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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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schlang sich die Arme um den Körper.
    »Du wirst doch nicht allein gegen Albrecht und Elmar reiten?«, fragte sie fassungslos.
    Er versuchte, ihre Sorge mit einem betont sorglosen Lächeln zu entkräften. »Wir sind vier Dutzend Mann, das sollte wohl reichen. Und vielleicht treffen wir gar nicht auf sie. Reinhard lässt ihnen gerade über einen für sie glaubwürdigen Mittelsmann eine Nachricht zukommen, die sie dazu bringen könnte, von hier zu verschwinden.«
    Marthe sah ihn finster an. »Du heckst doch wieder irgendetwas Tollkühnes aus, und enden wird es wahrscheinlich damit, dass mir heute noch jemand deinen Kopf vor die Füße wirft!«
    Lukas grinste erneut. »Wollen das nicht die Weibsbilder – dass wir Männer ihretwegen den Kopf verlieren?«
    »Hör auf, damit Späße zu treiben!«, rief Marthe wütend. »Musst du auch noch den Helden spielen? Soll ich dich auch noch begraben müssen?«
    Einen Moment lang herrschte beklommenes Schweigen zwischen ihnen. Dann sprach Lukas unerwartet schroff aus, was mit einem
     Mal zwischen ihnen schwebte.
    »Ich bin nicht Christian!«
    Es hatte etwas Endgültiges, als er die Kettenhaube wieder aufsetzte, die er bei der Unterredung mit dem Schmied zurückgestreift hatte.
    »Ich bin nicht Christian. Aber ich habe genau wie er geschworen, die Menschen zu verteidigen, die sich nicht selbst schützen können.«
    »Doch nicht, indem du leichtsinnig dein Leben wagst!«, brachte Marthe verzweifelt heraus. »Jetzt redest du schon wie er! Kannst du es nicht über dich bringen, dich im Sturm ein ganz klein wenig zu beugen wie die Weide im Wind, um zu überleben?«
    Im Gegensatz zu Christian war Lukas bisher immer bereit gewesen, auch einmal die Regeln zu brechen, einen winzigen Umweg zu
     gehen, um sein Ziel zu erreichen, mit einer List einen Ausweg aus scheinbar hoffnungsloser Lage zu finden.
    »Das Wagnis ist wohl abgewogen«, sagte er hart und wandte sich von ihr ab, um zu seinem Hengst zu gehen und in den Sattel zu steigen. »Würdest du mit einem Feigling leben wollen?«
    Mit zusammengeballten Händen sah Marthe ihm nach, und sie fühlte sich dabei so allein wie lange nicht mehr. Ich will keinen Toten zum Mann haben, dachte sie voller Kummer.
     
    Die vier Dutzend Kämpfer unter Lukas’ Kommando hatten auf der Burg eine Mahlzeit bekommen und waren nun bereit und begierig, aufzubrechen.
    Reinhard nickte Lukas unauffällig zu zum Zeichen, dass der heimliche Bote seine Nachricht überbracht hatte.
    »Wir reiten Richtung Süden!«, befahl Lukas, und die Männer folgten ihm durch das Erlwinsche Tor hinaus aus der Stadt.
    Vorbei an Gruben und Halden galoppierten sie ein paar Meilen bis zu dem Waldstreifen vor Bertholdsdorf. Das war alles, was an dieser Stelle noch übrig geblieben war von dem dichten Urwald, der vor zwanzig Jahren hier noch das Land bedeckte. Siedler hatten gerodet, Bergleute Gruben angelegt, und für die Häuser, die Wehranlagen um die Stadt und die Schmelzhütten waren gewaltige Mengen Holz verbraucht worden.
    »Wartet hier!«, wies Lukas die Männer an und teilte einige von ihnen ein, um die Pfade Richtung Osten und Westen nach Albrecht und seinen Gefolgsleuten auszukundschaften. Das war als Ablenkung gedacht, damit sich niemand darüber wunderte, dass er allein mit Reinhard ins Dorf ritt.
    »Jetzt sollten wir wirklich darauf vertrauen, dass uns der heilige Georg nicht im Stich lässt«, sagte er zu seinem Schwiegersohn.
    Wenn Lukas ehrlich war, erschien ihm sein Plan mittlerweile mehr als gewagt, und die Auseinandersetzung mit Marthe machte
     die Sache nicht leichter.
    Wenn das jetzt misslingt und ich nicht zurückkomme, wird ihre letzte Erinnerung an mich ein Streit sein, dachte er mit schlechtem Gewissen. Doch dann zwang er sich, alle Gedanken auf die bevorstehende Begegnung zu richten.
     
    Auch in Bertholdsdorf und einigen Nachbardörfern wurde mittlerweile nach Silbererz geschürft. Aber hier gab es – im Gegensatz zu Freiberg – rings um die Siedlung noch Felder, auf denen das Korn reifte. Ein paar Schnitter waren dabei, in der Mittagsglut die Ernte einzuholen, und verneigten sich demütig und erschrocken zugleich, als sich zwei voll gerüstete Reiter im Galopp näherten.
    Lukas und Reinhard hielten auf das Gehöft zu, das einem Ritter namens Berthold gehörte, dem Herrn des Dorfes, der einst wie Christian Siedler aus Franken geworben und in die Mark Meißen geführt hatte. Erleichtert sah Lukas, dass sich hier niemand außer dem Gesinde aufzuhalten

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