Der Fluch der Halblinge
und holte eine große schimmernde Münze hervor – pures Gold, geprägt mit dem gütigen Auge der Àrdbéana. Fionn konnte es kaum glauben.
»Möge ihr Segen der eure sein«, sagte er und warf die Münze.
Beide Brüder wollten sie auffangen, fielen dabei halb übereinander und schubsten sich. Fionn war frei; so schnell er konnte rannte er zu dem Fremden, dessen rechte Hand sich schwer auf seine Schulter legte. »Lass uns gehen«, sagte er.
Damit war Fionn nur zu einverstanden, und er ließ es zu, dass der Wanderkrieger ihn beim Hinausgehen vor sich herschob. Kaum waren sie draußen, schlug der Mensch die Kapuze wieder über und den Mantel um den Halbling.
»Komm, wir sollten uns beeilen.« Er zog ihn mit sich um die Ecke in eine kleinere Gasse.
»Ja, denn wenn ihnen das eine Goldauge nicht genügt und sie mehr bei dir vermuten …«, stieß Fionn aufgeregt hervor. Er konnte es nicht fassen, dass ein wildfremder Mensch so viel Geld für ihn ausgab – noch dazu ein Wanderkrieger, der sicherlich nicht mit Reichtümern gesegnet war.
»Das war kein Goldauge«, murmelte der Mann.
»Wie bitte?« Hatte er sich gerade verhört? Er hatte es doch selbst gesehen!
»Das war Elbengold«, gestand sein unbekannter Retter.
Fionn rutschte das Herz ins Knie. »Oh nein …«
»Oh ja. Sobald das Goldauge den Besitzer wechselt, offenbart es seinen wahren Wert. Das wird bald der Fall sein, wenn die beiden Brüder sich Schnaps bestellen, vielleicht sogar in ihrem Überschwang eine ganze Lokalrunde ausgeben. Deshalb werden wir uns tunlichst entfernen, und zwar hurtig und so weit als möglich.«
Fionn verlor bald den Überblick, als sie schnell hintereinander die schmalen, verwinkelten Gassen wechselten; er hätte schon nach kurzer Zeit nicht mehr zu dem Gasthaus zurückgefunden. »Aber da draußen sind bestimmt noch …«
»Die Häscher, ganz gewiss. Doch keine Furcht, hier in diesem Bezirk werden sie kaum suchen. Niemand hier hält Sklaven.«
Fionn fragte nicht nach, weshalb das so war, er nahm es zu seiner Beruhigung einfach hin. Schließlich erreichten sie ein für ein Gasthaus kleines, altes, ganz aus Holz errichtetes Haus, ein wenig windschief und rußgeschwärzt. An der schmiedeeisernen Stange hing ein verblichenes Schild, dessen Lettern längst nicht mehr lesbar waren; nur noch ein schwarzes Ross war halbwegs erkennbar, und ein Teil der Klinge eines Schwertes. Fionns Retter ging die drei knarrenden Stufen hinauf, drückte die Tür auf und polterte, den jungen Mann mit sich ziehend, in die Gaststube.
Fionn, auf das Schlimmste gefasst, war erstaunt. Das Feuer eines großen Kamins verbreitete freundliches Licht und Wärme, und die Luft war sogar einigermaßen atembar. In der Mitte der Stube gab es etwa zehn Tische, dazu ein paar Nischen und einen Seitenraum, der noch einmal Platz für fünf Tische bot. An den Wänden waren große Kerzenhalter befestigt, Schutzgläser waren über die Kerzen gestülpt, sodass sie nicht flackerten und rußten, sondern ruhig brannten.
Fionn sah Menschen und Zwerge und einige Elben, allesamt Reisende, und viele in ähnlicher Kleidung wie der Wanderkrieger. Dies waren also die Orte, an denen diese Leute normalerweise verkehrten – und unter sich blieben.
Der Wirt, leicht zu erkennen an seiner ledernen Schürze, bediente selbst. Mit zwei Händen voll Krügen, bis oben gefüllt mit schäumendem Bier, kam er den Neuankömmlingen entgegen. Er war mittelgroß und massig, die Haare standen wie Igelstacheln von seinem Kopf, und er trug den prächtigsten Schnauzbart, den Fionn je gesehen hatte, mit zwei langen, mehrfach nach innen gerollten Enden. Sein Kinnbart war sehr kurz gehalten.
»Es ist lange her, mein Freund«, sprach er Fionns Retter mit raukehliger Stimme an und wies mit dem Kopf auf eine Nische, ohne den kleinen Begleiter zu beachten. »Dort ist frei. Das Übliche?«
Der Wanderkrieger nickte nur.
Kurz darauf fand Fionn sich an einem Tisch wieder; sein Retter hatte ihm drei Kissen besorgt, auf die er sich setzen konnte, damit die Höhe passte. Die stämmige Wirtin brachte ihnen zwei Bierkrüge, Brot und geräucherten Rohschinken. »Das Essen kommt gleich«, versprach sie und verschwand.
Die anderen Gäste achteten nicht auf sie, sondern widmeten sich still ihrer Mahlzeit, rauchten in sich versunken Pfeife oder unterhielten sich leise.
»Es ist schön hier«, flüsterte Fionn. Seltsam, aber er fühlte sich wohl und sicher. Jeder einzelne Gast mochte sehr gefährlich als Gegner sein,
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