Die Katze
KAPITEL 1
Von: Wütende Leserin
An: Charley@Charley’sWeb.com
Betreff: DIE SCHLECHTESTE KOLUMNISTIN ALLER ZEITEN!!!
Datum: Montag, 22. Januar 2007, 07:59:47 EST
Hey, Charley,
ich wollte Ihnen nur eins kurz sagen: Sie sind nicht nur DIE SCHLECHTESTE KOLUMNISTIN ALLER ZEITEN!!!, sondern wahrscheinlich auch die EGOZENTRISCHSTE FRAU AUF DIESEM PLANETEN!!! Man sehe sich nur Ihr Foto an - die langen, blonden, leicht gelockten Haare, der wissende, gesenkte Blick, das subtile Grinsen Ihrer garantiert mit Restylane aufgespritzten Lippen. Daran erkennt man gleich, wie sehr Sie von sich eingenommen sind. Und Ihre geistlosen Kolumnen über den Kauf perfekter High Heels, den idealen Rouge-Ton und die Schindereien Ihres neuen Personal Trainers haben mein Urteil nur bestätigt. Aber wie um alles in der Welt sind Sie auf den Gedanken verfallen, dass irgendjemand auch nur mäßiges Interesse an Ihrem jüngsten Ausflug in die Welt der totalen Oberflächlichkeit aufbringen könnte - an einem Intimwaxing?!!! Vor Ihrer plastischen und unnötig grausigen Schilderung der Enthaarung Ihrer unteren Gefilde in der Sonntagsausgabe Ihrer Zeitung - (WEBB SITE, Sonntag, 21. Januar) - hatte ich offen gestanden keine Ahnung, dass es so etwas überhaupt gibt ,
geschweige denn, dass eine erwachsene Frau sich freiwillig einer derart barbarischen Prozedur unterziehen würde. Immerhin sind Sie, wie ich aus Ihrer letzten Kolumne weiß, dreißig Jahre alt und kein Teenager mehr. Ich frage mich, wie Ihr armer Vater reagiert hat, als er von seiner Tochter, einer Harvardabsolventin, derart infantiles und erniedrigendes Zeug lesen musste. Ich frage mich, wie Ihre Mutter ihren Freundinnen erhobenen Hauptes gegenübertreten kann, während Sie in aller Öffentlichkeit permanent private - um nicht zu sagen intime - Fragen erörtern. (Zum Glück haben Ihre Eltern zwei weitere Töchter, an denen sie sich aufrichten können!!! Meinen Glückwunsch an Anne übrigens zu dem Erfolg ihres neuesten Romans Denk an die Liebe - Platz 9 auf der Bestsellerliste der New York Times , mit weiter aufsteigender Tendenz!!! Und an Emily, die als Vertretung von Diane Sawyer bei Good Morning, America wirklich großartig war!!!) Das sind zwei Töchter, auf die Eltern stolz sein können.
Apropos Töchter. Was muss Ihre achtjährige Tochter wohl denken, wenn sie Sie nackt durchs Haus stolzieren sieht?? Ich nehme mal an, dass jemand wie Sie, der sich mit solch offensichtlicher Lust in gedruckten Worten entblößt, auch davor keine Hemmungen hat!!!! Nicht zu erwähnen den Spott, den Ihr fünfjähriger Sohn sich in der Vorschule von den anderen Kindern anhören muss, deren Eltern wahrscheinlich ähnlich entsetzt über Ihre sonntägliche Kolumne sind wie ich! Der Artikel vom letzten Sonntag über Sexspielzeuge war schon schlimm genug!!
Können Sie nicht über Ihre - garantiert dank eines kostspieligen Schönheitschirurgen - kesse kleine Nasenspitze hinausschauen und die Auswirkungen Ihres taktlosen Tratsches auf diese unschuldigen Kinder bedenken? (Aber was kann man schon von einer Frau erwarten, die stolz darauf ist, keinen der Väter ihrer beiden Kinder geheiratet zu haben?!!!)
Ich habe die Nase gestrichen voll von Ihrem geistlosen Alles-Charley
-Geplapper. (Vielen Dank, dass Sie nicht Ihren Taufnamen Charlotte benutzen. Damit haben Sie uns zumindest die Entweihung des gleichnamigen wundervollen Kinderbuchs erspart!) Nachdem ich drei Jahre lang Ihre beschränkten Betrachtungen gelesen und entsetzt den Kopf geschüttelt habe!!!, ist mein Langmut nun endgültig zu Ende. Ich würde mich lieber an meinem bis dato unversehrten Schamhaar aufhängen, als noch ein weiteres Wort Ihrer kindischen Prosa zu lesen, und ich kann auch nicht länger eine Zeitung unterstützen, die dieselbe veröffentlicht. Deshalb kündige ich mit sofortiger Wirkung mein Abonnement der Palm Beach Post .
Ich bin sicher, dass ich für viele verärgerte und angewiderte Leser spreche, wenn ich sage: WARUM HALTEN SIE NICHT EINFACH DIE KLAPPE UND VERSCHWINDEN?!!!!
Charley Webb starrte den wütenden Brief auf ihrem Bildschirm an und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Irgendetwas darin jagte ihr Angst ein, nicht nur weil die Mail so gehässig war; im Laufe der Jahre hatte sie viel schlimmere erhalten, davon einige an diesem Morgen. Es lag auch nicht an dem hysterischen Ton des heutigen Schreibens, denn auch an die Empörung der Leserschaft war sie gewöhnt. Die vielen, drastisch eingesetzten
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