom der Patienten abschnitt. Das war merkwürdig, aber Pebas hatte eine Erklärung dafür: »Bei Dunkelheit geht niemand mehr hinaus«, sagte er. »Es sei denn, es wäre wirklich dringend. Alle, die zu dir kommen, Pete, haben Smaragde bei sich, in die Taschentücher geknotet, am Körper versteckt. Jeder nimmt seinen Reichtum mit. Man traut nicht der eigenen Mutter in der Hütte. Jeder weiß das von jedem. Da kann man doch nicht mehr in der Nacht weggehen. Man käme nie da an, wo man hinwollte!«
Die schwerste Aufgabe hatte Maria Dolores Pebas übernommen: Sie wartete neben einem dampfenden Kessel voller Tee mit Rum auf die Überweisung ihrer Patienten. Das waren grundsätzlich die starken Männer, die Riesenbrocken mit Stahlmuskeln, die Kerle, die vor Kraft nur schaukelnd gehen konnten. Wenn sie nämlich beim Médico an die Reihe kamen, die Spritzen erblickten, die langen dünnen Nadeln, die der Doctor gleich irgendwo in sie hineinstechen würde, wenn sie den leichten
Weitere Kostenlose Bücher